Von Kurt Gossweiler
Zur Entstehung dieser Studie
Mein erster Betreuer als Doktoraspirant war Genosse Prof. Albert Schreiner, Abteilungsleiter am Akademie-Institut für Geschichte. Er lud mich 1956 ein, an einem Parteilehrjahrzirkel, den er an der Akademie mit Angehörigen seines Instituts – z.B. Marion Einhorn, Wolfgang Ruge, Joachim Petzold, Manfred Nußbaum, Helmut Bleiber und anderen durchführte, teilzunehmen. Nach Beendigung seines Zirkels traten einige Teilnehmer an mich heran mit der Frage, ob ich bereit wäre, im nächsten Parteilehrjahr bei ihnen die Zirkelleitung zum Thema Geschichte der Deutschen Arbeiterbewegung zu übernehmen. Mich reizte die Aufgabe aus zweierlei Gründen:
– erstens würde ich dadurch gezwungen sein, mich mit einem Stoff gründlich zu beschäftigen, den ich für meine Dissertation – damals sah ich noch immer in der Haltung der SPD zum 30. Januar 1933 mein eigentliches Thema – ohnehin bewältigen musste;
– zum anderen würde ich eine Gelegenheit erhalten, gegen die durch den XX. Parteitag der KPdSU auch in diesem Kreise in Mode gekommenen revisionistischen Auffassungen ankämpfen zu können. Ich sagte also zu, einen Entwurf des Programms auszuarbeiten und ihnen vorzulegen. Ich ahnte nicht, worauf ich mich damit eingelassen hatte. Statt an meiner Dissertation zu arbeiten, die ich im nächsten Jahr planmäßig abzugeben hatte, setzte ich mich für einige Monate hin und studierte die Dokumente der KPD und der Kommunistischen Internationale und schrieb (April bis Juni 1957) die nachfolgenden Thesen herunter. Als ich fertig war mit der Ausarbeitung, war ich selbst erschrocken darüber, zu welch scharfer Kritik an der KPD-Politik ich gelangt war, und war schon halb entschlossen, sie nicht als Grundlage für einen Zirkel zu benutzen. Ich gab das Manuskript aber doch einigen mir bekannten Genossen aus dem Zirkel zu lesen. Ihre Reaktion bestimmte mich dann endgültig, das Papier lediglich dem Archiv anzuvertrauen: sie, die größtenteils völlig auf den mir verHassten Chruschtschow-Positionen standen, waren begeistert über meine “Abrechnung mit dem Dogmatismus”. In der damaligen Situation wäre es – das wurde mir sehr klar – im höchsten Maße parteischädigend gewesen, mit einer solchen Ausarbeitung vor die Öffentlichkeit zu treten. Selbst jetzt halte ich die Zeit noch nicht für gekommen für eine Veröffentlichung. Mögen also andere später darüber entscheiden, ob und wann es nützlich sein könnte, diese Studie zur Diskussion zu stellen.
Grünau im November 1986
1. September 2001
Heute, fast ein halbes Jahrhundert nach ihrer Ausarbeitung, und ein Jahrzehnt nach dem – zeitweiligen – Sieg der Konterrevolution über den europäischen Sozialismus, kann die Veröffentlichung dieser Studie mehrfach von Nutzen sein.
Zum einen als Beleg dafür, dass noch so scharfe kommunistische Selbstkritik nichts gemein hat mit dem schändlichen Denunziantentum der Gysi, Brie und Zimmer gegenüber der KPD, SED und DDR; nichts zu tun hat auch mit der verachtungswürdigen Anbiederung der Entschuldigungsfanatiker an die heute Herrschenden für ein wenig Teilhabe an deren Volksbetrug und Sozial- und Demokratie-Abbau, also am Abbau dessen, was von den Werktätigen der BRD nicht zuletzt dank der Existenz der DDR seit Mitte des vorigen Jahrhunderts errungen worden war.
Zum anderen, weil seit der Ausbreitung des deutschen Imperialismus auch auf das Gebiet der DDR nach dem Wegfall der sich nun tatsächlich als antifaschistischer Schutzwall erwiesenen Mauer der Faschismus einen solchen Auftrieb erhalten hat, dass sich die Älteren fast wieder in den Anfang der dreißiger Jahre versetzt fühlen, und der Kampf gegen den Faschismus – heute als “Rechtsextremismus” verharmlost – wieder zu einer erstrangigen Aufgabe geworden ist. Damit haben aber auch die Lehren aus dem damaligen Kampf gegen den Faschismus eine neue Aktualität gewonnen.
Ich hoffe, dass die Leser dieser Studie – trotz ihres weit zurückliegenden Entstehungsdatums – aus diesen Gründen die Veröffentlichung gerechtfertigt sehen.
Kurt Gossweiler
I. Zur ökonomische Basis des Opportunismus in der Weimarer Republik
1. Lenin hat den direkten Zusammenhang zwischen der Existenz einer “bürgerlichen Arbeiterpartei” und dem Kapitalismus nachgewiesen. (Lenin, der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus; Der Imperialismus und die Spaltung des Sozialismus.)
2. In der Weimarer Republik existierte nicht nur eine solche bürgerliche Arbeiterpartei in Gestalt der SPD, sondern sie dominierte sogar ständig – vielleicht mit Ausnahme des Herbstes 1923. Es erhebt sich die Frage, ob die Ursache dafür trotz der Niederlage des deutschen Imperialismus im ersten Weltkrieg, trotz des Verlustes der Kolonien und trotz der Ausplünderung Deutschlands durch die Siegermächte ebenfalls vor allem im Vorhandensein einer ökonomischen Basis für die Existenz einer Arbeiteraristokratie zu suchen ist, oder ob die Vorherrschaft der Sozialdemokratie in der deutschen Arbeiterbewegung in diesem Zeitraum lediglich die Auswirkung historischer und politischer Faktoren ist (z.B. des Schwergewichts reformistischer Traditionen in der deutschen Arbeiterbewegung; des nicht konsequent genug geführten Kampfes der Linken gegen den Revisionismus; der geschickten Demagogie der rechtssozialistischen Führer, und schließlich der Fehler der KPD in ihren Bemühungen um die Herstellung der Einheit der Arbeiterklasse.).
3. Eine flüchtige Betrachtung der Entwicklung des Einflusses der “bürgerlichen Arbeiterpartei”, der SPD, auf die Massen in den verschiedenen Etappen der Weimarer Republik zeigt die Abhängigkeit der SPD und ihre Parallelität mit den Bewegungen der Wirtschaft des kapitalistischen Deutschland. Daraus ergibt sich, dass eine Untersuchung der Ursachen der Vorherrschaft des Opportunismus in der deutschen Arbeiterbewegung der Weimarer Republik sich nicht auf die politischen Faktoren beschränken darf.
4. In der Periode der revolutionären Nachkriegskrise, bei der zunehmenden Zerrüttung der kapitalistischen Wirtschaft und der rigorosen Abwälzung der Lasten des Krieges und der Niederlage auf die Volksmassen hatte der deutsche Imperialismus so gut wie keine Möglichkeit der Bestechung irgendwelcher Schichten der Arbeiterklasse. Er war nicht in der Lage, die Privilegien der bislang besser gestellten Schichten der Arbeiterklasse aufrechtzuerhalten, wodurch auch solche Arbeiterkategorien radikalisiert wurden und in den aktiven Kampf eintraten, wie die Eisenbahner, Postler usw..
Die Vorherrschaft der Rechtssozialisten in der deutschen Arbeiterbewegung in dieser Periode beruhte vor allem auf den Illusionen, die der rasche und leichte Sieg über die Monarchie im November 1918 erzeugt hatte und die durch die scheinsozialistischen Phrasen der rechten Führer genährt wurden, sowie darauf, dass die Linken in der SPD den organisatorischen Bruch mit den Revisionisten zu spät vollzogen hatten.
Diese Vorherrschaft schmolz aber im Jahre 1923 ebenso rasch dahin, wie der Markkurs absank und das Elend der Massen immer ungeheuerlichere Ausmaße annahm.
5. Die relative Stabilisierung des Kapitalismus führte auch zur Wiederbefestigung des vorherrschenden Einflusses der Rechtssozialisten in der deutschen Arbeiterbewegung. Die Ursache dafür liegt in erster Linie auf ökonomischem Gebiet.
Mit dem Eintritt in die Aufschwungsphase des industriellen Zyklus, mit der Verstärkung der Konzentration und Zentralisation des Kapitals (Gründung der IG.-Farben und des Stahlvereins), mit der kapitalistischen Rationalisierung und dem Hereinströmen ausländischer Anleihen gelang es dem deutschen Monopolkapital wieder, auf Kosten der überwiegenden Mehrheit der deutschen Arbeiterklasse und der weiteren Werktätigen, monopolistische Extraprofite zu erzielen, die Privilegien der Arbeiteraristokratie wiederherzustellen, den reformistischen Gewerkschaften größeren Spielraum für die Erkämpfung von Lohnerhöhungen vor allem für die Kategorien der qualifizierten Arbeiter einzuräumen und somit eine materielle Grundlage für die Verbreitung der reformistischen Ideologie der Klassenzusammenarbeit und Klassenharmonie zu schaffen.
Dies umso mehr, als selbst für die Mehrheit der Arbeiterklasse, auf deren Kosten die Einräumung von Privilegien für diese Arbeiteraristokratie ging, die Beendigung der Inflation und der Konjunkturaufschwung zunächst eine Verbesserung ihrer Lebenslage brachten.
6. In der Periode der Weltwirtschaftskrise wird die Lebenshaltung der gesamten Arbeiterklasse rigoros herabgedrückt, ohne dass jedoch dadurch die Privilegierung bestimmter Schichten der Arbeiterklasse beseitigt wird. In dieser Zeit wird es bereits zu einem von den Unternehmern sehr bewusst verliehenen Privileg, seinen Arbeitsplatz zu behalten. In allen großen Konzernbetrieben ist es üblich, die so genannte Stammbelegschaft durchzuhalten, und sei es auch nur durch Übergang zur Kurzarbeit.
Die Differenzierung im Einkommen und in der Lebenshaltung der Arbeiter ist in der Krise kaum geringer als in der Zeit der Hochkonjunktur. Es gibt da noch immer Facharbeiter, die pro Woche 50 Mark und mehr verdienen, während die große Masse der Beschäftigten nicht viel mehr verdient, als die Unterstützungssätze der Arbeitslosenunterstützung betragen. Bei den Arbeitslosen wiederum gibt es die verschiedensten Abstufungen: Notstandsarbeiter, Empfänger von Arbeitslosenunterstützung, von Wohlfahrtsunterstützung, von Krisenunterstützung und schließlich jene, die keinerlei Unterstützung mehr erhalten, sondern sich auf irgendeine andere Art, Bettelei, Hausiererei usw. ihren Lebensunterhalt verschaffen. Diese Differenzierung innerhalb der Arbeiterklasse gerade in der Zeit der Krise ist sehr bewusst herbeigeführt und wird ebenso bewusst sowohl von den Unternehmern wie von den rechten SPD- und Gewerkschaftsführern ausgenutzt, um ein gemeinsames Handeln der Arbeiter zu erschweren bzw. ganz zu verhindern.
7. Die Existenz und das zeitweilige Erstarken einer “bürgerlichen Arbeiterpartei” in der Zeit der Weimarer Republik hat also ihre Grundlage im Überleben und Wiedererstarken des deutschen Imperialismus.
Aus den ökonomischen Tatsachen lässt sich dagegen nicht die Unvermeidlichkeit der Vorherrschaft dieser bürgerlichen Arbeiterpartei in der Zeit der Weimarer Republik herleiten. Im Gegenteil, die ökonomischen Bedingungen waren in der Periode der revolutionären Nachkriegskrise und der Weltwirtschaftskrise der Überwindung dieser Vorherrschaft ausgesprochen günstig.
Deshalb muss die Antwort auf die Frage nach den Ursachen für den überwiegenden Einfluss der rechten Führer durch eine Untersuchung der Politik der beiden Arbeiterparteien auf der Grundlage der ökonomischen Gegebenheiten gesucht werden.
II. Zur Strategie und Taktik der SPD
A. Allgemeine Kennzeichnung
1. Auch nach der Trennung der Linken von der SPD und ihrer Formierung zu einer eigenen Partei, der KPD, ist die SPD weder ihrer sozialen Zusammensetzung noch in ideologischer Hinsicht eine einheitliche Partei.
2. An der Spitze der Partei stehen die rechtssozialistischen Führer (Ebert, Scheidemann, Noske, Wels, Severing, Braun usw.). Sie sind konterrevolutionär, antisozialistisch, direkte Handlanger der imperialistischen deutschen Bourgeoisie. Sie sehen ihre Hauptaufgabe darin, die Arbeiterklasse vom revolutionären Kampf abzuhalten, die bürgerliche Ordnung vor dem Ansturm der Massen zu schützen. Sie haben keine Strategie und Taktik zur Überwindung der Spaltung, – es sei denn durch völlige Vernichtung der Kommunistischen Partei und aller revolutionären Regungen in der Arbeiterklasse. Da ein solches Ziel aber auf Grund der Klassenlage und der Klasseninteressen des Proletariats unerreichbar ist, läuft ihre Strategie und Taktik auf die Isolierung der revolutionären Vorhut von der Masse der Arbeiter, d.h. auf die Aufrechterhaltung der Spaltung der Arbeiterklasse im Interesse der Sicherung der Herrschaft des deutschen Imperialismus hinaus.
3. Diese Feststellung bedeutet aber nicht, dass schlechtweg alle Leute, die in der SPD führende Positionen einnahmen (oder heute einnehmen), für alle Zeiten verlorene Leute, unverbesserliche Opportunisten und Verräter an der Arbeiterklasse sind. Wie die geschichtliche Erfahrung lehrt, gibt es unter den Führern der SPD auch Menschen, deren opportunistische Haltung nicht der Korrumpierung durch die Bourgeoisie, sondern der Befangenheit in der reformistischen Ideologie entspringt. Einmal durch die geschichtliche Erfahrung über die verhängnisvolle Schädlichkeit dieser Ideologie belehrt, sind solche sozialdemokratischen Führer fähig, den Weg des konsequent revolutionären Marxismus zu beschreiten und zu Vorkämpfern für die Einheit der Arbeiterklasse zu werden.
4. Trotz der rechtssozialistischen Führer und trotz eines wachsenden Anteils des Kleinbürgertums an der Mitgliedschaft der SPD in der Weimarer Republik blieb die SPD eine Arbeiterpartei. Nicht nur deshalb, weil sich die Mehrheit ihrer Mitglieder nach wie vor aus der Arbeiterklasse rekrutierte, sondern auch deshalb, weil bis zum Ende der Weimarer Republik die Mehrheit der Arbeiterklasse, insbesondere der organisierten Arbeiterklasse, in der SPD ihre Interessenvertreterin sah.
5. Unter den Arbeitern, die der SPD folgten, gab es wiederum eine vielfältige Schichtung: zuoberst eine Schicht der “imperialistisch gesinnten und vom Imperialismus bestochenen, vom Imperialismus demoralisierten ‘Arbeiteraristokratie’” (W.I. Lenin, Der “linke Radikalismus”, die Kinderkrankheit im Kommunismus, Abschnitt VI, LW 31/36), “die den Kern der angeblich sozialistischen Parteien der II. Internationale bildete, tatsächlich aber aus den schlimmsten Feinden des Sozialismus, aus Verrätern am Sozialismus, aus kleinbürgerlichen Chauvinisten, aus Agenten der Bourgeoisie innerhalb der Arbeiterklasse besteht.” (W.I. Lenin, Ursprünglicher Entwurf der Thesen zur Agrarfrage, LW 31/141)
Die Hauptmasse der sozialdemokratischen Arbeiter wurde von jenen gebildet, die ehrlich den Sozialismus erstrebten, aber, noch erfüllt von vielen Illusionen über das Wesen der bürgerlichen Demokratie und die Möglichkeit eines friedlichen Hineinwachsens in den Sozialismus, usw., den demagogischen Beteuerungen und pseudosozialistischen Phrasen der rechten Führer vollen Glauben schenkten.
Während der ganzen Zeit der Weimarer Republik gab es in der SPD aber auch Arbeiter und Funktionäre, die in Opposition zur Politik ihrer rechten Führer standen und für die Durchsetzung einer konsequenten proletarischen Klassenpolitik in der SPD sowie für gemeinsame Aktionen mit den Kommunisten gegen die gemeinsamen Feinde der Arbeiterklasse eintraten. Diese sozialdemokratischen Arbeiter standen den kommunistischen Arbeitern nicht nur ihrer objektiven Klassenlage, sondern auch ihrem Bewusstsein nach schon sehr nahe.
6. Auf Grund dieser Lage befanden sich in der sozialdemokratischen Partei und in den von ihr geführten Freien Gewerkschaften zwei Tendenzen in ständigem Kampf miteinander:
erstens die Tendenz der rechten Führer, den Auftrag ihrer imperialistischen Hintermänner zu erfüllen, nämlich die Sozialdemokratie und die von ihr geführten Gewerkschaften zu zuverlässigen Stützen des Imperialismus innerhalb der Arbeiterklasse zu machen;
zweitens die mehr oder minder bewusste und mehr oder minder starke Tendenz der proletarischen Massen, die Sozialdemokratie und die Freien Gewerkschaften zu wirklichen Kampfinstrumenten für die Verfechtung ihrer proletarischen Klasseninteressen gegen den Imperialismus und die bürgerliche Ordnung zu machen.
7. Während der ganzen Zeit der Weimarer Republik behielt in der SPD die erste Tendenz die Oberhand. In allen entscheidenden Fragen wurde die Politik der SPD von den rechten Führern bestimmt, denen es fast immer gelang, den Druck von unten durch Zugeständnisse und Manöver aufzufangen und in für die bürgerliche Ordnung ungefährliche Bahnen zu lenken.
Die Politik der SPD war auf diese Weise ein Bestandteil der Politik der imperialistischen deutschen Bourgeoisie gegen die deutsche Arbeiterklasse, die SPD selbst in der ganzen Weimarer Zeit – trotz der zweiten Tendenz innerhalb der Partei – eine “Ordnungspartei”, d.h. eine konterrevolutionäre Kraft, eine Stütze des deutschen Imperialismus gegen die revolutionären Bestrebungen der deutschen Arbeiterklasse. Sie war die Partei, mittels der die rechten Führer erfolgreich den Auftrag des deutschen Imperialismus erfüllten, die Spaltung der deutschen Arbeiterklasse aufrechtzuerhalten.
Die gleiche Rolle auf dem Gewerkschaftssektor spielten die von den rechten Führern geleiteten Freien Gewerkschaften.
B. Der Kampf der beiden Tendenzen in der SPD und die offizielle Politik der SPD in den verschiedenen Perioden der Weimarer Republik.
a) In der Periode der revolutionären Nachkriegskrise
1. Die deutsche Arbeiterklasse will zum Sozialismus – die rechten Führer sind während und nach der Novemberrevolution, solange der Machtapparat der Bourgeoisie noch nicht wieder intakt ist, der einzige Schutzwall, der den deutschen Imperialismus vor dem Ansturm der Massen schützt.
2. Mit Zugeständnissen (Arbeitsgemeinschaft, demokratische Rechte) und verlogenen Versprechungen (Sozialisierungsschwindel, Bielefelder Abkommen) gelingt es den rechten Führern, die Mehrheit der deutschen Arbeiterklasse zur Einstellung des Kampfes, zur freiwilligen Abgabe der Waffen, zu veranlassen und die revolutionäre Vorhut zu isolieren.
3. Zur Rettung der bürgerlichen Ordnung ist aber mehr vonnöten, nämlich die blutige Niederschlagung der bewaffneten revolutionären Arbeiter, der blutige Triumph der Konterrevolution über die Arbeiterklasse, die Liquidierung der Rätebewegung.
Aber die Bourgeoisie kann nicht wagen, dieses Henkerswerk an der Arbeiterklasse mit eigenen Händen durchzuführen, wenn sie nicht riskieren will, den entschlossenen einheitlichen Widerstand der gesamten Arbeiterschaft hervorzurufen. Sie überträgt daher diese Arbeit den rechten Führern, die ohne Zögern bereit sind, auch diese Konsequenz aus ihrem Verrat vom 4. August 1914 zu ziehen, und sich dazu mit den kaiserlichen Generälen verbinden.
4. Die sozialdemokratischen Arbeiter dagegen sind in ihrer Masse auch unter dem Kommando ihrer eigenen Führer (Ebert, Scheidemann, Noske) nicht bereit, mit der Waffe gegen ihre kommunistischen Klassengenossen zu kämpfen.
Während die Taktik der Bourgeoisie und der rechten Führer dahin geht, den Graben zwischen SPD und KPD zu vertiefen und mit vergossenem Arbeiterblut und tödlichem Hass anzufüllen, um ihn unüberbrückbar zu machen, rufen die Vorstöße der Reaktion (Kapp-Putsch, Ermordung Erzbergers und Rathenaus, faschistische Gefahr 1923) und das wachsende Elend bei den sozialdemokratischen Arbeitern verstärkte Bestrebungen zur gemeinsamen Abwehr und zu gemeinsamen Aktionen der Arbeiterklasse hervor.
b) In der Periode der relativen Stabilisierung
5. In dieser Periode unterstützen die rechten SPD- und Gewerkschaftsführer – zunächst außerhalb, später innerhalb der Regierung – die Bemühungen des deutschen Imperialismus, seine Macht zu festigen und auf Kosten der deutschen Arbeiterklasse und der übrigen Werktätigen seinen Produktionsapparat wiederherzustellen und zu erneuern, auf dem Weltmarkt wieder konkurrenzfähig zu werden und das verlorene Terrain auf allen Gebieten wiederzugewinnen.
6. Sie benutzen ihren Einfluss auf die Arbeiterklasse, um deren Wirtschaftskämpfe in einem für die Bourgeoisie ungefährlichen Rahmen zu halten, leisten Beihilfe beim Abbau der Errungenschaften der Novemberrevolution (Verschlechterung des Betriebsrätegesetzes, Beseitigung des Acht-Stundentages usw.) und unterstützen vor allem mit ganzer Kraft die kapitalistische Rationalisierung.
7. Sie erfinden neue Theorien, um die Arbeiterklasse völlig mit dem kapitalistischen Staat auszusöhnen, sie “an den Staat heranzubringen”, und ihr den Klassenkampfgedanken auszutreiben. (Kieler Parteitag 1927, Theorie vom “organisierten Kapitalismus”, von der “Wirtschafts- und Betriebsdemokratie”, usw.).
8. Sie versuchen, die Sympathien der deutschen Arbeiter für die Sowjetunion zu ersticken durch Teilnahme an der systematischen Verleumdung und Hetze gegen die SU, und schildern den deutschen Arbeitern gleichzeitig die Hochburg des Weltimperialismus, die USA, als das gelobte Land des Wohlstandes für die Werktätigen und die schlimmsten und raffiniertesten amerikanischen Ausbeuter (Ford) als Menschenfreunde und “Sozialisten”. (Tarnow!)
9. Sie treten nach dem Wahlsieg der SPD 1928 in die Regierung der “Großen Koalition” ein und führen dort die Politik des deutschen Imperialismus ohne Rücksicht auf die von ihnen vorher den Wählern gegebenen Versprechungen schärfer durch, als es die Bürgerblockregierungen vermocht hatten. (Panzerkreuzerbau, Severing-Schiedsspruch im Ruhrkonflikt 1928 usw.).
10. In der Regierung nehmen sie die alte Taktik wieder auf, den Graben zwischen SPD und KPD zu vertiefen, indem sie die Verfolgung der KPD verschärfen, die 1.Mai-Demonstration 1929 in Berlin verbieten, um durch eine blutige Provokation eine Handhabe zum Vorgehen gegen die KPD zu erhalten; sie lassen in Arbeiterdemonstrationen schießen, verbieten den RFB (aber nicht die faschistischen Mordorganisationen!).
11. In dieser Periode können die rechten Führer ihre Politik relativ leicht durchsetzen und ihren Einfluss auf die Arbeiterklasse verbreitern, da der konjunkturelle Wirtschaftsaufschwung die Lage der Arbeiterklasse – verglichen mit dem unbeschreiblichen Elend der ersten Nachkriegsjahre – fühlbar erleichtert und der Ausbreitung opportunistischer Auffassungen über das Wesen des bürgerlichen Staates und der kapitalistischen Wirtschaftsordnung günstig ist, zumal die SPD “Oppositionspartei” bis 1928 war und die rechten Führer dadurch die Möglichkeit hatten, für die negativen Auswirkungen des Wiedererstarkens des deutschen Imperialismus ausschließlich die Bürgerblockregierungen verantwortlich zu machen.
Die zweite, proletarische Tendenz innerhalb der SPD tritt daher in dieser Periode nur selten und relativ schwach hervor. Sie ist nur einmal stark genug, die rechten Führer zu zwingen, einem gemeinsamen Vorgehen mit den Kommunisten gegen die Reaktion zuzustimmen: 1926 beim Kampf um die Fürstenenteignung. Diese gemeinsame Aktion war ein Höhepunkt und der größte Erfolg des Einheitsstrebens der Arbeiterklasse in dieser Periode. Aber bezeichnenderweise ging es dabei nicht um spezifische proletarische Klasseninteressen, sondern um allgemein-demokratische Forderungen.
c) In der Periode der Weltwirtschaftskrise
12. Die Zuspitzung der Klassengegensätze 1930-1933 stellte die Frage auf die Tagesordnung: Entweder revolutionärer Ausweg aus der Krise durch Massenaktionen gegen die Grundlagen der Macht des Monopolkapitals – oder kapitalistischer Ausweg aus der Krise – d.h. Errichtung der faschistischen Diktatur über die deutsche Arbeiterklasse und das gesamte deutsche Volk.
13. Eine Entscheidung der Führung der größten und Einflussreichsten deutschen Arbeiterpartei und der von ihr geführten Gewerkschaften für den revolutionären Ausweg hätte das Schicksal des deutschen Imperialismus besiegelt.
Aber eine solche Entscheidung hätte zur Voraussetzung gehabt, entweder, dass die rechten Führer den Boden der Verteidigung der bürgerlichen Ordnung verlassen und sich auf den Boden des revolutionären Kampfes um die Herrschaft der Arbeiterklasse begeben hätten, oder dass diese rechten Führer von der Führung der Partei verdrängt und durch Vertreter der proletarischen Richtung in der Partei ersetzt worden wären.
14. Zu einer Entscheidung für den revolutionären Kampf gegen den deutschen Imperialismus waren die rechten Führer weder willens noch ihrer ganzen Natur nach fähig. Sie hatten sich auf Gedeih und Verderb dem Imperialismus verschrieben, und mussten daher in einer Situation, in der dieser Kurs auf die Errichtung der faschistischen Diktatur nahm, selbst zu Wegbereitern des Faschismus werden.
15. Dabei wünschten diese rechten Führer natürlich nicht die Errichtung des Faschismus in der Form, wie sie schließlich erfolgte, sondern gaben sich der Illusion hin, die deutsche Bourgeoisie würde sich mit einem “gemilderten”, “gezähmten”, “kontrollierten” Faschismus zufrieden geben, in dem noch für die legale Existenz der Sozialdemokratie und der Freien Gewerkschaften ein wenn auch noch so schmaler Raum bleiben würde, von dem aus die Rückkehr zur parlamentarischen Demokratie erfolgen könnte, sobald dies die ökonomische und politische Situation des deutschen Kapitalismus wieder zuließ.
16. Aber selbst ohne diese Illusion hätten sie nicht anders handeln können als sie handelten, weil sie – genau wie die Bourgeoisie – “die Revolution hassten wie die Sünde” und nichts so fürchteten wie die revolutionären Aktionen des Massen, die sich nicht mehr von ihnen bremsen ließen, sondern über ihre Köpfe hinweg den Kampf um die Macht führten. (vgl. Stampfer, Die 14 Jahre…, 3.Aufl., S. 581). Von der geschichtlichen Entwicklung vor die Wahl zwischen Faschismus und Herrschaft der Arbeiterklasse gestellt, entschieden sie sich in konsequenter Vollendung des am 4. August 1914 eingeschlagenen Weges für den Faschismus. (“Lieber zehnmal mit Hitler als einmal mit Thälmann”.).
In den Jahren 1930 – 1933 gab es viele Situationen, in denen ein entschlossenes, einheitliches Auftreten der Massen so wie 1920 imstande gewesen wäre, den Faschismus zurückzuschlagen und der weiteren Entwicklung eine völlig andere Richtung zu geben. Es fehlte auch nicht an der Bereitschaft der Massen zu einem solchen Auftreten, aber in allen diesen Situationen richteten die rechten Führer all ihre Anstrengung darauf, dies zu verhindern und der Bourgeoisie den Übergang zur nächsten Etappe der Faschisierung ohne größere Störungen und Erschütterungen zu ermöglichen. (Tolerierung der Außerkraftsetzung der Verfassung durch Brüning mit Hilfe von Artikel 48; Wahl Hindenburgs als “Damm gegen Hitler”; Kapitulation vor Papens Staatsstreich am 20. Juli 1932; 30. Januar 1933).
17. Diese Politik der rechten Führer geriet in wachsenden Gegensatz zum Wollen und Streben der sozialdemokratischen Arbeitermassen.
Der brutale Angriff der sich auf den Faschismus orientierenden deutschen Bourgeoisie auf die letzten ökonomischen und politischen Errungenschaften der deutschen Arbeiterklasse, Lohnabbau, Massenarbeitslosigkeit, Unterstützungsabbau usw. usf., all das zerstörte viele Illusionen in den Köpfen der sozialdemokratischen Arbeiter, machte ihnen immer stärker die Notwendigkeit des aktiven Kampfes der Arbeiterklasse klar. Es wuchs ihr Wille zur Abwehr der Unternehmerangriffe; es wuchs ihr Wille zur aktiven Abwehr des faschistischen Terrors; es wuchs ihre Einsicht in die Notwendigkeit des gemeinsamen Kampfes mit ihren kommunistischen Klassengenossen; es wuchs ihr Wille zur Änderung des Kurses ihrer Partei in der Richtung des konsequenten Klassenkampfes gegen die bankrotte kapitalistische Ordnung.
All das fand seinen Ausdruck in verstärkter Opposition gegen den offiziellen Kurs der Parteiführung, in der Absplitterung eines Teils der linken Elemente (mit und ohne Anführungszeichen) der Partei und deren Formierung in der SAP, der “Sozialistischen Arbeiterpartei”, im Übergang von Hunderttausenden von Anhängern und Wählern der SPD zur KPD bei den Wahlen.
18. In der Periode der Weltwirtschaftskrise gewann die zweite, proletarische Tendenz innerhalb der SPD und der Freien Gewerkschaften eine große Stärke, setzte die rechten Führer einem starken Druck aus, ohne jedoch die Oberhand über die vorherrschende, den Interessen und Bedürfnissen des deutschen Imperialismus entsprechende Tendenz gewinnen zu können.
19. Die wichtigsten Ursachen dafür liegen in Folgendem:
a) In der skrupellosen, raffinierten Demagogie der rechten Führer zur Vertuschung ihrer Kapitulation vor dem Faschismus und zur Kanalisierung des Kampfwillens der Massen in harmlose Bahnen:
1) Bemäntelung der Kapitulationspolitik gegenüber dem Faschismus durch die “Theorie” vom “Kleineren Übel” und durch die Hinhaltetaktik: “Nicht die Kraft in Einzelkämpfen zersplittern” und “Mit dem großen Schlag warten, bis Hitler den Boden der Verfassung verlässt”.
2) Kanalisierung des Kampfwillens der Massen in die Bahnen des nur-parlamentarischen Kampfes. (Vertröstung auf die Reichstagswahlen und des Staatsgerichtshof-Urteil als Antwort auf Papens Staatsstreich vom 20. Juli 1932, Inszenierung eines Volksbegehrens gegen die Papensche September-Notverordnung usw.).
3) Vortäuschung von Kampfentschlossenheit zur Verteidigung der Tagesinteressen der Arbeiterklasse. (z.B. Führung einzelner Streiks durch die Freien Gewerkschaften gegen die September-Notverordnung).
4) Vortäuschung von Kampfentschlossenheit zur Verteidigung der Republik gegen den Faschismus “mit allen Mitteln” zum “günstigsten Zeitpunkt”. Diesem Ziel diente vor allem die Gründung der “Eisernen Front”, die Durchführung von militärisch aufgezogenen Aufmärschen, scheinradikale “Drohungen” an die Adresse der Papen-Schleicher-Regierungen, usw..
5) Vortäuschung der Entschlossenheit, die Massen auf den Weg der Erkämpfung des Sozialismus als Ausweg aus der Krise zu führen.
Wer weiß denn heute noch, dass nicht nur die KPD, sondern auch die Führung der SPD im Jahre 1932 den Sozialismus “zur Tagesaufgabe” erklärt hat?
Am 18. August 1932 war im “Vorwärts” zu lesen: “Die Aussichten auf Beseitigung der Krise mit kapitalistischen Mitteln werden von Tag zu Tag geringer, und vor allem hat der Wille der übergroßen Mehrheit des Volkes nach einem sozialistischen Ausweg aus der Krise durch die letzten Reichstagswahlen eine gewaltige Verstärkung erfahren. Das Programm der Sozialdemokratie soll infolgedessen zeigen, wie die Wirtschaftskrise überwunden werden kann, die durch das Versagen des Kapitalismus zu einem immer weiteren Anwachsen von Not und Verzweiflung geführt hat.” Und Fritz Tarnow, der ADGB-Führer, der das Jahr zuvor als Aufgabe der Gewerkschaften verkündet hatte, Arzt am Krankenbett des Kapitalismus zu sein, der schrieb jetzt im “Vorwärts” vom 21. August unter der Überschrift “Vorstoß zum Sozialismus”: “Die Anträge” (der SPD auf Verstaatlichung der Banken und der Grundstoffindustrie etc., im Reichstag, K.G.) “dürfen keineswegs als die Plakatierung von Fernzielen angesehen werden, es sind Gegenwartsforderungen, das heißt, die heute vorhandene ökonomische Situation wird als reif für sozialistische Wirtschaftsumgestaltung in breiter Front angesehen… Viele Anzeichen sprechen dafür, dass der Zeitpunkt gekommen ist, an dem der Übergang zu sozialistischen Wirtschaftsformen eine entwicklungsgeschichtliche Notwendigkeit geworden ist.”
Ein J. P. Mayer schrieb im “Vorwärts” vom 28. August unter der Überschrift “Sozialismus als Gegenwartsaufgabe”: “Die deutsche Sozialdemokratie ist entschlossen, die Anträge der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion zur Grundlage einer mächtigen Volksbewegung für den sozialistischen Aufbau zu machen. Es gilt, die antikapitalistische Massenstimmung, die die Mehrheit des deutschen Volkes zutiefst erfüllt, in einen positiven sozialistischen Gestaltungswillen umzuformen. Die Basis dieser sozialistischen Aktion kann nur der marxistische Sozialismus sein, der jeden Scheinsozialismus enthüllen und nieder stampfen muss… Es gibt auf die Dauer kein kapitalistisches Mittel, der Krise Herr zu werden. Die sozialistische Bewegung tritt somit in das Stadium der Verwirklichung. Der Sozialismus wird zur brennenden Frage der Gegenwart, einer gegenwärtigen Ordnung des deutschen Lebens.”
Der Parteivorsitzende Otto Wels schließlich hatte am 27. August im “Vorwärts” unter der Überschrift “Sozialistische Aktion!” erklärt, jetzt sei die Zeit reif, der Sozialismus sei nicht mehr Zukunftsziel, sondern Gegenwartsaufgabe.
b) In der Lähmung des Kampfwillens der Arbeiter sowohl durch Verbreitung von Unglauben an die Kraft der Arbeiterklasse und an die Möglichkeit eines erfolgreichen Kampfes als auch durch Verkleinerung der faschistischen Gefahr:
1) Theorie Tarnows, die Gewerkschaften dürften in der Krise nicht Totengräber, sondern müssten Arzt am Krankenbett des Kapitalismus sein, denn, “wenn der Patient röchelt, hungern draußen die Massen.” (Leipziger Parteitag der SPD, 1931).
2) Theorie: “In der Krise kann man nicht streiken”.
3) Ausspielen der verschiedenen Arbeitergruppen gegeneinander: der Gewerkschafter gegen die Unorganisierten, der Beschäftigten gegen die Unbeschäftigten, usw..
4) Direkter Streikbruch in Zusammenarbeit mit den Unternehmern und der Staatsgewalt zur Abwürgung von Streiks, die von der RGO geführt werden. Mithilfe bei der Entlassung revolutionärer Arbeiter aus den Betrieben, Ausschlusspolitik der reformistischen Gewerkschaftsführer gegenüber revolutionären Arbeitern.
5) Verbreitung der Ansicht, Hitler an der Macht werde schnell “abwirtschaften”, deshalb solle man ihn ruhig einmal “ranlassen”.
6) Vertuschung, wer die wirklichen Hintermänner der Nazipartei sind; Darstellung, als ob die faschistische Gefahr lediglich in der Zahl der Wähler der Nazipartei begründet läge. Nach dem Rückgang der Nazistimmen in der Novemberwahl 1932 Erklärung, die Nazipartei sei endgültig pleite und an einen Machtantritt Hitlers sei nicht mehr zu denken.
c) Verhinderung der Einheitsfront zwischen Sozialdemokraten und Kommunisten:
1) Gleichsetzung der Kommunisten mit den Faschisten als Terroristen und Anhänger der Gewalt und Feinde der Demokratie.
2) Ablehnung aller Angebote der KPD zum gemeinsamen Kampf gegen den Faschismus. (20. Juli 1932, 30. Januar 1933).
3) Verbot von Einheitsfrontaktionen mit den Kommunisten für alle sozialdemokratischen Arbeiter; Ausschluss bei Zuwiderhandlung.
4) Unaufrichtige Angebote zum Abschluss von Einheitsfront- und Nichtangriffspaktabkommen mit dem ausschließlichen Ziel, die Schuld am Nichtzustandekommen der Einheitsfront in den Augen der Massen den Kommunisten zuzuschieben.
d) Die Fehler in der Strategie und Taktik der KPD erleichtern den rechten Führern die Irreführung der Massen und erschweren den sozialdemokratischen Arbeitern den Weg zum gemeinsamen Kampf mit ihren kommunistischen Klassengenossen.
Zusammenfassung
Von einer Strategie und Taktik der SPD in der Weimarer Republik zur Überwindung der Spaltung der Arbeiterbewegung kann nicht gesprochen werden. Die offizielle Strategie und Taktik der SPD ist die Strategie der rechten Führer, d.h. von Feinden der Einheit der Arbeiterklasse, und deshalb gerichtet auf die Verewigung der Spaltung.
Dessen ungeachtet liegen die objektiven Interessen und zu einem großen Teil auch das subjektive Wollen der sozialdemokratischen Arbeiter in der Überwindung der Spaltung, in der Erringung der Einheit der Arbeiterbewegung auf der Grundlage des proletarischen Klassenkampfes.
Dieses objektive Klasseninteresse musste die Grundlage sein für die Strategie und Taktik der einzigen Partei, die sich vom Augenblick ihrer Gründung an das Ziel der Wiedererringung der Einheit der deutschen Arbeiterbewegung auf der revolutionären Grundlage des Marxismus gesteckt hatte, der Kommunistischen Partei Deutschlands.
III. Zur Strategie und Taktik der KPD in der Weimarer Republik zur Überwindung der Spaltung der Arbeiterbewegung.
Vorbemerkung:
Die vorliegenden Thesen können natürlich nicht Antwort geben auf die zahlreichen noch offenen Fragen bezüglich der Politik der KPD, die nur durch die intensive Forschungsarbeit eines großen Kollektivs von Genossen Beantwortung finden können. Manche Fragen werden deshalb in den Thesen nur als Problem aufgeworfen, bei anderen wird der Versuch einer Beantwortung unternommen, von der der Verfasser sich bewusst ist, dass sie vor allem seine mangelhafte Kenntnis der Materie zum Vorschein zu bringen geeignet ist.
A. Allgemeine Kennzeichnung
a) Die KPD – die einzige Partei des Kampfes um die Einheit der Arbeiterklasse in der Weimarer Republik.
1. Die Spaltung der Arbeiterbewegung war das Ergebnis des Verrates der Sozialdemokratie an den Interessen der Arbeiterklasse im ersten Weltkrieg.
Die Kommunistischen Parteien wurden gegründet als Parteien des Kampfes um die Wiederherstellung der Einheit der Arbeiterbewegung auf der Grundlage des unverfälschten revolutionären Marxismus.
“Die Parolen und die Grundsätze der kommunistischen Parteien bilden den einzigen Boden, auf dem die Arbeiterklasse sich wieder vereinigen kann.” (Thesen des III. Weltkongresses der K.I. über die Taktik, Abschn.4).
2. Die Kommunistische Partei Deutschlands war die einzige, die nicht nur davon sprach, die Einheit der Arbeiterbewegung zu wollen, sondern deren ganzes Streben und hartnäckiges Ringen in allen Jahren der Weimarer Republik auf die Erreichung dieses Zieles gerichtet war.
3. Der Kampf um die Überwindung der Spaltung der Arbeiterbewegung war und ist gleichbedeutend mit dem Kampf um die Überwindung des Einflusses der rechtssozialistischen Führung in der Arbeiterbewegung und mit der Erziehung der Arbeiterklasse dazu, den Kampf um ihre Tagesinteressen stets mit dem Kampf um ihre grundlegenden Klasseninteressen zu verbinden.
4. Die erfolgreiche Lösung dieser Aufgabe hängt von zwei Voraussetzungen ab:
Erstens von den objektiven Bedingungen, die allen Arbeitern ihren unüberbrückbaren Gegensatz zur kapitalistischen Ausbeuterordnung und die Unmöglichkeit, sie auf dem Wege des Reformismus zu überwinden, einbläuen. Diese objektiven Bedingungen sind in Deutschland – trotz einiger entgegenwirkender Momente – mit dem Beginn der allgemeinen Krise des Kapitalismus in starkem Maße gegeben. (Weltkrieg, Inflation, Weltwirtschaftskrise).
Zweitens von der richtigen Strategie und Taktik des Kampfes der Kommunistischen Partei um die Überwindung der Spaltung, um die Einheit der Arbeiterbewegung.
5. Die Geschichte der KPD und überhaupt der III. Internationale ist ganz wesentlich die Geschichte der Ausarbeitung der marxistisch-leninistischen Strategie und Taktik des Kampfes um die Einheit der Arbeiterbewegung und der Bemühungen um ihre richtige Anwendung entsprechend den jeweils gegebenen Bedingungen.
6. Diese Strategie und Taktik ist in ihren wesentlichen Grundzügen von Lenin ausgearbeitet worden. Es ist der Kommunistischen Internationale und ihren Sektionen nach Lenins Tod jedoch nicht immer gelungen, diese Leninsche Strategie und Taktik auf neue Situationen, insbesondere in der Periode der Weltwirtschaftskrise, richtig anzuwenden infolge linkssektiererischer Fehler. Dadurch konnten die objektiv gegebenen Möglichkeiten zur Überwindung der Spaltung nicht maximal ausgenutzt werden.
7. Besonders verhängnisvoll waren die Auswirkungen der Abweichungen von der Leninschen Strategie und Taktik für den Kampf der KPD um die Herstellung der Einheitsfront gegen den Faschismus.
8. Nach der bitteren Lehre des Sieges des Faschismus in Deutschland begann in der III. Internationale und den kommunistischen Parteien der Prozess einer intensiven selbstkritischen theoretischen und praktischen Überprüfung der Strategie und Taktik ihres Kampfes in der zurückliegenden Periode und eine Rückkehr zur richtigen Anwendung der Leninschen Prinzipien (Einheits- und Volksfrontbewegung in Frankreich, VII. Weltkongress der K.I., Brüsseler Konferenz der KPD).
b) Versuch einer kurzen Darstellung der allgemeinen Leitsätze des Leninismus für die richtige Strategie und Taktik des Kampfes um die Überwindung der Spaltung der Arbeiterbewegung:
1. Die Möglichkeit der Überwindung der Spaltung liegt in der Gleichartigkeit der Grundinteressen aller Schichten der Arbeiterklasse. (Frage: Kann man das auch mit Bezug auf die “vom Kapitalismus verdorbene” Arbeiteraristokratie sagen? S.o., Teil II/A, These 5).
2. Die Notwendigkeit der Überwindung der Spaltung liegt darin begründet, dass sie die Voraussetzung für die Befreiung der Arbeiterklasse, für den Sieg über den Imperialismus und damit für die Rettung der Arbeiterklasse und der gesamten Menschheit vor dem Untergang in der Barbarei ist.
3. Der Weg zur Überwindung der Spaltung führt über den gemeinsamen Kampf, die gemeinsame Aktion für die gemeinsamen Interessen, angefangen von den kleinsten Tagesinteressen. Nur in der gemeinsamen Aktion können Misstrauen und Feindseligkeit überwunden werden und das Bewusstsein der Zusammengehörigkeit wachsen.
4. Der Kern des Problems der Herstellung der Einheit, die strategische Zielsetzung dieses Kampfes ist die Überwindung des Einflusses der Spalter der Arbeiterbewegung, der rechtssozialistischen Führer, auf die Arbeitermassen, ist die Formierung der Mehrheit der Arbeiterklasse und vor allem ihrer entscheidenden Schichten unter dem Banner des Kommunismus. “Der Sieg des revolutionären Proletariats ist unmöglich … ohne Entlarvung, Brandmarkung und Vertreibung der opportunistischen, sozialverräterischen Führer. Das ist denn auch die von der III. Internationale eingeschlagene Politik.” (W.I. Lenin, Der “linke Radikalismus”, die Kinderkrankheit im Kommunismus, Abschnitt V, LW 31/27).
“Dieser Kampf muss rücksichtslos und so, wie wir es getan haben, unbedingt bis zur völligen Diskreditierung aller unverbesserlichen Führer des Opportunismus und Sozialchauvinismus und bis zu ihrer Verjagung aus den Gewerkschaften geführt werden.” (Ebenda, Abschnitt VI, S.-37) (s. auch V. Weltkongress der Kommunistischen Internationale, Programmentwurf, IV/A/a.)
5. Der Kampf gegen die rechten Führer, ihre Entlarvung, darf niemals Selbstzweck werden. “Den Kampf gegen die opportunistischen und sozialchauvinistischen Führer führen wir, um die Arbeiterklasse für uns zu gewinnen.” (W.I. Lenin, Der “linke Radikalismus”, die Kinderkrankheit im Kommunismus, Abschnitt VI, LW 31/37)
6. Die Taktik des Kampfes um die Überwindung der Spaltung der Arbeiterbewegung muss deshalb darauf gerichtet sein:
a) mit aller Kraft die Einheit der praktischen Aktion der Arbeiter zu erreichen; in der Arbeiterklasse das Bewusstsein der Zusammengehörigkeit, der Interessengemeinsamkeit, der Notwendigkeit der Kampfgemeinschaft gegen das Kapital zu stärken; sie dazu zu erziehen und selbst dafür das Beispiel zu geben, dass im Interesse des Kampfes gegen den gemeinsamen Feind das Trennende hintanzustellen ist.
“Nachdem sie sich die organisatorische Freiheit der geistigen Einwirkung auf die Arbeitermassen gesichert haben, sind die kommunistischen Parteien aller Länder bestrebt, jetzt in allen Fällen eine möglichst breite und vollkommene Einheit der praktischen Aktion dieser Massen zu erreichen.” (Leitsätze des EKKI v.1921 über die Einheitsfront…, Leitsatz 5);
b) den Arbeitern zu ermöglichen, sich durch ihre eigene Erfahrung davon zu überzeugen, dass nur die Kommunisten Vorkämpfer der Arbeitereinheit, die rechten sozialdemokratischen und Gewerkschaftsführer aber verantwortlich für die Spaltung und deren Aufrechterhaltung sind. Dabei liegt die Betonung auf der eigenen Erfahrung der Massen. Um auf die Position der Avantgarde zu gelangen, sagt Lenin: “Dazu bedarf es der eigenen politischen Erfahrung der Massen. Das ist das grundlegende Gesetz aller großen Revolutionen….” (W.I. Lenin, Der “linke Radikalismus”, die Kinderkrankheit im Kommunismus, Abschnitt X, LW 31/80
Das erfordert eine solche elastische Taktik, dass es auch den raffiniertesten Manövern der rechten Führer nicht gelingt, die Kommunisten in den Augen der Massen als Gegner der Arbeitereinheit hinzustellen;
c) niemals bei den nichtkommunistischen Arbeitern einen Zweifel darüber aufkommen lassen, dass die Kommunisten ihren Hauptfeind als Hauptfeind aller Arbeiter und aller Werktätigen im Imperialismus erblicken, und dass ihre gesamte Politik auf den Sieg über diesen Feind gerichtet ist.
Das erfordert eine solche Haltung gegenüber den rechten Führern, dass jeder sozialdemokratische Arbeiter begreift, dass unsere Kritik an ihnen im Interesse des erfolgreichen Kampfes gegen den gemeinsamen Feind notwendig ist und nicht etwa parteiegoistischen Bestrebungen entspringt;
d) zu allen Bündnissen und Abkommen mit nichtkommunistischen Parteien und Organisationen bereit zu sein, hinter denen proletarische Massen stehen, sofern ein solches Bündnis zu gemeinsamen Aktionen der Arbeiterklasse führt und die Positionen des Imperialismus schwächt.
Lenin: Man muss “Zugeständnisse an diejenigen Elemente machen, die sich dem Proletariat zuwenden, und zwar dann, wenn diese sich dem Proletariat zuwenden und insoweit, wie diese sich dem Proletariat zuwenden – gleichzeitig aber muss man den Kampf gegen diejenigen führen, die zur Bourgeoisie abschwenken.” ((W.I. Lenin, Der “linke Radikalismus”, die Kinderkrankheit im Kommunismus, Abschnitt VIII, LW 31/61).
e) Bei Abschluss solcher Bündnisse nie außer acht zu lassen, dass sie nur dann erfolgreich sein können, wenn sie dazu beitragen, den kommunistischen Einfluss zu stärken und den Einfluss der schwankenden Elemente zu schwächen.
Das setzt voraus, dass die Kommunisten bei den Massen keine Illusionen über die Halbheiten, die Wankelmütigkeit und die Neigung zum Verrat bei den nichtkommunistischen Bundesgenossen aufkommen lassen und sich “die vollste Freiheit der Agitation, Propaganda und politischen Tätigkeit” vorbehalten. (W.I. Lenin, Der “linke Radikalismus”, die Kinderkrankheit im Kommunismus, Abschnitt IX, LW 31/73)
7. Von zentraler Bedeutung für den erfolgreichen Kampf der kommunistischen Parteien um die Überwindung der Spaltung der Arbeiterbewegung war und ist ihre taktische Einstellung zu den reaktionären Gewerkschaften, besonders zu den von den Reformisten beherrschten.
Auf der Gewerkschaftsebene entbrennt der Kampf um die Eroberung der Mehrheit der Arbeiterklasse am heftigsten, denn in der Beherrschung der Gewerkschaften liegt die hauptsächliche Quelle der Macht und des Einflusses der rechtssozialistischen Führer in der Arbeiterbewegung, die Eroberung der Gewerkschaften durch die Kommunisten ist der wichtigste Schritt auf dem Wege zur Überwindung der Spaltung der Arbeiterbewegung. (s. Stalin, Werke Bd. 7, S. 90/91).
Die Grundsätze für das Verhältnis der Kommunisten zu den reformistischen Gewerkschaften wurden von Lenin so formuliert: “Nicht in den reaktionären Gewerkschaften arbeiten, heißt die ungenügend entwickelten und rückständigen Arbeitermassen dem Einfluss der reaktionären Führer, der Agenten der Bourgeoisie, der Arbeiteraristokraten oder der ‘verbürgerlichten Arbeiter’ … überlassen.”
Und ferner: “Man muss all dem widerstehen können, muss zu jedweden Opfer entschlossen sein und sogar – wenn es sein muss – alle möglichen Schliche, Listen und illegale Methoden anwenden, die Wahrheit verschweigen und verheimlichen, nur um in die Gewerkschaften hineinzukommen, in ihnen zu bleiben und in ihnen um jeden Preis kommunistische Arbeit zu leisten.” (W.I. Lenin, Der “linke Radikalismus”, die Kinderkrankheit im Kommunismus, Abschnitt VI, LW 31/40).
B. Das Ringen der KPD um die Ausarbeitung und Anwendung einer marxistisch-leninistischen Strategie und Taktik zur Überwindung der Spaltung der deutschen Arbeiterbewegung in den verschiedenen Perioden der Weimarer Republik.
a) In der Periode der revolutionären Nachkriegskrise
1. Zu Beginn dieser Periode stand vor der KPD (wie vor allen kommunistischen Parteien der kapitalistischen Länder) die Aufgabe, nach der erfolgten organisatorischen Trennung von der Sozialdemokratie beider Richtungen (Rechten und Zentristen, in Deutschland SPD und USPD) mit aller Schärfe ihren Gegensatz zu ihr herauszuarbeiten, sich für die gesamte Arbeiterklasse klar und deutlich erkennbar von ihr abzugrenzen, die Unvereinbarkeit der Prinzipien des Kommunismus mit der verräterischen Prinzipienlosigkeit des Reformismus klarzustellen. Im internationalen Ausmaß war Ausdruck dafür die Annahme der 21 Bedingungen durch den II. Weltkongress der Kommunistischen Internationale.
“In der Anfangsperiode … musste sich der revolutionäre Flügel um jeden Preis die Freiheit der Agitation und Propaganda erkämpfen, d.h. die Freiheit, den Arbeitermassen den beispiellosen geschichtlichen Verrat zu erklären, den die durch die Arbeitermassen selbst geschaffenen Parteien begangen haben und noch jetzt begehen.” (Leitsätze des EKKI von 1921 über die Einheitsfront, Leitsatz 4). Das war die unerlässliche Voraussetzung dafür, dass die kommunistischen Parteien bei ihrer Entwicklung zu Massenparteien nicht auch der Gefahr der opportunistischen Verwässerung und Versumpfung erliegen würden.
2. In dieser ersten Phase der Herausbildung der kommunistischen Parteien war es gar nicht anders möglich, als dass ihre Beziehungen zur Sozialdemokratie solche des schärfsten Kampfes waren, dass sie gegen die Sozialdemokratie das Hauptfeuer richteten.
Das ergab sich für die KPD auch noch aus weiteren Umständen:
Erstens daraus, dass die SPD – mit einer kurzen Ausnahme – in dieser Periode die Hauptstütze der bürgerlichen Ordnung nicht nur innerhalb der Arbeiterklasse, sondern auch in der Regierung war. Alle Angriffe der Bourgeoisie gegen das Proletariat, um ihm die Errungenschaften der Novemberrevolution wieder zu entreißen, wurden mit den Händen der sozialdemokratischen Führer, mit Billigung oder gar auf Anweisung des sozialdemokratischen Reichspräsidenten Ebert durchgeführt. Umgekehrt war es unter diesen Umständen für die revolutionären Arbeiter Deutschlands unmöglich, die bürgerliche Ordnung anzugreifen und zu stürzen, ohne damit die sozialdemokratische Regierung anzugreifen und aus der Macht zu verjagen. Der Sturz der bürgerlichen Ordnung blieb aber – und musste während der ganzen Dauer der revolutionären Nachkriegskrise bleiben – das unmittelbare strategische Ziel der KPD.
Zweitens: Die schändlichen Verrätereien der rechten Führer der deutschen Sozialdemokratie im ersten Weltkrieg und in der Novemberrevolution, die ohne Beispiel in der ganzen internationalen Sozialdemokratie waren, hatten bei den revolutionären Arbeitern einen unbändigen, glühenden Hass hervorgerufen, der selbst die besten der deutschen Kommunisten, wie Rosa Luxemburg, zu sektiererischen Fehlern verleiteten (z.B. Rosa Luxemburgs Stellungnahme für Liquidierung der Gewerkschaften auf dem Gründungsparteitag der KPD) (siehe Lenins Brief an die deutschen Kommunisten, LW 32/545).
3. Die Aufgabe, sich zur Massenpartei des deutschen Proletariats zu entwickeln, die revolutionären Arbeiter der USPD für die Vereinigung mit der KPD zu gewinnen, zwang die KPD sehr rasch, sich nicht nur nach rechts, gegen SPD und USPD, sondern auch ebenso scharf gegen Linke, gegen den ‘linken’ Radikalismus der Wolffheim, Laufenberg usw. abzugrenzen, und eine richtige Stellung in der Gewerkschaftsfrage einzunehmen. (Ausschluss der Wolffheim-Laufenberg-Gruppe aus der Partei, Stellungnahme gegen die Losung: ‘Heraus aus den Gewerkschaften’ auf dem II. Parteitag der KPD).
4. Die Verlangsamung des Tempos der Revolution, die Konsolidierung der bürgerlichen Ordnung und des Einflusses der rechten SPD- und Gewerkschaftsführer, ferner die Notwendigkeit zur gemeinsamen Abwehr der Vorstöße der äußersten (monarchistischen) Reaktion (Kapp-Putsch sowie die Auseinandersetzungen in der KPD über die Lehren der Märzaktion 1921) machten offenbar, dass die Partei (und die gesamte III. Internationale) dringend eine wissenschaftlich begründete, marxistische Strategie und Taktik des Kampfes um die Gewinnung der Mehrheit der Arbeiterklasse brauchten.
5. Die zweite Phase der Periode der revolutionären Nachkriegskrise (in Deutschland etwa ab Kapp-Putsch?) ist eben dadurch gekennzeichnet, dass die kommunistischen Parteien, um zu Massenparteien in ihren Ländern zu werden, vor die Aufgabe gestellt sind, die Aktionseinheit herzustellen mit jenen Arbeitern, die noch den reformistischen oder gar noch weiter rechts stehenden Führer folgen.
6. Die Aufgabe, die dafür nötige Strategie und Taktik auszuarbeiten, wurde von Lenin bereits in seiner Arbeit: Der Radikalismus … in Angriff genommen, vom II. Weltkongress der K.I. klar formuliert und auf dem EKKI-Plenum vom Dezember 1921 in den Thesen über die Einheitsfront im wesentlichen gelöst.
Die Thesen des III. Weltkongresses und des EKKI-Plenums enthalten alle entscheidenden Grundsätze, deren Beachtung und Anwendung auf die jeweils gegebene Situation sowohl ein Abgleiten zum Rechtsopportunismus wie zum Sektierertum verhindern.
7. Die KPD hat als erste Partei der III. Internationale mit dem “Offenen Brief” vom 7. Januar 1921 an die Führung der SPD, der USPD und des ADGB zum gemeinsamen Kampf gegen die katastrophale Verschlechterung der Lebenslage der Arbeiter, und später mit dem offenen Brief vom 16. 6. 1922 zum gemeinsamen Kampf gegen die monarchistische Gefahr (siehe Materialien und Dokumente zur Geschichte der KPD, S. 92-94 und 97-99) die Politik der Einheitsfront in die Praxis umgesetzt.
8. In den Thesen des EKKI von 1921 über die Einheitsfront wird jedoch auch vor der Gefahr der opportunistischen Entstellung der Einheitsfrontpolitik gewarnt (These 20).
Wie notwendig und berechtigt diese Warnung war, sollte sich bald erweisen durch das Verhalten der Brandler-Thalheimer-Führung der KPD im Herbst 1923. (siehe Dimitroff, VII.Weltkonkgreß, Abschnitt “Über die Regierung der Einheitsfront”).
In den Thesen des EKKI war unter den Rechten in den kommunistischen Parteien zwischen zweierlei Elementen unterschieden worden (These 21), erstens solchen, die noch nicht mit der Ideologie und den Methoden der II. Internationale gebrochen haben, und zweitens solchen, die gegen die “Linken” kämpfen, um den kommunistischen Parteien größere Geschmeidigkeit und Manövrierfähigkeit zu geben.
Das schmähliche Versagen der Brandler-Thalheimer-Führung, das einem Verrat an der deutschen Arbeiterklasse und der deutschen Revolution gleichkam, ließ keinen Zweifel darüber, dass sie zur zuerst genannten Gruppe gehörte.
9. Die Auswirkungen dieser Kapitulationspolitik waren verheerend.
Erstens wurde die seit dem 9. November 1918 günstigste und aussichtsreichste Situation für einen Sieg des deutschen Proletariats über die Bourgeoisie kampflos vertan. Damit erhielt der deutsche Imperialismus die Möglichkeit, jetzt aus der Krise herauszukommen und Bedingungen zu schaffen, die dem erneuten Anwachsen und der Wiederbefestigung der Vorherrschaft des Reformismus in der deutschen Arbeiterbewegung günstig waren.
Zweitens wurde zum zweiten Mal im internationalen Maßstab – das erste Mal in der ungarischen Räterepublik – die Einheitsfrontpolitik durch ihre opportunistische Entstellung aufs schwerste diskreditiert und damit Wasser auf die Mühlen der Ultralinken geleitet, wodurch diese in der KPD zeitweilig die Führung an sich reißen konnten, um nicht geringeren Schaden anzurichten als die Rechten.
Es machte sich jetzt notwendig, erneut um die Grundsätze der Strategie und Taktik und ihre Anwendung zu kämpfen, die bereits Allgemeingut aller Parteien der III. Internationale gewesen waren, wodurch die Partei neuerlich Tempoverlust bei ihren Bemühungen erlitt, sich fest mit der Arbeiterklasse zu verbinden.
Als Frage sei hier aufgeworfen:
Wie weit hat die rechtsopportunistische Entstellung der Einheitsfrontpolitik dazu beigetragen, dass selbst solche hervorragenden Führer des deutschen Proletariats wie Ernst Thälmann, und des internationalen Proletariats wie Stalin und Dimitroff, Togliatti, Thorez und Gottwald, von der Leninschen Strategie und Taktik nach links abwichen? (Vergl. dazu ebenfalls Lenins Brief an die deutschen Kommunisten, LW 32/545).
10. Die politische Entwicklung in Deutschland in dieser Periode, der Abschluss dieser Periode mit der Niederlage der deutschen Arbeiterklasse und der, wenn auch nur relativen Festigung der bürgerlichen Ordnung in Deutschland, ist gekennzeichnet und bedingt durch den Widerspruch zwischen der objektiven Reife der ökonomischen und politischen Bedingungen für den Sturz des Kapitalismus in Deutschland auf der einen, der Unreife und Unfähigkeit der KPD, schon ihrer Aufgabe gerecht zu werden, das deutsche Proletariat zum Sieg über den deutschen Imperialismus zu führen, auf der anderen Seite.
In einer Situation, in der die deutsche Arbeiterklasse um zu siegen, eine Partei brauchte mit einer reifen und erprobten Strategie und Taktik, musste die KPD diese Strategie und Taktik unter unerhört schwierigen Bedingungen und inneren Kämpfen erst ausarbeiten und erproben.
“Es liegt eine Tragik der deutschen Arbeiterklasse darin, dass sie diese zuverlässige Führung weder in der Sozialdemokratie noch in der USPD hatte und dass die KPD sich zu einer Massenpartei mit einer festen, zielklaren Führung erst entwickelte, als die Zeit für die großen Entscheidungen schon herangereift war.” (Wilhelm Pieck, Zur Geschichte der Kommunistischen Partei Deutschlands. 30 Jahre Kampf. Vortrag von 1939, Berlin 1949, S. 21).
b) In der Periode der relativen Stabilisierung
1. Zu Beginn dieser Periode stand vor der KPD und der gesamten III. Internationale die Aufgabe, aus der rechtsopportunistischen Entstellung der Einheitsfronttaktik (vor allem durch die Brandler-Thalheimer-Führung der KPD) die notwendigen Lehren zu ziehen, gleichzeitig aber die Versuche zur völligen Liquidierung der Einheitsfronttaktik durch die Ultralinken (Ruth Fischer, Arcadi Maslow usw.), wie sie vor allem auf dem 9. Parteitag der KPD (April 1924) zum Ausdruck kamen, entschlossen zurückzuweisen.
2. Infolgedessen stand der V. Weltkongress der Kommunistischen Internationale (Juni-Juli 1924) ganz im Zeichen der Überprüfung der bisherigen Anwendung der Einheitsfronttaktik und des Versuches, die Einheitsfronttaktik, frei von allen rechten und linken Entstellungen, für die kommende Periode festzulegen. Im Einzelnen ging es dabei vor allem um folgende Fragen:
a) Die weitere Perspektive der proletarischen Revolution.
b) Die Einschätzung der Rolle der SPD und der ‘Linken’ in der SPD.
c) Die Festlegung der Richtlinien für die richtige Anwendung der Einheitsfronttaktik.
d) Die Stellungnahme zur Frage der Teilforderungen und Übergangslosungen, insbesondere zur Losung der Arbeiter- und Bauernregierung.
e) Die Stellungnahme zur Gewerkschaftsfrage.
3. In Bezug auf die weitere Perspektive der Revolution wurde, entsprechend der Situation im Sommer 1924, sowohl eine langsamere und sich hinausschiebende Entwicklung der proletarischen Revolution als auch eine rasche Zuspitzung der Klassengegensätze bis zum entscheidenden Kampf um die Macht in diesem oder jenem Land, vor allem in Deutschland, für möglich erachtet, und dementsprechend gefordert, dass die kommunistischen Parteien sich auf beide Möglichkeiten einstellen (Thesen des V. Weltkongresses der KI zur Taktik, Abschn. XIII.).
4. Zur Einschätzung der Rolle der SPD und der ‘Linken’ in der SPD:
Brandler und seine Anhänger hatten auf dem Leipziger Parteitag der KPD (8. PT, Jan.-Febr. 1923) ihren sozialdemokratischen Opportunismus damit bewiesen, dass sie, ohne zwischen den rechten Führern der SPD und den sozialdemokratischen Arbeitern zu differenzieren, als Aufgabe der Einheitsfronttaktik proklamierten, ‘die Sozialdemokratie’ vom linken Flügel der Bourgeoisie zum rechten Flügel der Arbeiterbewegung zu machen, und die rechten SPD-Führer zu zwingen, nicht mehr die Arbeiterklasse, sondern die Bourgeoisie zu verraten. (Anm. 1)
Eine solche Aufgabenstellung bedeutete eine völlige Verwerfung der Leninschen Einschätzung der sozialen Natur und der politischen Funktion der rechtssozialistischen Führer.
Folgerichtig entwickelten die Rechten, deren führender Vertreter in der Komintern damals Radek war, diese Auffassung weiter zu der Behauptung, mit der Niederlage der deutschen Arbeiterklasse im Herbst 1923 und der Errichtung der Militärdiktatur habe der Faschismus über die Novemberrevolution und die Sozialdemokratie gesiegt, obwohl damals die Errichtung dieser Militärdiktatur unter aktiver Mithilfe der rechtssozialdemokratischen Führer vor sich ging und eben der Rettung der Weimarer Republik diente.
Unter dem Druck der Massenstimmung in der Partei gaben die Rechten auf dem Frankfurter (9ten) Parteitag diese Positionen allerdings völlig preis und erklärten – wie auch die Mittelgruppe und die Linken – die Liquidierung der SPD zur Aufgabe der KPD. (Anm. 2)
Durch die Ereignisse in Italien, Bulgarien und Deutschland war auch die Frage des Verhältnisses zwischen Faschismus und Sozialdemokratie aufgeworfen worden. In allen diesen Ländern hatte sich gezeigt, dass die Spitzen der sozialdemokratischen Parteien und der reformistischen Gewerkschaften zu einer Verständigung mit dem Faschismus zu kommen suchten.
Die Kommunistische Internationale zog daraus die Schlussfolgerung, dass die Sozialdemokratie nicht nur der linke Flügel der Bourgeoisie, sondern auch des Faschismus sei. (Anm. 3)
Die Theorie von den “Zwillingsbrüdern” kann nicht als die Theorie eines Einzelnen, Stalins, betrachtet werden, sondern sie war die Auffassung der übergroßen Mehrzahl aller führenden Köpfe der Kommunistischen Internationale, gebildet auf Grund der Erfahrungen der Jahre 1920 bis 1924.
Aber die Gleichsetzung von Faschismus und Sozialdemokratie war theoretisch falsch und praktisch von verhängnisvollster Auswirkung, weil sie eine wichtige theoretische Begründung für all die linkssektiererischen Fehler in der darauf folgenden Zeit, besonders in der Zeit der Weltwirtschaftskrise, wurde.
Die KPD und die KI hatten ebenfalls ihre Stellung zu den ‘Linken’ unter den sozialdemokratischen Führern festzulegen.
Auf Grund der Erfahrungen mit den “linken” Sozialdemokraten in der sächsischen Arbeiterregierung (Zeigner) kamen sie zu der Schlussfolgerung: “Aber noch gefährlicher als die rechten sind die linken SPD-Führer, diese letzte Illusion der betrogenen Arbeiter, diese letzten Feigenblätter für die schmutzige konterrevolutionäre Politik der Severing, Noske und Ebert. Die KPD lehnt nicht nur jede Verhandlung mit der Zentrale der SPD ab, sondern auch mit den ‘linken’ Führern, bis diese Helden nicht wenigstens so viel Mannhaftigkeit finden werden, um offen mit der konterrevolutionären Bande, die im Parteivorstand der SPD sitzt, zu brechen.” (Aus dem Beschluss des Präsidiums des EKKI vom 19.1.1924, in: Bericht über die Verhandlungen des IX. Parteitages der KPD, S. 32)
Diese Stellungnahme war auf Grund der gemachten Erfahrungen vollauf berechtigt.
Aber mit ihr war nur eine Seite des Problems der “Linken” in der Sozialdemokratie berührt, nämlich die Gefahr, die Illusionen über die linken SP-Führer mit sich bringen.
Eine richtige Taktik gegenüber der sozialdemokratischen Linken kann aber nur ausgearbeitet werden, wenn auch die andere Seite berücksichtigt wird, nämlich die Tatsache, dass das Auftreten linker Führer in der Sozialdemokratie immer ein Reflex einer Linksentwicklung der sozialdemokratischen Massen ist, einer Entwicklung, die, seitdem es kommunistische Parteien als Massenparteien gibt, eine Entwicklung zum Kommunismus ist. Diese Einseitigkeit, nämlich nur die Gefährlichkeit der linken Führer der Sozialdemokratie zu sehen, wurde später noch verstärkt und führte in den Jahren 1930 – 1932 ebenfalls zu ernsten linken Fehlern in der Praxis der Einheitsfronttaktik der Kommunistischen Partei Deutschlands, insbesondere gegenüber der SAP.
5. Zur Einheitsfronttaktik:
Für die Rechten (Brandler usw.) war die Einheitsfronttaktik vor allem und in erster Linie eine Taktik des Bündnisses mit den Spitzen der SPD bzw. ihres linken Flügels. (Anm. 4)
Deshalb machte ihre Praxis der Einheitsfronttaktik in Sachsen die KPD in Wirklichkeit zum Anhängsel, zum Gefangenen der Sozialdemokratie.
Die Ultralinken dagegen (Ruth Fischer, Arcadi Maslow usw.) waren trotz ihrer Lippenbekenntnisse zur Taktik der Einheitsfront in Wirklichkeit Gegner jeglicher Anwendung dieser Taktik. (Anm. 5) Sie legten die Beschlüsse des EKKI in einem Sinne aus, der die faktische Liquidierung der Einheitsfronttaktik bedeutete.
In ihren Resolutionen an den Frankfurter Parteitag erklärten alle Gruppierungen in Übereinstimmung mit dem Beschluss des EKKI-Präsidiums vom 19.1.1924, dass für Deutschland gegenwärtig nur die Einheitsfront von unten zur Anwendung kommen könne. (Anm. 6)
Der V. Weltkongress wies alle Forderungen der Ultralinken auf Absage an die Einheitsfronttaktik zurück, wies auch die Forderung zurück, nicht nur für Deutschland, sondern für alle Länder nur noch die Einheitsfront von unten für zulässig zu erklären, sondern sagte: “Einheitsfront von unten – fast immer, Einheitsfront von unten und zugleich von oben – ziemlich oft, mit allen notwendigen Garantien als Taktik zur revolutionären Mobilisierung der Massen, Einheitsfront nur von oben – niemals!” (Sinowjew in seinem Bericht an den V. Weltkongress, Protokoll, Bd. I., S. 81. Vgl. auch die Thesen über die Taktik des V. Weltkongresses der KI., Abschnitt VIII.)
Dennoch stellen die Thesen des V. Weltkongresses über die Einheitsfronttaktik eine Linksabweichung von den Leninschen Leitsätzen des III. und IV. Weltkongresses über die Einheitsfront dar. Während z.B. in den Leitsätzen des IV. Weltkongresses die Notwendigkeit der Taktik der Einheitsfront in erster Linie mit dem elementaren Streben der Arbeitermassen, auch der sozialdemokratischen, zur Einheit im Kampf gegen das Kapital begründet wird, also die Herstellung der gemeinsamen Kampffront gegen den Klassenfeind an die erste Stelle gerückt wird, sagen die Thesen des V. Weltkongresses, dass die Einheitsfronttaktik ein strategisches Manöver “der von Feinden umringten kommunistischen Vorhut in ihrem Kampf vor allem gegen die verräterischen Führer der konterrevolutionären Sozialdemokratie” ist. “Sie ist keinesfalls eine Taktik des Bündnisses mit diesen Führern.” (Thesen und Resolutionen …, S.27).
Hier ist im Keime bereits die linke Entstellung der Einheitsfronttaktik enthalten, die dann 1930 – 1932 ganz krass in Erscheinung trat.
6. Über Teilforderungen und Übergangslosungen, insbesondere über die Losung der Arbeiter- und Bauernregierung.
Bei der Diskussion über die Losung der Arbeiterregierung auf dem IV. Weltkongress war es darum gegangen, entsprechend der Forderung Lenins konkrete Formen und Losungen der Heranziehung und des Überganges der Massen zur proletarischen Revolution zu finden. Die Losung der Arbeiterregierung war als eine solche Übergangslosung zur Heranführung der Massen an die proletarische Revolution aufgestellt worden.
Die Diskussion um diese Frage hatte größte prinzipielle Bedeutung für die Festlegung der Strategie und Taktik der Kommunistischen Internationale. Es ging letzten Endes um die Frage, ob Kommunisten in eine Regierung eintreten dürfen, die noch im Rahmen des bürgerlichen Staates gebildet wird; unter welchen Umständen sie das dürfen und mit welcher Zielsetzung.
Der IV. Weltkongress hatte auf diese Frage keine eindeutige Antwort gegeben, ließ aber die Möglichkeit zu, dass sich Kommunisten an einer Arbeiterregierung beteiligen, die noch im Rahmen des bürgerlichen Staates und sogar zunächst auf parlamentarischer Basis entsteht, einer Regierung also, die noch nicht eine Regierung der Diktatur des Proletariats sein würde. (Thesen über die Taktik des IV. Weltkongresses).
Der V. Weltkongress verwirft auf Grund der Erfahrungen mit der sächsischen Arbeiterregierung eine solche Möglichkeit und erklärt, die Losung der “Arbeiterregierung” bzw. der “Arbeiter- und Bauernregierung” sei für die kommunistischen Parteien Synonym für die Diktatur des Proletariats. Obwohl der V. Weltkongress die Aussage des IV. Weltkongresses über die fünf Typen von Arbeiterregierungen nicht ausdrücklich zurücknahm, bedeuten die Thesen des V. Weltkongresses ihre faktische Zurücknahme und eine Reduzierung der möglichen Arten von Arbeiterregierungen auf zwei: erstens unechte Arbeiterregierungen, mit Beteiligung der Sozialdemokratie, die in Wirklichkeit liberale bürgerliche Regierungen sind und zweitens echte, wirkliche Arbeiterregierungen, die nur Regierungen der Diktatur des Proletariats sein können. ( Anm. 8 und 9 )
Die Ultralinken hatten nicht nur den Verzicht auf die Übergangslosung der “Arbeiter- und Bauernregierung”, sondern auf jegliche Übergangslosung und Beschränkung einzig und allein auf die Endlosung: Diktatur des Proletariats gefordert.
Sogar die Rechten erklärten in ihrer Resolution an den 9. Parteitag, dass die Partei jetzt alle Übergangsforderungen fallen lassen müsse (Anm. 10).
Der V. Weltkongress stellte demgegenüber mit aller Entschiedenheit fest, dass die kommunistische Taktik auf die Aufstellung von Zwischenlosungen und Teilforderungen nicht verzichten kann (Anm. 11).
Aber dennoch bedeutete die Stellungnahme des V. Weltkongresses zur Frage der Arbeiterregierung gegenüber der des IV. Weltkongresses eine Abweichung nach links. Die weitere geschichtliche Entwicklung hat gezeigt (z.B. durch die Volksfrontregierungen in Frankreich und Spanien), dass der IV. Weltkongress eine richtige Orientierung gegeben hatte, indem er Situationen für möglich erklärte, in denen Kommunisten in eine Regierung eintreten können, die noch keine Regierung der Diktatur des Proletariats ist, sondern noch im Rahmen des bürgerlichen Staate gebildet wird.
Der V. Weltkongress dagegen presste die Taktik der kommunistischen Parteien in einen zu starren Rahmen, innerhalb dessen es ihnen nicht möglich war, im notwendigen Maße ihre Politik den sich ändernden Bedingungen anzupassen.
7. In der Gewerkschaftsfrage verteidigte der V. Weltkongress konsequent die von Lenin gegebene Linie gegen alle Versuche der Ultralinken, an die Stelle der Losung: “In den reformistischen Gewerkschaften arbeiten, um sie zu erobern,” die Losung zu setzen: “Heraus aus den reformistischen Gewerkschaften, Zerstörung der Gewerkschaften”.
Die Sabotage dieser Weisungen der Komintern durch die Ultralinken war denn auch einer der wichtigsten Beweggründe für das Eingreifen des Exekutivkomitees in den innerparteilichen Kampf der KPD und zur Entfernung der Ruth-Fischer-Clique von der Führung der Partei.
8. Der V. Weltkongress wurde zu einem wichtigen Markstein und in gewissem Grade zu einem Wendepunkt in der Geschichte der kommunistischen Parteien und der III. Internationale. Sie waren zum ersten Male vor die Aufgabe gestellt, ohne Lenin die Probleme der internationalen Arbeiterbewegung zu lösen, vor die Aufgabe, schwerwiegende rechte Fehler zu korrigieren, ohne sich dabei selbst zu weit nach der entgegen gesetzten Seite drücken zu lassen.
Wie schwierig das ist, hatte sich schon auf dem III. Weltkongress, anlässlich der Levikrise in der KPD im Zusammenhang mit der Märzaktion von 1921 gezeigt. Es hatte damals der ganzen Weisheit Lenins bedurft, um den richtigen Weg zur Lösung zu finden, und seiner ganzen Autorität, um diese Lösung auch durchzusetzen. Denn in die Richtung linker Überspitzungen drückten nicht nur einige radikalisierte kleinbürgerliche Intellektuelle vom Schlage Ruth Fischer, sondern auch die besten revolutionären Arbeiter der KPD, die, empört über den verräterischen Opportunismus Levis, und voller Hass gegen die konterrevolutionäre Sozialdemokratie wenig Verständnis für noch so notwendiges Manövrieren aufbrachten, sondern mit der opportunistischen Schweinerei so schnell und so radikal wie möglich Schluss machen wollten.
In seinem “Brief an die deutschen Kommunisten” hatte Lenin damals geschrieben: “In der internationalen kommunistischen Bewegung war im Sommer 1921 der ‘springende Punkt’, dass einige der besten und einflussreichsten Teile der Kommunistischen Internationale … ein klein wenig den ‘Kampf gegen den Zentrismus’ übertrieben, ein klein wenig jene Grenze überschritten, jenseits welcher sich dieser Kampf in einen Sport verwandelt, jenseits welcher die Kompromittierung des revolutionären Marxismus beginnt. … Die Übertreibung war nicht groß. Aber ihre Gefahr war ungeheuer. Der Kampf gegen diese Übertreibung war schwer; denn die Übertreibung begingen wirklich die besten, ergebnsten Elemente, ohne die es wohl die Kommunistische Internationale überhaupt nicht gäbe.(…) Übertreiben aber, wenn auch nur ein klein wenig, heißt eben den Sieg verhindern.” (W. I Lenin, Brief an die deutschen Kommunisten, LW 32/545-6)
Der V. Weltkongress der KI hat es trotz aller Bemühungen, nicht von der von Lenin gewiesenen Linie abzuweichen, nicht vermocht, eine Übertreibung der von Lenin oben charakterisierten Art zu vermeiden. Noch aber war diese Übertreibung nicht sehr groß, und noch war sie relativ leicht zu korrigieren.
9. Eine erste Auswirkung dieses Abrutschens der Taktik der KPD und der Komintern nach links war die Stellungnahme zur Reichspräsidentenwahl im Frühjahr 1925. Es war ein sektiererischer Fehler, dass die KPD auch im zweiten Wahlgang die Kandidatur Thälmanns aufrechterhielt, statt die Initiative für die Aufstellung eines Kandidaten der SPD oder sogar der bürgerlichen Linken gegen den Kandidaten der monarchistischen Reaktion, Hindenburg, zu ergreifen. (Vgl. die Haltung der kommunistischen Parteien heute bei ähnlichen Gelegenheiten, z.B. in Frankreich, Italien, Österreich). Eine solche Haltung wäre vor allem deshalb notwendig gewesen, um den Massen die Erfahrung zu vermitteln, dass die KPD die Partei der Vereinigung aller Kräfte im Kampf gegen die Reaktion ist.
10. Im Zusammenhang mit der Festigung der relativen Stabilisierung des Kapitalismus und dem Anwachsen der monarchistischen Gefahr sowie nach ihrer Befreiung von den Ultralinken (Ruth Fischer u. Co.) gab die Führung der KPD mit Ernst Thälmann an der Spitze die Taktik der Einheitsfront nur von unten wieder auf und ging erneut zur Anwendung der Taktik der “Einheitsfront von unten und oben” über. Mit der Anwendung der Taktik der Mobilisierung der Massen für die Einheitsfront bei gleichzeitigem Herantreten an die Spitzen der SPD und des ADGB wurde schon 1926 in der Kampagne für die Fürstenenteignung ein großer, beispielhafter Erfolg errungen, der allerdings der einzige große Erfolg der Einheitsfronttaktik in dieser ganzen Periode der relativen Stabilisierung blieb. Das lag nicht zuletzt auch daran, dass sich die sektiererischen Tendenzen in der Strategie und Taktik der KPD (und der Komintern) seit 1927, vor allem aber ab 1928 erneut und in wachsendem Maße durchsetzten.
11. Ausdruck dessen waren im Jahre 1928 die Beschlüsse des IV. RGI-Kongresses (März-April 1928) und des VI. Weltkongresses der K.I. (Juli-September 1928).
Die damalige Situation war durch folgende Momente gekennzeichnet:
a) Wachsende Kampfbereitschaft der Arbeiter gegen die immer frechere Offensive der Unternehmer; Linksentwicklung der Massen. (Ergebnis der Reichstagswahlen 1928).
b) Immer stärkere Rechtsentwicklung der Spitzen der SPD und der reformistischen Gewerkschaften, Eintritt in die Regierung, “Verwachsen” mit dem Staatsapparat, verschärfter Kampf gegen die revolutionäre Arbeiterschaft, rigorose Ausschlusspolitik der Gewerkschaftsführer, offenes Einschwenken der Sozialdemokratie in die antisowjetische imperialistische Kriegsfront. (E. Thälmann, Reden und Aufsätze, Bd. I, S. 630)
c) Wachsender Einfluss der KPD in den Gewerkschaften und Betrieben (Ergebnisse der Betriebsrätewahlen).
d) Erste Anzeichen der Abschwächung der Konjunktur und des Eintritts in eine neue Periode verschärfter Klassenkämpfe.
12. In dieser Situation entstanden erneut heftige Differenzen in der KPD und der ganzen K.I. über Fragen der Strategie und Taktik. Die Grundlage dieser Differenzen war eine unterschiedliche Einschätzung der Stabilität des Kapitalismus und der Stabilität des Einflusses der Sozialdemokratie, besonders der reformistischen Gewerkschaftsführung auf die Arbeiterklasse. (siehe E. Thälmann, ebenda, Bd. I, S. 452-475, aus dem Referat auf dem Essener (XI.) Parteitag, und S. 617-623, Rede auf dem VI. Weltkongress der K.I.)
13. Die Führung der KPD und der K.I. schätzte die Situation so ein, dass jetzt der Zeitpunkt gekommen sei, um den Masseneinfluss der SPD- und Gewerkschaftsführung relativ leicht endgültig zu überwinden (Anm. 12) Sie hielt deshalb die Zeit für gekommen, um durch verschärfte Angriffe auf diese Führer die Abwendung der sozialdemokratischen Arbeiter von diesen zu beschleunigen.
Deshalb wurde auf dem IV. RGI-Kongress beschlossen, in den Gewerkschaften das Schwergewicht der Einheitsfrontpolitik auf die “Einheitsfront von unten” zu legen und seitens der RGO dazu überzugehen, Wirtschaftskämpfe auch gegen den Willen und Widerstand der Gewerkschaftsführung auszulösen und selbständig zu führen.
Entsprechende Beschlüsse auf der Parteilinie fasste der VI. Weltkongress der K.I. (Anm. 13).
Der Fehler dieser Neuorientierung lag nicht darin, dass überhaupt Kurs darauf genommen wurde, wo nötig und möglich über den Kopf der reformistischen Gewerkschaftsbürokratie hinweg selbständig die Führung in Wirtschaftskämpfen zu übernehmen. Der Grundfehler der 1928 eingeleiteten Umorientierung in der Einheitsfronttaktik lag in der falschen Analyse des Kräfteverhältnisses und der gegnerischen Strategie und Taktik, in der Überschätzung des Grades und Tempos der Radikalisierung und Revolutionierung der Massen sowie der eigenen Kräfte und in der Unterschätzung der Festigkeit des Einflusses der reformistischen Führer. Deshalb wurden die Möglichkeiten zur erfolgreichen Führung von Wirtschaftskämpfen durch die RGO überschätzt und solche Kämpfe forciert, ohne genügende Überprüfung der Erfolgschancen. Diese Taktik musste eine solche Zuspitzung des Kampfes zwischen SPD und KPD und innerhalb der Gewerkschaften mit sich bringen, dass dahinter die gemeinsamen Interessen aller Arbeiter an die zweite Stelle rückten, ohne dass die sozialdemokratischen und der Sozialdemokratie folgenden Arbeiter die Notwendigkeit einer solchen Zuspitzung verstanden hätten und in den Kommunisten deshalb die Schürer des Bruderkampfes erblickten. Dadurch wurde die Herstellung einer einheitlichen Kampffront gegen den gemeinsamen Feind nicht erleichtert, sondern erschwert (Anm. 14).
14. Während das Tempo der Revolutionierung der Massen überschätzt wurde, hat man die Möglichkeit, die rechten SPD- und Gewerkschaftsführer wirkungsvoll unter Druck zu setzen, unterschätzt. Der Eintritt der SPD in die Regierung machte eine weitere Anwendung der Taktik der Einheitsfront von unten und oben durchaus nicht unmöglich, sondern schuf im Gegenteil besonders günstige Voraussetzungen für ihre wirkungsvolle Anwendung (Vgl. z.B. die heutige Haltung der Kommunistischen Partei in Frankreich) (Anm. 15).
15. Ein weiterer Ausdruck der Abweichung in der Richtung des linken Sektierertums war auch die neuerliche schematische Abstempelung aller linken SP-Führer als der gefährlichsten Feinde der Arbeiterbewegung (Anm. 16).
Dieser Fehler rührt aus einer vereinfachenden schematischen Auffassung von der Hinwendung von sozialdemokratischen Arbeitern zum Kommunismus her. Sie kommt am deutlichsten in einer Äußerung Ernst Thälmanns auf dem erweiterten EKKI-Präsidium im Februar 1930 zum Ausdruck: “In diesem Moment spielt diese Politik der ‘linken’ Sozialdemokratie eine große Rolle, weil sie ein großer Hemmschuh ist für die sozialdemokratischen Arbeiter, die zur kommunistischen Partei übertreten wollen.” (E. Thälmann, ebenda, Bd. II, S.316)
Nach dieser Auffassung kommen diese Arbeiter nicht direkt von der SPD zur KPD, weil sie von den linken SP-Führern daran gehindert werden. In Wirklichkeit ist die Sache umgekehrt: Weil sich viele nach links hinneigende sozialdemokratische Arbeiter nicht entschließen können, mit einem Ruck den Bruch mit ihrer Partei, d.h. mit ihrer eigenen Vergangenheit zu vollziehen, deshalb ist das Auftauchen einer sozialdemokratischen Linken eine gesetzmäßige und im Wesentlichen positiv zu bewertende Tatsache, weil Symptome für den fortschreitenden Differenzierungsprozess innerhalb der Sozialdemokratie zu bemerken sind. Die Gefahr dieser Entwicklung besteht darin, dass, wenn wir nicht die brüderliche und kameradschaftliche Zusammenarbeit mit diesen Linken suchen, sondern sie zurückstoßen und an die linken sozialdemokratischen Arbeiter Forderungen stellen, zu deren Erfüllung sie noch nicht bereit sind, “linke” Führer mit Anführungszeichen, Feinde des Kommunismus, Agenten des Klassenfeindes, Trotzkisten, diese Arbeiter auf Abwege führen (wie das später mit der SAP z.T. noch geschah).
Die Geschichte hat im übrigen auch den Beweis erbracht, dass es falsch war (und ist), jeden linken sozialdemokratischen Führer als einen bewussten und gar noch den gefährlichsten Feind des Kommunismus zu bezeichnen (sonst wäre es nicht möglich, dass in unserer Partei nicht wenige ehemalige führende Mitglieder der SAP sich als gute Genossen bewährt haben.).
16. In dem Referat Ernst Thälmanns auf dem Essener Parteitag und in der Resolution des VI. Weltkongresses klingt auch schon die kurze Zeit danach entwickelte Theorie vom Sozialfaschismus an. Es werden – (wie später noch viel stärker) die – durchaus vorhandenen – Berührungspunkte der Sozialdemokratie mit dem Faschismus genannt, ohne gleichzeitig die sehr wesentlichen Unterschiede auch nur zu erwähnen. (Vgl. E. Thälmann, s.a.O., Bd. I. S.463; s. a. Anm. 17)
17. Die taktische Neuorientierung stieß auf starke Kritik und Opposition, die aber nicht einheitlich war. Die Brandler-Gruppe bekämpfte die taktische Wendung der Partei von im Grunde sozialdemokratischen Positionen aus.
Ähnlich wie 1923 die Ultralinken in ihrer Kritik an den rechtsopportunistischen Auffassungen und der Politik der Brandler-Führung recht gehabt hatten, ohne dass deshalb ihre eigene Position etwa eine richtigere, eine leninistische Position gewesen wäre, hatten jetzt die Rechten mit der Kritik an den linken Überspitzungen recht, ohne dass sie deshalb aufgehört hätten, eine rechtsopportunistische, sozialdemokratische Abweichung innerhalb der KPD darzustellen.
a) Sie waren nicht nur der Meinung, dass die Partei den Einfluss der reformistischen Partei- und vor allem der Gewerkschaftsführer auf die Arbeitermassen unterschätzt und deren politischen Reifegrad überschätzte (womit sie recht hatten), sondern sie hielten auch die Einschätzung der Partei und der K.I. für falsch, dass die Stabilisierung des Kapitalismus morsch und schwankend sei, teilten also die sozialdemokratische Auffassung von der Festigkeit und Dauerhaftigkeit dieser Stabilisierung.
b) Ihre Kritik an der Unterschätzung der Festigkeit des Masseneinflusses der Reformisten entsprang nicht einer realeren Einschätzung des Kräfteverhältnisses, sondern aus dem entgegen gesetzten Fehler der Überschätzung dieses Einflusses, sondern aus dem Unglauben an die Kraft der Partei und dem Bestreben nach Anpassung an die Sozialdemokratie (Losung der Produktionskontrolle als Echo auf die Losung der Wirtschaftsdemokratie; Losung “Zwingt die Bonzen” als versteckter Ausdruck der Auffassung, gegen die Gewerkschaftsbürokratie dürfe und könne die RGO keine selbständigen Wirtschaftskämpfe führen. (Vgl. Referat E. Thälmann auf dem XII. Parteitag und dem X. Plenum des EKKI, ebenda, Bd. II.) (Anm. 18)
Die Zurückweisung und Bekämpfung dieser Haltung war notwendig. Aber gleichzeitig wurden dabei sektiererische Fehler begangen, die Gen. Pieck auf dem VII. Weltkongress kennzeichnete. (14)
Diese Fehler waren kein Zufall, sondern ergaben sich aus der falschen Orientierung, nach der der Übergang zur selbständigen Leitung von Wirtschaftskämpfen nicht in erster Linie auf die Abwehr der Unternehmerangriffe zielte, sondern darauf, den Entscheidungskampf gegen die Sozialdemokratie als Frontalangriff zu eröffnen.
c) Am deutlichsten kam der Charakter der Rechten als sozialdemokratische Abweichung innerhalb der KPD durch die Art und Weise, wie sie den Kampf gegen die Parteiführung und die Parteilinie führten, zum Ausdruck.
Noch unter entscheidender Anteilnahme Lenins hatte der III. Weltkongress der K.I. in seinen Leitsätzen über den organisatorischen Aufbau der kommunistischen Parteien die These 51 aufgenommen: “Aber auch wenn der Beschluss der Organisation oder der Parteileitung nach der Meinung anderer Mitglieder fehlerhaft sei, dürfen diese Genossen in ihrem öffentlichen Auftreten nie vergessen, dass das schlimmste disziplinarische Vergehen und der schlimmste Fehler im Kampf doch ist, die Einheitlichkeit der gemeinsamen Front zu stören oder gar zu brechen.
Es ist oberste Pflicht jedes Parteimitgliedes, die kommunistische Partei und vor allem die Kommunistische Internationale gegen alle Feinde des Kommunismus zu verteidigen. Wer dies vergisst und im Gegenteil die Partei oder die Kommunistische Internationale öffentlich angreift, ist wie ein Gegner der Partei zu behandeln.” (Thesen und Resolutionen des III. Weltkongresses der K.I., 1921, Verl. Carl Hoym Nachf.)
Indem sie gegen diese Forderungen aufs Gröbste verstießen, stellten sie die Existenz der KPD als kommunistische Partei in Frage und reihten sich in die Reihen der Feinde des Kommunismus ein.
d) Der Kampf gegen die Rechten in der KPD musste auch deshalb mit aller Schärfe geführt werden, weil sie faktisch eine Art deutscher Sektion der Rechten in der KPdSU waren. (E. Thälmann, ebenda, Bd. II, S.175). Diese hatten sich zu jener Zeit unter Führung Bucharins zu einem Angriff auf die Linie der Partei formiert, mit einem Programm, das faktisch auf die Kapitulation vor den Schwierigkeiten des sozialistischen Aufbaus hinauslief. (Stalin, Werke, Bd.11, S.262-277, u. Bd. 12, S.17-24)
Die taktische Wendung der Partei stieß aber auch bei großen Teilen aktiver und guter Parteiarbeiter an der Basis auf starken Widerstand, weil sie fühlten und sahen, dass diese Wendung ihre Arbeit in den Gewerkschaften erschweren, die bereits errungenen Positionen gefährden und sie der Masse der Gewerkschaftsmitglieder entfremden musste. Darüber spricht z.B. der Bericht des Z.K. an den 12. Parteitag (19) sowie E. Thälmann auf dem erweiterten EKKI-Plenum im Februar 1930. (E. Thälmann, ebenda, Bd. II, S.321)
18. Aus der Tatsache, dass diese Wendung und ihre verschärfte Fortsetzung in der Zeit der Weltwirtschaftskrise eine Wendung zum Sektierertum war, erklärt es sich auch, dass auch nach dem Ausschluss der Rechten aus der Partei und nach der Liquidierung der Versöhnlergruppe alle Beschlüsse der KPD und der K.I. in der Folgezeit immer wieder die Feststellung treffen, dass die rechten Abweichungen von der Parteilinie die Hauptgefahr darstellen.
Die ständige Kritik an der eingeschlagenen Linie ergab sich eben nicht nur aus dem Opportunismus einzelner vom Sozialdemokratismus angekränkelter Elemente, sondern auch daraus, dass diese Linie im Widerspruch stand zu den Bedürfnissen des praktischen Kampfes um die Gewinnung der Mehrheit dem entgegen gesetzten Fehler der Überschätzung dieses Einflusses, dem Unglauben an die Kraft der Partei und dem Bestreben nach Anpassung an die Sozialdemokratie. (Losung der Produktionskontrolle als Echo auf die Losung der Wirtschaftsdemokratie; Losung “Zwingt die Bonzen” als versteckter Ausdruck der Auffassung, gegen die Gewerkschaftsbürokratie dürfe und könne die RGO keine selbstständigen Wirtschaftskämpfe führen. (Vgl. Referat E. Thälmanns auf dem XII. Parteitag und dem X. Plenum des EKKI, ebenda, Bd. II) (Anm. 18)
Die Zurückweisung und Bekämpfung dieser Haltung war notwendig. Aber gleichzeitig wurden dabei sektiererische Fehler begangen, die Gen. Pieck auf dem VII. Weltkongress kennzeichnete (Anm. 19).
Diese Fehler waren kein Zufall, sondern ergaben sich aus der falschen Orientierung, nach der der Übergang zur selbständigen Leitung von Wirtschaftskämpfen nicht in erster Linie auf die Abwehr der Unternehmerangriffe zielte, sondern darauf, den Entscheidungskampf gegen die Sozialdemokratie als Frontalangriff zu eröffnen.
Am deutlichsten kam der Charakter der Rechten als sozialdemokratische Abweichung innerhalb der KPD durch die Art und Weise, wie sie den Kampf gegen die Parteiführung und die Parteilinie führten, zum Ausdruck. Noch unter entscheidender Anteilnahme Lenins hatte der III. Weltkongress der K.I. in seine Leitsätze über den organisatorischen Aufbau der kommunistischen Parteien die These der Arbeiterklasse und für die Herstellung der Kampfeinheit der Arbeiterklasse gegen ihren Hauptfeind, den zum Faschismus strebenden deutschen Imperialismus, beschlossen.
Zusammenfassung
Am Anfang der Periode der relativen Stabilisierung gab es einen relativ kleinen Schritt links ab vom Kurs der leninistischen Strategie und Taktik (V. Weltkongress), der mit der offenkundigen Durchsetzung einer wenn auch nur relativen Stabilisierung zunächst korrigiert wird.
Mit dem Auftreten neuer Anzeichen eines Wiederanstiegs der revolutionären Welle erfolgt jedoch eine Wiederaufnahme des Weges, der links ab vom Wege der Strategie und Taktik des Leninismus führt.
Davon, ob diese Abweichung rechtzeitig erkannt und überwunden – oder aber weitergegangen wurde, hing es ab, ob die KPD und die K.I. den großen Anforderungen der kommenden Periode mit einer wirklich marxistisch-leninistischen Strategie und Taktik begegnen würde.
c) In der Periode der Weltwirtschaftskrise
Der Ausbruch der Weltwirtschaftskrise und die dadurch verursachte Erschütterung der kapitalistischen Ordnung festigte bei der Führung der Kommunistischen Internationale und der KPD die Überzeugung, dass der auf dem VI. Weltkongress und dem IV. RGI-Kongress eingeschlagene Kurs der einzig richtige sei, um unter Ausnützung der günstigen objektiven Bedingungen auf kürzestem und direktem Wege ans Ziel, d.h. zum Sieg des Proletariats in Deutschland zu kommen.
Deshalb wurde dieser Kurs nicht korrigiert, sondern im Gegenteil von fast jeder Tagung des EKKI und des ZK der KPD noch verschärft.
Im Folgenden eine kurze Zusammenstellung über die Stellungnahmen zu den wichtigsten Fragen der Strategie und Taktik in der Zeit vom 12. Parteitag der KPD bis zum XIII. EKKI-Plenum.
1. Zur Einschätzung der Situation des Kapitalismus und der revolutionären Bewegung
a) Im Gegensatz zur Einschätzung der Sozialdemokratie, der Rechten (Brandlerianer) und der Versöhnler, erwies sich die Einschätzung der relativen Stabilisierung als zeitweilig und morsch durch die K.I. und die Führung der KPD sowie ihre Voraussage der nahe bevorstehenden Ablösung dieser Stabilisierung durch eine neuerliche Krise und in deren Folge eines neuen revolutionären Aufschwungs als allein richtig.
b) Die K.I. und die KPD wiesen auch richtig darauf hin, dass diese Krise natürlich nicht zu einem automatischen Zusammenbruch des Kapitalismus führen würde, weil es keine für die Bourgeoisie absolut ausweglose Lage gibt, sondern dass es Aufgabe der kommunistischen Parteien ist, die Lage für die Bourgeoisie ausweglos zu machen.
c) Die Einschätzung der K.I. und der KPD war dennoch nicht völlig frei von Elementen der Hoffnung auf eine spontane, elementare Revolutionierung der Massen, insbesondere der sozialdemokratischen Arbeiter, und von einer gewissen Unterschätzung der ökonomischen und politischen Möglichkeiten der Bourgeoisie, einen Ausweg aus der Krise zu finden.
Sie erkannte auch nicht rechtzeitig, dass im Herbst 1932 der Tiefpunkt der Krise durchschritten wurde, sondern erwartete eine noch weitere Vertiefung und Verschärfung der Krise, wodurch die Korrektur der strategischen und taktischen Fehler auch nach dem Sieg des Faschismus in Deutschland noch verzögert wurde. (20)
2. Einschätzung der Sozialdemokratie
a) Durch den Beginn und die Verschärfung der Krise wurde die Auffassung bestärkt, dass die Sozialdemokratie einer raschen Zersetzung entgegengeht und die sozialdemokratischen Arbeiter in ihrer großen Mehrheit den Weg zur KPD finden würden.
Die gleiche Erwartung wurde in Bezug auf die reformistischen Gewerkschaften gehegt, was zu dem Beschluss des V. RGI-Kongresses im September 1930 führte, die RGO in Deutschland zu einer eigenen Gewerkschaftsbewegung auszubauen. (21)
Eine Kombination der Einheitsfronttaktik von unten mit einem Herantreten an die Spitzen der SPD und der freien Gewerkschaften erschien deshalb der Führung der KPD weniger denn je nötig zu sein. Gleichzeitig hielt sie das auch weniger denn je für möglich, weil die rechten SPD- und Gewerkschaftsführer immer offener und schamloser die Offensive des Kapitals auf die Arbeiterklasse und die Faschisierung der Weimarer Republik selbst aktiv durchführten (Herrmann-Müller-Regierung) oder aber durch ihre Tolerierungspolitik erst möglich machten (unter Brünung-Papen-Schleicher). Aus diesem Grunde wurde das Verhältnis zur Führung der SPD und der Freien Gewerkschaften auch dann nicht geändert, als sich die Erwartung auf ein schnelles Dahinschwinden ihres Masseneinflusses als trügerisch erwiesen hatte.
b) In dieser ganzen Periode kennzeichnete die K.I. und die KPD die sozialdemokratischen Parteien und ganz besonders die SPD als sozialfaschistische Parteien, als Hauptstütze der Bourgeoisie, gegen die der Hauptstoß zu führen sei. Die linken Sozialdemokraten (u.a. Seydewitz) wurden als gefährlichste Abart des Sozialfaschismus eingeschätzt, gegen die besonders heftig gekämpft werden müsse.
c) Obwohl die Kennzeichnung der Politik der rechtssozialistischen Führer als Politik des schändlichsten Verrats an den Interessen der Arbeiterklasse und der Wegbereitung für den Faschismus vollkommen richtig war, waren die wesentlichsten Schlussfolgerungen, die seitens der K.I. und der KPD daraus gezogen wurden, irrig. Das betrifft vor allem die Theorie des “Sozialfaschismus”; die Einschätzung der SPD als Hauptstütze der Bourgeoisie bis 1933 und die These, dass der Hauptstoß gegen die SPD geführt werden müsse.
3. Zur Theorie vom “Sozialfaschismus”
Das Wesentliche dieser Theorie wurde vom X. EKKI-Plenums (Juli 1929) so formuliert: “Eine besondere Form des Faschismus in Ländern mit starken sozialdemokratischen Parteien ist der Sozialfaschismus.” (Material Parteihochschule, S. 175)
Das XI. EKKI-Plenum (April 1931) traf folgende Feststellungen: “Die Sozialdemokratie … ist der aktivste Faktor und Schrittmacher der Faschisierung des kapitalistischen Staates.” (Ebda., S. 214)
Bei Ernst Thälmann finden sich u.a. folgende Erklärungen: “Der Sozialfaschismus (ist) der Waffenträger der faschistischen Diktatur.” (E. Thälmann, Reden und Aufsätze, Bd. 2, S.379. – Märzplenum 1930 des ZK der KPD)
“Wenn zum Beispiel in der letzten Zeit ein Vertreter des Nationalfaschismus in die thüringische Regierung eingetreten ist, so beweist das, dass der Nationalfaschismus allmählich von seiner ursprünglichen zügellosen Agitation abgeht und im Rahmen der Verfassung der deutschen Republik ähnliche Aufgaben für die Durchführung des Youngplans erhält wie der Sozialfaschismus. Besonders die jüngste Entwicklung in Deutschland zeigt eine fortschreitende Verschmelzung des Sozialfaschismus mit dem Nationalfaschismus.” (Reden und Aufsätze, Bd. 2, S. 312. – Erw.Präs. des EKKI, Febr.1930)
“Aber noch schlimmer ist die Tatsache, dass sich … Tendenzen einer liberalen Gegenüberstellung von Faschismus und bürgerlicher Demokratie, von Hitler-Partei und Sozialfaschismus in unseren Reihen gezeigt haben. …
…Auch in den Reihen des revolutionären Proletariats (waren) nicht ohne unser Verschulden mindestens unbewusst Stimmungen vorhanden, als ob die Braun-Severing vielleicht doch ein ‘kleineres Übel’ gegenüber einer Hitler-Goebbels-Regierung in Preußen wären.” (Einige Fehler in unserer theoretischen und praktischen Arbeit und der Weg zu ihrer Überwindung. In: “Die Internationale”, Nov.-Dez.1931, Heft 11/12)
“Das 11. Plenum hat … einen Stoß gegen jede liberale Gegenüberstellung dieser beiden Stützen des kapitalistischen Systems geführt. Wir haben in Deutschland … gegenüber manchen abweichenden und unklaren Auffassungen die richtige Auffassung entsprechend der Stalinschen Definition von den Zwillingen durchgesetzt. Man kann sagen, dass die gesamte politische Entwicklung in Deutschland im Verlauf der letzten Jahre geradezu einen anschaulichen Unterricht für die Richtigkeit dieser Stalinschen These bilden, wonach Faschismus und Sozialfaschismus nicht Widersacher, sondern Zwillinge sind, die sich nicht gegenseitig ausschließen, sondern einander ergänzen.” (3. Parteikonferenz der KPD “Im Kampf gegen die faschistische Diktatur”).
Zur Begründung dieser Auffassung, nach der die Sozialdemokratie ebenso gut wie etwa der Hitlerfaschismus Träger einer faschistischen Diktatur sein könne, wurden verschiedene Momente angeführt.
1. Beide, Sozialdemokratie und Nationalsozialismus bzw. faschistische Bewegung, sind Stützen der kapitalistischen Ordnung.
2. Beide müssen deshalb diese Ordnung mit den Mitteln verteidigen, die durch die objektiven Bedingungen notwendig werden.
3. In der Zeit der sich zuspitzenden Wirtschaftskrise und des sich verschärfenden Klassenkampfes erfordert die Verteidigung des Kapitalismus die Anwendung faschistischer Methoden, deshalb müssen sich alle bürgerlichen Parteien einschließlich der Sozialdemokratie faschisieren, Schrittmacher und Träger der faschistischen Diktatur werden.
4. Aus diesem Grund sind Sozialdemokratie und Faschismus “Zwillingsbrüder”. Diese These Stalins aus dem Jahre 1924 erlangte jetzt neue Aktualität und lieferte die theoretische Begründung für die Kennzeichnung der SPD als “sozialfaschistische” Partei.
5. In der Praxis der Sozialdemokratie und der Taktik der Bourgeoisie gab es viele Momente, die diese Theorie zu bestätigen schienen. Als solche Momente wurden auf den verschiedenen Kongressen und Tagungen der KPD und der K.I. u.a. erwähnt: Das Verwachsen der Spitzen der Sozialdemokratie mit dem Staatsapparat und dem Finanzkapital; die Anwendung faschistischer Methoden durch sozialdemokratische Staatsfunktionäre gegen revolutionäre Arbeiter (1. Mai 1929, RFB-Verbot, usw.); die offene Tolerierung Brünings und die verhüllte Tolerierung Papen-Schleichers; die Bereitschaft sozialdemokratischer Führer zur Zusammenarbeit mit Nazis in der Regierung (Leipart-Strasser); die aktive Rolle der Sozialdemokratie in der antisowjetischen Kriegsfront, usw. usf..
Dennoch ging die Theorie vom “Sozialfaschismus” von falschen Voraussetzungen aus. Sie war eine mechanische, falsche Weiterführung der Leninschen Kennzeichnung der Entwicklung der Sozialdemokratie zum Sozialimperialismus und Sozialchauvinismus.
Der Ausdruck “Sozialimperialismus” kennzeichnet vollinhaltlich die Evolution der Sozialdemokratie, die durch den offenen Übertritt der (meisten) Parteien der II. Internationale ins Lager des Imperialismus beim Ausbruch des ersten Weltkrieges zutage trat.
Der Ausdruck “Sozialchauvinismus” kennzeichnete die damit verbundene Übernahme einer bestimmten imperialistischen Ideologie durch die sozialdemokratischen Führer, um mit ihr die Arbeiterklasse zu verseuchen und die entsprechende chauvinistische Politik der Bourgeoisie den Arbeitern schmackhaft zu machen oder sogar selbst durchzuführen. Dagegen ist das Neue am Faschismus nicht, dass er dem Imperialismus dient – das tat und tut die Sozialdemokratie schon lange; auch nicht seine “Ideologie” – die ist zum größten Teil ein Sammelsurium älterer reaktionärer Ideen. Das Wesentliche am Faschismus ist vielmehr, dass er eine andere Form der Ausübung der Herrschaft des Imperialismus ist als die bürgerliche Demokratie, nämlich “die offene terroristische Diktatur der am meisten reaktionären, chauvinistischen und imperialistischen Elemente des Finanzkapitals.” (Thesen des XIII. EKKI-Plenums vom Dezember 1933, in Material der PHS., S. 266)
Das Ziel dieser Diktatur ist “die blutige Zerschmetterung der gesamten Arbeiterbewegung”, wie die Resolution des Polbüros des ZK der KPD vom 4. Juni 1930 richtig feststellt (Zur Geschichte der KPD, … S. 265), also nicht nur der revolutionären Vorhut der Arbeiterklasse, wie der VI. Weltkongress der K.I. im Programm der K.I. noch formuliert hatte. (22)
Die Formulierung “Sozialfaschismus” wäre nur dann zutreffend, wenn die SPD zum Träger der faschistischen Diktatur, d.h. der offenen, terroristischen Diktatur über die gesamte Arbeiterklasse und deren Organisationen werden könnte, ohne dass sie damit aufhörte, Sozialdemokratie zu sein, d.h. Agentur der Bourgeoisie, deren spezifischer Wert für die Bourgeoisie darin besteht, dass sie das Vertrauen eines erheblichen Teiles der organisierten Arbeiterklasse besitzt. Das aber ist unmöglich. Die Sozialdemokratie kann direkter Träger der bürgerlichen Herrschaft nur unter der Bedingung sein, dass ihr die Bourgeoisie ein Mindestmaß an Spielraum zur Vertretung ökonomischer und politischer Forderungen der Arbeiterklasse lässt, d.h. unter der Bedingung, dass noch ein Mindestmaß an bürgerlicher Demokratie erhalten bleibt.
Wo die Bourgeoisie dieses Mindestmaß nicht mehr gewährleisten kann oder will (wie z.B. in der Weltwirtschaftskrise in Deutschland), kann die Sozialdemokratie nicht Regierungspartei bleiben, ohne ihren spezifischen Wert für die Bourgeoisie aufs Spiel zu setzen, nämlich, große Teile der Arbeiterklasse vom Abschwenken zum Kommunismus abzuhalten.
Zwar kann auch die Sozialdemokratie mit den Mitteln blutigster Gewaltanwendung regieren (Noske, Zörgiebel!), aber erstens nur dann, wenn sich diese Gewaltanwendung nur gegen einen Teil der Arbeiterklasse wendet (nicht zum Beispiel gegen die Freien Gewerkschaften, auf die sie sich selbst stützt), und zweitens gewöhnlich nur als Ausnahme, nicht als Hauptmethode ihrer Regierung.
Zur Ausübung der faschistischen Diktatur muss sich deshalb die Bourgeoisie andere Instrumente schaffen, nicht etwa, weil Sozialdemokratie und Faschismus dem Klasseninhalt ihrer Politik nach unversöhnliche Gegensätze bilden würden, sondern weil die Art und Weise, wie beide die Bourgeoisie vor dem Ansturm der Arbeiterklasse zu bewahren suchen, in ihrem Hauptakzent verschieden sind.
Wenn auch die Sozialdemokratie nicht selbst Träger der faschistischen Diktatur sein kann, ohne sich als Sozialdemokratie aufzugeben, ist sie für die Bourgeoisie dennoch von großer Wichtigkeit in der Übergangsphase von der bürgerlichen Demokratie zur faschistischen Diktatur. In dieser für die Bourgeoisie kritischen Situation des Überganges von der einen zur anderen Herrschaftsform, wo sie auf dem einen Bein schon nicht mehr und auf dem anderen noch nicht fest steht, hat die Sozialdemokratie die Funktion, die Bourgeoisie gegen die Angriffe der Arbeiterklasse abzuschirmen. Ob sie diese Funktion zu erfüllen vermag oder nicht, hängt weitgehend davon ab, ob die kommunistische Partei ihr erlaubt, diese Rolle zu spielen.
Aus all den genannten Gründen ist die Kennzeichnung der Sozialdemokratie als “Sozialfaschismus” oder “Zwillingsbruder” des Faschismus nicht nur taktisch unzweckmäßig, sondern inhaltlich falsch und unzutreffend. (23)
Diese falsche Kennzeichnung der Sozialdemokratie entspringt mindestens folgenden weiteren Irrtümern:
Erstens einer völlig einseitigen Beurteilung der Sozialdemokratie nur nach der Politik der rechten Führer, unter völliger Außerachtlassung der proletarischen Potenzen innerhalb der sozialdemokratischen Partei;
zweitens einer falschen Auffassung über das Verhältnis von bürgerlicher Demokratie und Faschismus und
drittens einer unrichtigen Analyse der Kräfteumgruppierung und Kräfteverschiebung im Lager der Bourgeoisie im Verlaufe der Regierungen Brüning, Papen, Schleicher.
4. Außerachtlassung der proletarischen Potenzen in der SPD
Es kann keinen Zweifel darüber geben, dass die überwiegende Mehrheit der Mitglieder und Anhänger der SPD und der Freien Gewerkschaften den Faschismus hassten, gegen ihn kämpfen wollten, und nicht zuletzt gerade deshalb zur SPD hielten, weil sie in ihr eine antifaschistische Kraft sahen.
Wenn man dennoch die Sozialdemokratie als “gemäßigten Flügel des Faschismus” betrachtet, dann muss man entweder davon ausgehen, dass die Sozialdemokratie ihre soziale Basis auf Schichten verlagert, die nicht antifaschistisch, sondern faschistisch gestimmt sind, oder aber, dass die proletarischen Massen, auf die sich die Führung der Sozialdemokratie stützt, keinerlei Einfluss auf die Politik der Sozialdemokratie auszuüben imstande sind, d.h. dass die Führung dieser Partei, der SPD, eine Politik betreiben kann, ohne Rücksicht auf die soziale Zusammensetzung und die objektiven Klasseninteressen ihrer Anhängerschaft nehmen zu müssen. In der Tat ging die KPD, als die Theorie vom Sozialfaschismus entwickelt wurde, wie bereits gezeigt, davon aus, dass die Sozialdemokratie den Schwerpunkt ihrer sozialen Basis vom Industrieproletariat auf das Kleinbürgertum verlegen würde, als unvermeidliches Ergebnis der Rechtsschwenkung der sozialdemokratischen Führung und der Linksentwicklung der sozialdemokratischen Arbeiter. (Vgl. 12. Parteitag der KPD)
Die Annahme, dass eine solche Entwicklung in der Absicht der Bourgeoisie oder der sozialdemokratischen Führung liegen könnte, oder dass sie einer solchen Entwicklung auch nur gleichgültig gegenüberstehen würden, bedeutete allerdings anzunehmen, dass sie die proletarischen Anhänger der Sozialdemokratie freiwillig dem Kommunismus überlassen würden, bedeutete also eine gewaltige Unterschätzung der Erfahrung, Wendigkeit, Manövrierfähigkeit und Klugheit des Klassenfeindes und seiner Handlanger.
Schon nach recht kurzer Zeit zeigte es sich, dass die Annahme von der automatischen Verlagerung des Schwergewichts der sozialen Basis der Sozialdemokratie vom Proletariat auf das Kleinbürgertum eine Fehlrechnung war. Die entscheidende soziale Basis der Sozialdemokratie blieben die in den Freien Gewerkschaften und in den anderen von der Sozialdemokratie beherrschten proletarischen Organisationen organisierten Arbeiter. (Vgl. E. Thälmann, Bd.2, Seiten 110, 370, 375/76, 388/89, 467/68, 470; – siehe auch Anm. 24)
Die Theorie vom Sozialfaschismus konnte unter diesen Umständen nur aufrecht erhalten bleiben, wenn man davon ausging, dass die proletarischen, antifaschistischen Massen keinerlei Möglichkeit hatten, irgendeinen Einfluss auf die Führung der sozialdemokratischen Partei zugunsten des Kampfes gegen den Faschismus zu nehmen, wenn man also die SPD trotz ihrer proletarischen Anhängerschaft nicht mehr als “bürgerliche Arbeiterpartei”, sondern nur noch als bürgerliche Partei betrachtete, deren Politik ausschließlich von der Bourgeoisie und nicht im mindesten auch von der Rücksicht auf die Interessen der eigenen Anhänger bestimmt wird. Bei einer solchen Einschätzung der Sozialdemokratie ist es unvermeidlich, dass nicht nur die opportunistische Unterordnung unter die Sozialdemokratie bekämpft wird, die sich bei Brandler hinter der Losung “Zwingt die Bonzen” versteckte, sondern jegliche Politik, die den Versuch unternimmt, die Führung der SPD unter den Druck der Massen zu setzen, um sie zu zwingen, diesem Druck nachgebend bestimmte Forderungen der Arbeiter zu vertreten bzw. bestimmte Versprechungen einzulösen.
Abgesehen davon, dass die Auffassung, die rechte Führung der Sozialdemokratie könne ohne Rücksicht auf die Klasseninteressen der Arbeitermassen tun was sie wolle, ein Abgehen vom historischen Materialismus in der Richtung zum Voluntarismus und eine Unterschätzung der Rolle der Volksmassen darstellt, ergab sich folgender Widerspruch in der Einschätzung der Sozialdemokratie durch die KPD: Einerseits glaubt man, dass es nicht möglich sei, die sozialdemokratischen Arbeiter zu veranlassen, einen solchen Druck auf ihre Führer auszuüben, der diese zwänge, ihren Worten über den Kampf gegen den Faschismus auch Taten folgen zu lassen oder sie wenigstens daran hinderte, den Faschisierungsprozess zu begünstigen. Andererseits schätzte man aber den Grad des Bewusstseins der sozialdemokratischen Arbeiter für so entwickelt ein, dass man annahm, sie wären bereit, auf unsere Aufforderung hin gemeinsam mit der KPD gegen ihre Führer zu kämpfen. (Vgl. Thälmann, Bd. 2, Seite 383)
Die Praxis widerlegte sehr bald sowohl die Auffassung, dass die sozialdemokratischen Führer keine Rücksicht auf ihre proletarischen Anhänger zu nehmen brauchten oder nicht nehmen könnten, als auch die andere, dass die sozialdemokratischen Arbeiter in ihrer Masse bereit wären, mit der KPD gegen ihre Führer zu kämpfen. Die entsprechenden Tatsachen wurden von der Führung der KPD auch registriert, ohne jedoch daraus die Notwendigkeit einer Korrektur der Linie gegenüber der Sozialdemokratie abzuleiten. Sie zog vielmehr zeitweilig die entgegen gesetzte Schlussfolgerung, nämlich die der Verstärkung des Hauptstoßes gegen die Sozialdemokratie.
Sie ging bei ihrer Einstellung zu den durch den Druck der Massen erzwungenen Manöver der SPD nur davon aus, dass diese Manöver die sozialdemokratischen Arbeiter davon abhalten sollten, zur KPD zu kommen, und versuchte diese Absicht zu durchkreuzen, indem sie sie vor den Massen aufdeckte und mit Worten entlarvte. Sie lehnte aber ausdrücklich eine solche Form der Durchkreuzung dieser Manöver als opportunistisch ab, die durch hartnäckig wiederholtes Herantreten an die Führung der Sozialdemokratie diese ständig vor die Alternative stellte, entweder ihren radikalen Worten Taten folgen zu lassen, oder aber sich selbst vor den Massen durch Taten als Betrüger und Lügner zu entlarven. (25)
Diese falsche, einseitige Einschätzung der Sozialdemokratie nur nach ihren rechten Führern unter Außerachtlassung ihrer proletarischen Mitglieder und Anhängerschaft bildete eine wesentliche Grundlage für die falsche Theorie vom Sozialfaschismus und für die aus ihr entspringenden sektiererischen Fehler.
5. Falsche Auffassungen über das Verhältnis von bürgerlicher Demokratie und Faschismus
Eine weitere Grundlage für die falsche Einschätzung der Sozialdemokratie als “Sozialfaschismus” ist in der irrigen Gleichsetzung der bürgerlichen Demokratie mit der faschistischen Diktatur zu suchen.
Die unbestreitbare Wahrheit, dass beide, sowohl die bürgerliche Demokratie als auch der Faschismus, Formen der Diktatur der Bourgeoisie darstellen, wurde zu der gefährlich falschen Schlussfolgerung übertrieben, dass für das Proletariat die eine wie die andere Form gleichermaßen bekämpfenswert sei. Die Auffassung, dass es auch im Interesse der Arbeiterklasse liege, die bürgerliche Demokratie gegen die faschistische Gefahr zu verteidigen, wurde als Opportunismus gebrandmarkt. (26) Diese falsche Schlussfolgerung ergab sich
erstens aus dem Bestreben, die sozialdemokratische Theorie des “kleineren Übels” zu zerschlagen;
zweitens aus der bereits erwähnten Verkennung der wahren Bedeutung der Kräfteumgruppierung im Lager der deutschen Bourgeoisie;
drittens daraus, dass die KPD beide, die bürgerliche Demokratie wie den Faschismus in erster Linie vom Standpunkt des erstrebten Endzieles, der Diktatur des Proletariats aus beurteilte (also von einem Standpunkt, der aus der Zukunft in die Gegenwart projiziert wurde), statt vom Standpunkt der Gegenwartsinteressen des vom Faschismus bedrohten deutschen Proletariats.
Die SPD-Führer rechtfertigten ihre verräterische Tolerierung Brünings wie auch später die Aufforderung zur Wahl Hindenburgs bekanntlich mit der Erklärung, Brüning und Hindenburg, wie später Papen und Schleicher seien das kleinere Übel im Vergleich zu Hitler, und um das größere zu vermeiden, müsse man das kleinere Übel dulden.
In dem Bestreben, nachzuweisen, dass diese “Theorie” falsch und gefährlich und lediglich dazu angetan ist, dem Faschismus den Weg zu bahnen, erklärte die KPD nicht nur, dass man, um das größere Übel zu verhindern, schon gegen das kleinere Übel ankämpfen, dass man bereits den Anfängen wehren müsse, sondern gelangte schließlich dazu, jeden Unterschied zwischen einer Regierung Brüning und einer Regierung Hitler, ja sogar zwischen einer Regierung Braun-Severing und einer Regierung Hitler-Goebbels zu leugnen. (27)
Die doktrinäre Befangenheit in einem solchen Schema hinderte die KPD daran, den wirklichen Sinn der Übergänge von der ersten zur zweiten Brüning-Regierung, von Brüning zu Papen und von Papen zu Schleicher völlig richtig zu erkennen, wie andererseits die Missdeutung dieser Veränderungen die Befangenheit in diesen irrigen Schemata verstärkte.
Die wichtigsten Faktoren zur richtigen Deutung des Weges von der Regierung Müller über Brüning-Papen-Schleicher zu Hitler sind m. E. folgende:
a) die ständige Verschärfung der Weltwirtschaftskrise bis zum Herbst 1932 und die daraus hervorgegangene politische Krise der bürgerlichen Herrschaft in Deutschland.
b) Die Abneigung und Furcht des deutschen Monopolkapitals vor einer Errichtung der faschistischen Diktatur auf dem Wege des Staatsstreiches in Erinnerung an die Folgen des Kapp-Putsches 1920.
c) Daraus entspringend die Notwendigkeit der Schaffung einer faschistischen Massenbewegung, um auf parlamentarischem “verfassungsmäßigem” Wege zur Errichtung der faschistischen Diktatur gelangen zu können.
d) Der erbitterte Konkurrenzkampf zwischen den verschiedenen Gruppen des Monopolkapitals um die Beherrschung dieses neuen Instruments zur Sicherung der Diktatur des Kapitals sowie die Meinungsverschiedenheiten über die Art und Weise seiner Anwendung.
Die KPD hat bei ihren Überlegungen, welche Folgen die weitere Verschärfung der Krise mit sich bringen würde, die eine Seite, die Revolutionierung der Massen, überschätzt, gleichzeitig aber die andere Seite, nämlich die verstärkten Anstrengungen der Bourgeoisie zur Errichtung der vollendeten faschistischen Diktatur, unterschätzt.
Die KPD, vor allem aber die Führung der K.I. hatten eine unrichtige Vorstellung von den Bedingungen der Errichtung der faschistischen Diktatur in Deutschland.
So führte z.B. Manuilski auf dem XI. EKKI-Plenum aus: “Die Errichtung der faschistischen Diktatur kann auf verschiedene Weise erfolgen: nach und nach, d.h. auf dem so genannten ‘trockenen’ Wege, dort, wo eine starke Sozialdemokratie vorhanden ist, die das Proletariat dadurch entwaffnet, dass sie es auffordert, auf dem Boden der Gesetzlichkeit zu bleiben, wobei sie dem Faschismus eine Position nach der anderen ausliefert und das Proletariat zur Kapitulation vor ihm führt, wie z.B. in Österreich. An der Durchführung der faschistischen Diktatur ‘auf trockenem Wege’ arbeitet die deutsche Sozialdemokratie. Aber gerade deshalb, weil es in Deutschland eine starke kommunistische Partei gibt, die tagaus tagein die Arbeiter zum Kampf gegen die sich faschisierende bürgerliche Diktatur mobilisiert, kommt der österreichische Weg der Durchführung der faschistischen Diktatur für Deutschland nicht in Frage.” (A.a.O., S. 42/43).
In Wirklichkeit war die Stärke der KPD gerade ein entscheidender Grund dafür, dass die deutsche Bourgeoisie 1932/33 keinen Staatsstreich wagte, weil er mehr noch als 1920 die Gefahr in sich barg, dass die rechten SPD- und Gewerkschaftsführer ihre Anhänger nicht mehr von einer gemeinsamen Abwehraktion mit den kommunistischen Arbeitern zurückhalten könnten. Gerade deshalb war der kluge strategische Plan des ausschlaggebenden Teiles der deutschen Bourgeoisie, der die Möglichkeiten und Grenzen aller seiner Hilfskräfte richtig abzuschätzen verstand, darauf gerichtet, den Übergang zur faschistischen Diktatur auf “legale” Weise zu vollziehen, um so auch den rechten SPD- und Gewerkschaftsführern die denkbar größten Möglichkeiten zum Ausweichen und Manövrieren gegenüber etwaigen kommunistischen Einheitsfrontangeboten zu lassen. Alle genannten und noch andere Fehler und Irrtümer trugen dazu bei, dass die KPD die Gefährlichkeit des Hitlerfaschismus für die Arbeiterbewegung gewaltig unterschätzte. (28) Der Hauptirrtum bestand darin, dass sie nicht bis zu Ende klar erkannte, dass das Ziel aller Gruppen des deutschen Monopolkapitals seit der Ablösung der Herrmann-Müller-Regierung die Einbeziehung der Nazis in die Regierung, die Ablösung der einen Stütze ihrer Herrschaft – der SPD – durch die andere, die NSDAP, war und sein musste.
Anstatt Brüning, Papen, Schleicher als Entwicklungsetappen eines einheitlichen, wenn auch widerspruchsvollen Prozesses zu begreifen, der auf die volle Entfaltung der faschistischen Diktatur mit der NSDAP als Basis hinzielte, betrachtete die KPD die jeweils erreichte Etappe dieses Prozesses sozusagen statisch, als eine selbständige Form der bereits errichteten faschistischen Diktatur (wieweit Ansätze einer richtigen Einschätzung vorhanden waren, siehe Anm. 26! ). So wurde während der Brüning-Regierung die wechselseitige Ausnutzung der Sozialdemokratie und der NSDAP lange Zeit als die für Deutschland spezifische Form der Ausübung der faschistischen Diktatur betrachtet, die zu einer “Verschmelzung” des “Sozialfaschismus” mit dem “Nationalfaschismus” führen würde. (29)
Man muss aber auch sagen, dass die deutsche Bourgeoisie, hätte sie es bewusst darauf angelegt, die Kommunisten in ihren irrigen Auffassungen und falschen Vorstellungen über die Sozialdemokratie und das Verhältnis von bürgerlicher Demokratie und Faschismus zu bestärken und tiefer zu verstricken, kaum eine geeignetere Lösung hätten finden können als die Ära Brüning vom März 1930 bis Mai 1932.
Einer richtige Analyse wurde der KPD auch dadurch erschwert, dass sie offensichtlich nur ungenügende Kenntnisse hatte von den internen erbitterten Kämpfen zwischen den verschiedenen Gruppen des Monopolkapitals um die führende Rolle bei der Errichtung der faschistischen Diktatur und über das Kräfteverhältnis der einzelnen Gruppen. Die Kenntnis dieser Kämpfe aber liefert erst den Schlüssel zum Verständnis der politischen Konstellation und des Ablaufs der Ereignisse, die mit der Machtübergabe an Hitler endeten. Es gehört mit zu den größten Verbrechen der rechten sozialdemokratischen Führer, dass sie diese internen Vorgänge und Pläne kannten, sie aber der deutschen Arbeiterklasse verschwiegen, statt Alarm zu schlagen.
6. Endziel Sowjetdeutschland
Trotz des Anwachsens der faschistischen Gefahr blieb die strategische Zielsetzung der KPD bis zum 30. Januar 1933 (und noch lange danach!) “Sowjetdeutschland”, also der unmittelbare Kampf um die Diktatur des Proletariats.
Es ist heute, nach all den Erfahrungen, die uns die Geschichte vermittelt hat, natürlich leicht, festzustellen, dass das ein schwerwiegender Fehler war. Aber damals war es sehr schwierig, die Lösung zu finden, die uns heute so selbstverständlich erscheint. Es sei aber nur daran erinnert, dass selbst noch der VII. Weltkongress der K.I. und die Brüsseler Konferenz der KPD an der Losung “Sowjetdeutschland” als Hauptlosung festhielten! Im Programm der K.I., das vom VI. Weltkongress beschlossen worden war, hieß es in dem Abschnitt: “Der Kampf für die Weltdiktatur des Proletariats und die Haupttypen der Revolution: “Hochentwickelte kapitalistische Länder (Vereinigte Staaten, Deutschland, England usw.) … In diesen Ländern ist die politische Hauptforderung des Programms der unmittelbare Übergang zur Diktatur des Proletariats.” (Die K.I., Material PHS, S.45/46)
Mit dieser Formulierung wurde ausdrücklich abgelehnt, für diese Länder die Möglichkeit von Übergangs- oder Zwischenstadien auf dem Wege zur proletarischen Diktatur ins Auge zu fassen, wie das z.B. für die kapitalistisch weniger entwickelten Länder geschah.
Wie schon gezeigt, entsprang diese Stellungnahme unter anderem den bösen Erfahrungen, die 1923 mit der Politik der “Arbeiterregierung” in Sachsen gemacht worden waren.
Mit dem Ausbruch der Weltwirtschaftskrise, der damit verbundenen Erwartung des nahen Beginns des neuen Turnus der proletarischen Revolutionen; mit der Radikalisierung der Massen und der Erwartung des Heranreifens der revolutionären Krise in Deutschland festigte sich die Auffassung noch mehr, dass der Kampf in Deutschland nur unter der Losung des unmittelbaren Kampfes für den Sozialismus, für die proletarische Revolution geführt werden könne und dürfe, dass alle Teilforderungen mit dieser zentralen Losung verbunden und ihr untergeordnet werden müssten. (Programmerklärung zur nationalen und sozialen Befreiung; Bauernhilfsprogramm; Arbeitsbeschaffungsprogramm)
Auf dem erweiterten Präsidium des EKKI im Februar 1930 führte Manuilski aus: “Wie steht es mit den hoch entwickelten kapitalistischen Ländern, wo nur die proletarische Revolution möglich ist? In diesen Ländern ist die bürgerliche Demokratie eine bereits durchschrittene Phase. Hier tragen die politischen Teilforderungen des Proletariats einen ausgesprochenen Klassencharakter. Auf die aufgestellten Teilforderungen hat die Tatsache des Bestehens der Sowjetunion und der proletarischen Diktatur in der Sowjetunion einen entscheidenden Einfluss.
Kann man z.B. annehmen, dass die deutsche Partei im Falle des Versuches eines faschistischen Umsturzes die Parole des allgemeinen Wahlrechts und der Verteidigung der Demokratie aufstellt? Oder wird die kommunistische Partei, wenn die ‘Rote Fahne’ verboten wird, die Losung der Pressefreiheit im allgemeinen aufstellen? Hier wird ja die ‘Freiheit’ der bürgerlichen Presse von niemanden bedroht. Oder wird die KPD, wenn der Versuch unternommen wird, unsere Partei in Deutschland in die Illegalität zu treiben, die Parole der Koalitionsfreiheit aufstellen? Die bürgerlichen Parteien und ihre Presse sind doch in Deutschland die Verwirklicher und Initiatoren der faschistischen Diktatur.
Deshalb werden die deutschen Genossen für die Freiheit der Arbeiterpresse, für die Freiheit der Arbeiterorganisationen, für die Freiheit der Arbeiterversammlungen kämpfen, denn in den fortgeschrittenen kapitalistischen Ländern sind die Klassengrenzen so scharf gezogen, dass wir dies bei der Aufstellung von Teilforderungen nicht außer acht lassen können.” (D. Manuilski, Die Weltwirtschaftskrise und der revolutionäre Aufstieg, S. 53/54)
Je weiter die Krise sich verschärfte, je größere Massen der Werktätigen nach einem antikapitalistischen Ausweg aus der Krise suchten, desto mehr war die Führung der KPD und der K.I. davon überzeugt, dass der Augenblick heranreifte, der es der KPD ermöglichte, diese Massen zum Sturmangriff gegen den Kapitalismus zu führen.
Etwas vereinfacht dargestellt sah die Partei die Lage und die revolutionäre Perspektive so: Die überwiegende Mehrheit der Werktätigen in Deutschland will mit dem Kapitalismus Schluss machen, will den Sozialismus, wie die Wahlergebnisse zeigen.
1930 1932
Für den Sozialismus stimmten 1930 1932
die Wähler der KPD 4,5 Mill. 5,9 Mill.
die Wähler der SPD 8,5 Mill. 7,2 Mill.
die Mehrzahl der Wähler der NSDAP 6,3 Mill. ca.12,0 Mill.
rd.20 Mill. rd.25 Mill.
Dieses Millionenheer müssen wir unter unserer Fahne sammeln. Diese Aufgabe ist zu lösen, denn: wir sind die einzigen, die diesen Massen den Weg zum Sozialismus zeigen können.
Wir sind die einzigen, die sozialistische Taten und sozialistische Erfolge aufweisen können, nämlich die Erfolge des sozialistischen Aufbaus in der Sowjetunion.
Nur wir sind gegen jede Zusammenarbeit mit der Bourgeoisie, für den revolutionären Sturz der kapitalistischen Gesellschaftsordnung. Alle anderen Parteien sind Koalitionsparteien, Regierungsparteien.
Wir müssen sie und sie müssen sich selbst vor den Massen entlarven als Stützen des Kapitalismus, und die von der SPD und den Nazis enttäuschten Massen werden den Weg zu uns finden, wenn wir den Kampf gegen beide prinzipiell scharf genug führen.
So Vieles damals auch für eine solche Einschätzung zu sprechen schien, sie war dennoch falsch.
Eine nüchterne, von dogmatischer Voreingenommenheit freie Prüfung des realen Kräfteverhältnisses musste zu einem anderen Ergebnis kommen, sogar dann, wenn man die entscheidende Schwäche der KPD, ihre “Achillesferse”, d.h. ihre äußerst schwache Verankerung in den Betrieben, außer acht ließ.
Bei den Wahlen 1930 und November 1932 hatten sich entschieden:
1930 1932
Für den Faschismus:
(NSDAP und DNVP) 8,8 Mill. 14,7 Mill.
Gegen den Faschismus:
(KPD, SPD, Zentrum, Demokraten) 19,5 Mill. 18,8 Mill.
Für Sowjetdeutschland (KPD) 4,5 Mill. 5,9 Mill.
Gegen Sowjetdeutschland (alle übrigen) rd.30 Mill. rd.30 Mill.
Unter solchen Umständen musste eine Politik der Kriegserklärung “an alle”, eine Politik des Vielfrontenkrieges gegen Regierung, Faschismus, Zentrum und Sozialdemokratie (vgl. Resolution der 3. Parteikonferenz der KPD – unter der Losung “Für Sowjetdeutschland”) der Absicht der Bourgeoisie nach Isolierung der KPD vom größten Teil der antifaschistischen Massen durch eine freiwillige Selbstisolierung entgegenkommen, statt sie zu durchkreuzen. Diese Absicht zu durchkreuzen hätte erfordert: sich nicht isolieren lassen, sondern umgekehrt die Bourgeoisie zu isolieren. Die Möglichkeiten dafür waren größer denn je, denn der Plan der Bourgeoisie, die Errichtung der faschistischen Diktatur, wurde von der Mehrheit des deutschen Volkes, vor allem von der deutschen Arbeiterklasse, entschieden abgelehnt.
Deshalb konnte und musste der Kampf gegen den Faschismus die zentrale Losung der KPD sein, das Hauptkettenglied zur Schaffung der Einheitsfront. Der Kampf gegen den Faschismus konnte die Plattform sein für die breiteste, sogar weit über die Arbeiterklasse hinausgehende Volksfront, in der die KPD als aktivste antifaschistische Kraft die beste Gelegenheit hatte, Vertrauen und Autorität auch bei den Anhängern der anderen Parteien zu erwerben. Aber all das war nur dann möglich, wenn die KPD bereit war, darauf zu verzichten, von jedem, der mit ihr gemeinsam gegen den Faschismus kämpfen wollte, zu verlangen, dass er mit ihr auch für Sowjetdeutschland und gegen seine eigenen sozialdemokratischen oder Zentrumsführer kämpfen solle.
Die Einheitsfront gegen den Faschismus konnte also nur dann rechtzeitig zustandekommen, d.h. die Sabotage der Einheitsfront durch die Gegner dieser Einheit konnte nur dann wirkungsvoll bekämpft werden, wenn die KPD die unmittelbare Verknüpfung des Kampfes gegen den Faschismus mit dem Kampf um Sowjetdeutschland aufgab.
Die Notwendigkeit dessen wurde auch empfunden. Die Partei suchte ihr dadurch gerecht zu werden, dass sie den Terminus “proletarische Revolution” durch den Terminus “Volksrevolution” ersetzte, und den Terminus “Sowjetdeutschland” durch “Arbeiter- und Bauernrepublik”, ohne dass jedoch an der strategischen Orientierung eine Änderung vorgenommen wurde.
Das aber genügte natürlich nicht. Notwendig war, zu erkennen, dass eine völlig neue historische Situation entstanden war, auf die keines der gewohnten alten Schemata passte, sondern die völlig neue, noch in keinem Programm festgelegten Lösungen verlangte. Notwendig war, zu erkennen, dass in Deutschland die Alternative: Kapitalismus oder Sozialismus von der Tagesordnung verdrängt worden war durch die andere Alternative: Sieg des Faschismus über die Arbeiterklasse oder Sieg der Arbeiterklasse über den Faschismus.
Notwendig war, zu erkennen, dass, da man den Faschismus nur schlagen konnte gemeinsam mit Verbündeten, die Gegner der proletarischen Diktatur waren, der Sieg über den Faschismus noch nicht gleichbedeutend sein konnte mit dem Sieg der proletarischen Revolution.
Andererseits aber bedeutete ein Sieg über den Faschismus eine Niederlage der Hauptkraft des Kapitalismus, des Monopolkapitals und damit eine Schwächung der gesamten kapitalistischen Ordnung. Ein Sieg über den Faschismus konnte keine einfache Rückkehr zur bürgerlichen Demokratie der Weimarer Republik, sondern musste ein Schritt vorwärts in eine Demokratie sein, in der die Werktätigen unter Führung der Arbeiterklasse neue wichtige Positionen errungen hätten, eine Demokratie, deren Rückgrat eine antifaschistisch-antiimperialistische Volksbewegung sein musste. Eine solche Demokratie hätte erneut die Frage der Beteiligung der Kommunisten an einer Regierung aufgeworfen, die noch keine Regierung der Diktatur des Proletariats, aber auch schon keine gewöhnliche bürgerlich-kapitalistische Regierung mehr gewesen wäre. Deshalb war die Furcht der KPD und der K.I., eine Aufforderung zur Verteidigung der Demokratie gegen den Faschismus wäre gleichbedeutend mit dem Abgleiten auf die Position der SPD mit ihrer Losung “Zurück zu Weimar” unbegründet.
Um all dies in der damaligen Situation zu erkennen, war allerdings ein radikaler Bruch mit allen alten Vorstellungen und ein genialer Blick für die sich gerade erst in der Keimform, im Dunkel der Zukunft abzeichnenden neuen Möglichkeiten der revolutionären Bewegung vonnöten. Diesen Blick hatte Lenin besessen, nach ihm – keiner, auch nicht sein bester Schüler, Stalin; auch nicht so hervorragende Führer der internationalen Proletariats, wie Dimitroff, Thorez und Togliatti.
Das Unvermögen, sich rechtzeitig von der Vorstellung zu lösen, in Deutschland könne die KPD für kein anderes unmittelbares Ziel kämpfen als für die proletarische Revolution, das Unvermögen, rechtzeitig zu erkennen, dass der Zugang zur proletarischen Revolution im Jahre 1932 nicht durch eine Kopie der strategischen Orientierung des Jahres 1917 eröffnet werden konnte, sondern nach neuen Wegen gesucht werden musste, war eine der wichtigsten Ursachen für die Beibehaltung der falschen, sektiererischen Taktik gegenüber der Sozialdemokratie, der sektiererischen Entstellung der Einheitsfronttaktik.
7. Über die Einheitsfronttaktik
Der Keim zu einer sektiererischen Entstellung lag schon in der Zielsetzung der Einheitsfrontpolitik, wie sie seit dem 12. Parteitag der KPD in immer stärkerer Betonung gegeben wurde.
In den Leitsätzen über die Einheitsfront des EKKI vom Dezember 1921, die vom III. Weltkongress der K.I. bestätigt wurden, war als Ziel der Einheitsfront zweierlei genannt worden:
1. Die möglichst breite und vollkommene Einheit der praktischen Aktion der Massen gegen den Angriff des Kapitals.
2. Die Gewinnung der Mehrheit der Arbeiterklasse für den Kommunismus, indem man den Arbeitern die Möglichkeit gibt, “sich durch eigene Erfahrung von den Illusionen des Reformismus und des Kompromisslertums (zu) überzeugen.” (Leitsätze …, These 3).
Demgegenüber wurde seit dem 12. Parteitag bei der Zielsetzung für die Einheitsfront die Aufgabe der Eroberung der Mehrheit der Arbeiterklasse einseitig überbetont und in den Vordergrund geschoben, von der anderen Aufgabe weitgehend losgelöst und statt dessen engstens mit der Aufgabe der “Zerstörung der Sozialdemokratie” und der Vorbereitung des unmittelbaren Kampfes um die Macht verbunden.
In der Resolution des 12. Parteitages wurde z.B. gesagt, die taktische Wendung der Partei (gemeint war die Einheitsfront nur noch “von unten”), erfülle “die Leninsche Voraussetzung des Kampfes um die Macht; die Eroberung der Mehrheit des Proletariats in den entscheidenden Zentren, ohne die ein Sieg der Revolution unmöglich ist.” (Zur Geschichte der KPD, Seite 260).
In dem bereits genannten Artikel der “Kommunistischen Internationale” (Heft 25/26) über die Lage in Deutschland hieß es: “Die Taktik der Einheitsfront von unten mit den sozialdemokratischen und reformistischen Arbeitern ist das stärkste Mittel zur Vertiefung der Krise der Sozialdemokratie”.
Auf dem Februar-Plenum des Zentralkomitees der KPD 1932 erklärte Ernst Thälmann: “Revolutionäre Einheitsfrontpolitik durchführen, das heißt schonungslosen Kampf gegen die Sozialfaschisten aller Schattierungen betreiben”…
Die Ursache für diese Verschiebung der Aufgabenstellung der Einheitsfronttaktik gegenüber den Leitsätzen von 1921 lag in der bereits genannten falschen Analyse der politischen Gesamtsituation im allgemeinen und der Situation der Sozialdemokratie im besonderen.
Insbesondere war es die Theorie von der SPD als der Hauptstütze der Bourgeoisie bis zum 30. Januar 1933 und noch darüber hinaus, die die Partei daran hinderte, die Fehlkonzeption ihrer strategischen Orientierung zu erkennen. (30)
Die Begründung für die These von der SPD als der Hauptstütze der Bourgeoisie machen die Hauptschwäche der KPD, aber nicht nur der KPD, sondern auch der Führung der Kommunistischen Internationale nach Lenins Tod deutlich offenbar, nämlich das ungenügende Vermögen zur richtigen Analyse der Konstellation der Klassenkräfte und der Absichten des Klassenfeindes; das Dominieren des revolutionären Elans und der revolutionären Ungeduld über die nüchterne Einschätzung des realen Kräfteverhältnisses auf der gegebenen Etappe des Klassenkampfes.
Die Einschätzung der SPD als Hauptstütze der Bourgeoisie während dieser ganzen Periode ist aufs Engste verbunden mit der strategischen Orientierung auf den unmittelbaren Kampf um die Macht, mit dem dogmatischen Versteifen darauf, die Situation in den Jahren 1930 bis 1932 entspräche der Situation vor dem Oktober 1917 in Russland.
Bei einer solchen Orientierung musste man unvermeidlich zu dem Ergebnis kommen, dass “die SPD die Hauptgefahr für die deutsche Revolution im Innern des Landes ist”, dass man “der deutschen Sozialdemokratie vor der proletarischen Revolution die Hand an die Kehle legen muss.” (Aus dem oben genannten Artikel in der “Kommunistischen Internationale”).
Dann musste man auch unvermeidlich zu der Feststellung gelangen, dass die Sozialdemokratie “natürlich trotz alledem … das Haupthindernis der proletarischen Revolution bleibt” (Ernst Thälmann auf der 3. Parteikonferenz der KPD, a.a.O., S. 36) und dass “die Sozialdemokratie schlagen … die wichtigste Voraussetzung für die proletarische Revolution” zu schaffen bedeutet. (Ernst Thälmann auf dem Februar-Plenum der KPD 1932, a.a.O., S. 37).
Bei der These von der “Hauptstütze der Bourgeoisie” wurde außerdem nicht präzise unterschieden zwischen der Rolle der Sozialdemokratie als Stütze der Bourgeoisie im Allgemeinen und der spezifischen Rolle der SPD als Stütze der Bourgeoisie innerhalb der Arbeiterklasse.
Fasst man die spezifische Rolle der SPD als Stütze der Bourgeoisie innerhalb der Arbeiterklasse ins Auge, dann muss man allerdings sagen, dass sie tatsächlich gegenüber allen anderen Stützen der Bourgeoisie in der Arbeiterklasse (z.B. Zentrum, Christliche Gewerkschaften, Hirsch-Dunckersche Gewerkschaften, Nazis) bis zum 30. Januar und noch eine gewisse Zeit darüber hinaus bis zur Konsolidierung des faschistischen Regimes die Rolle der Hauptstütze spielte.
Spricht man aber von der SPD als sozialer Hauptstütze der Bourgeoisie, dann trifft das nicht zu.
Hier ist sogar die Frage selbst: bis wann war die SPD die soziale Hauptstütze der Bourgeoisie falsch gestellt; denn es handelt sich dabei um einen Prozess der sehr behutsam vollzogenen Verlagerung des Schwergewichts der sozialen Basis der Herrschaft der Bourgeoisie von der Arbeiterklasse mit der SPD als Hauptstütze auf das Kleinbürgertum mit der NSDAP als Hauptstütze.
Bei Prozessen dieser Art ist es unmöglich, zu sagen: bis gestern war die SPD, ab heute ist die NSDAP die soziale Hauptstütze der Bourgeoisie.
Alles kommt darauf an, rechtzeitig, d.h. so früh wie möglich, das Wesen des Prozesses, seine Richtung und sein Ziel zu erkennen und dementsprechend die eigene Strategie und Taktik weiter zu entwickeln.
Wenn man also den Zeitpunkt sucht, von dem ab die KPD ihre strategische und taktische Orientierung hätte ändern müssen, kommt man nicht zum Ziel, wenn man fragt: Ab wann war die SPD nicht mehr Hauptstütze? Sondern man muss fragen: Wann beginnt die Umorientierung der Bourgeoisie auf einen Ersatz der SPD als Hauptstütze durch eine Hauptstütze im Lager des Faschismus? Ab wann war dieser Prozess schon so weit vorgeschritten, dass die Partei ihn unbedingt zum Anlass hätte nehmen müssen, ihre eigene strategische und taktische Orientierung umzustellen?
Ein deutlicher Hinweis auf die beginnende Umorientierung der deutschen Bourgeoisie auf den Faschismus war die Düsseldorfer Tagung des Reichsverbandes der deutschen Industrie im September 1929 und seine Denkschrift vom Dezember des gleichen Jahres, betitelt “Aufstieg oder Niedergang”.
Bei richtiger Einschätzung der Situation wäre es also schon notwendig gewesen, ohne Preisgabe unserer prinzipiellen Kritik an der Regierung Hermann Müller sie gegen alle Angriffe von Rechts zu verteidigen, von der Führung der SPD und der Freien Gewerkschaften zu verlangen, dass sie an die Regierung die Forderung richten, entschieden alle arbeiterfeindlichen Vorstöße des Kapitals zurückzuweisen und ihr dabei die volle Unterstützung der KPD zuzusichern.
Das heißt, die KPD hätte sich darauf orientieren müssen, gestützt auf und eng verbunden mit den sozialdemokratischen und gewerkschaftlich organisierten Arbeitern es den rechten Führern so schwer wie möglich zu machen, vor den Angriffen des Kapitals zu kapitulieren. Sie hätten eine Politik der schärfsten Kritik an allen reaktionären Maßnahmen der Regierung verbinden müssen mit der Forderung, die Interessen der Arbeiter zu verteidigen und mit dem Angebot, für die Durchsetzung dieser Forderungen gemeinsam mit SPD und Freien Gewerkschaften die Regierung Hermann Müller zu unterstützen.
Eine solche Einstellung wurde von der Führung der KPD und der K.I. abgelehnt, weil sie sie für undurchführbar und unzulässig hielten, für eine Wiederholung der rechtsopportunistischen Abweichung der Brandler- Gruppe, die SPD vom linken Flügel der Bourgeoisie auf den rechten Flügel der Arbeiterbewegung herüberziehen zu wollen.
Vor allen Dingen aber erfolgte die Ablehnung deshalb, weil sie die Situation für reif hielten, den Generalangriff zur Zerstörung der Sozialdemokratie als politische Kraft zu eröffnen (12. Parteitag der KPD) und weil sie befürchteten, durch Angebote an die SPD-Führung die Illusionen über diese zu nähren statt sie zu zerstören.
In der Tat wäre es krasser Opportunismus, zu glauben, man könne die Parteien der Sozialdemokratie aus bürgerlichen Arbeiterparteien in echte Arbeiterparteien umwandeln, solange die Herrschaft des Imperialismus nicht gebrochen, zumindest aber viel stärker erschüttert ist, als das damals der Fall war (und heute der Fall ist).
Aber darum ging es ja gar nicht, sondern es ging darum, gestützt auf die sozialdemokratischen Arbeitermassen die sozialdemokratischen Führer zu zwingen, gemeinsam mit den Kommunisten den Kampf zu führen – nicht gegen den Kapitalismus, sondern gegen die Offensive des Kapitals, und gegen den Faschismus; die Sozialdemokratie also nicht in eine antikapitalistische, sondern in eine antifaschistische Front einzureihen. Dass dies keine opportunistische Utopie, sondern eine reale Möglichkeit und sogar eine Notwendigkeit ist (denn anders ist der Faschismus nicht zu schlagen), dafür wurden inzwischen mehrfache Beweise erbracht (Volksfront in Frankreich und Spanien), ja, auf dieser Erkenntnis beruht heute in entscheidendem Maße die Einheitsfrontpolitik der kommunistischen Parteien; (auch der Einwand, dass sich die sozialdemokratischen Parteien in Frankreich und anderen Ländern erst durch den Sieg des Faschismus in Deutschland zur Zusammenarbeit mit den Kommunisten bereit fanden, ist kein Argument dagegen, dass die Kommunisten schon vorher bereit sein mussten, auch mit den Führern der Sozialdemokratie gegen den Faschismus zusammenzugehen.).
Die KPD verfolgte aber eine entgegen gesetzte Taktik. Ausgehend von der Auffassung, dass sich mit dem Übergang der Bourgeoisie zum Faschismus auch alle bürgerlichen Parteien einschließlich der SPD faschisieren müssten, war die Taktik der KPD darauf eingestellt, die Sozialdemokratie so rasch und so weit wie möglich nach rechts gelangen zu sehen, damit die sozialdemokratischen Arbeiter sich um so schneller von ihr ab und dem Kommunismus zuwenden.
“Bei Durchführung einer richtigen Politik unsererseits wird sich das Schwergewicht der Sozialdemokratie noch mehr als bisher auf das Kleinbürgertum verschieben”. (Ernst Thälmann, Bd. 2, S. 82).
Der Zeitpunkt, an dem es bereits möglich war, die Absichten der Bourgeoisie, ihre Umorientierung auf den Faschismus, zu erkennen und eine entsprechende Wendung in der eigenen Politik durchzuführen, liegt also noch in der Periode der Regierung Hermann Müller, etwa Ende 1929, Anfang 1930.
Als Zeitpunkt, zu dem der Plan der Bourgeoisie bereits soweit Gestalt angenommen hatte, dass es nicht nur möglich, sondern dringend notwendig war, diese strategische Orientierung der Partei in der Richtung des Hauptstoßes gegen den Faschismus zu ändern, muss der Herbst 1930 (Ergebnis der Septemberwahl 1930) angesehen werden. (Siehe W.Pieck, “Der neue Weg …”, S. 27). Jede weitere Verzögerung der notwendigen Umorientierung musste die Verwirklichung der Faschisierungsabsichten der Monopolbourgeoisie erleichtern. Aus der These, dass die Sozialdemokratie die soziale Hauptstütze der Bourgeoisie sei, wurde geschlussfolgert, dass gegen die SPD auch der Hauptstoß der KPD zu richten sei. (Anm. 31).
Zur Begründung dieser Schlussfolgerung wurde als Hauptargument Stalins Darstellung der Strategie und Taktik der Bolschewiki in der Periode der Vorbereitung der Oktoberrevolution angeführt. Auf dem Februarplenum 1932 führte z.B. Ernst Thälmann aus: “In dem Vorwort zu seinem Buch ‘Auf dem Wege zum Oktober’ hat Genosse Stalin die revolutionäre Strategie des Leninismus in klassischer Weise formuliert. Er bezeichnet als die grundlegende strategische Regel des Leninismus die Erkenntnis:
1. dass die gefährlichste Stütze der Feinde der Revolution in der Periode der herannahenden revolutionären Entscheidung die Kompromisslerparteien sind;
2. dass es unmöglich ist, ohne Isolierung dieser Parteien den Feind (den Zarismus oder die Bourgeoisie) zu stürzen;
3. dass infolgedessen das stärkste Feuer in der Periode der Vorbereitung der Revolution auf ihre Isolierung, auf die Loslösung der breiten Massen der Werktätigen von diesen Parteien gerichtet werden muss.
Die praktische Anwendung dieser Strategie in Deutschland erfordert den Hauptstoß gegen die Sozialdemokratie. Sie ist mit ihren ‘linken’ Filialen die gefährlichste Stütze der Feinde der Revolution. Sie ist die soziale Hauptstütze der Bourgeoisie, sie ist der aktivste Faktor der Faschisierung, wie das XI. Plenum sehr richtig aussprach, und sie versteht zugleich in der gefährlichsten Art, als ‘gemäßigter Flügel des Faschismus’ die Massen durch ihre Betrugsmanöver für die Diktatur der Bourgeoisie und für ihre faschistischen Methoden einzufangen.
“Die Sozialdemokratie schlagen, das ist gleichbedeutend damit, die Mehrheit des Proletariats zu erobern und die wichtigste Voraussetzung für die proletarische Revolution zu schaffen.”
War schon die These von der “Hauptstütze” Ausfluss einer dogmatischen, undialektischen Betrachtungsweise, so war es die These vom “Hauptstoß” noch viel mehr.
Heute wissen wir, dass die Situation vor dem Oktober 1917 keine Parallele zu der Situation der Jahre 1930 bis 1933 zuließ.
In Russland war der Hauptfaktor, der die Revolution vorantrieb, der imperialistische Krieg. Die wichtigsten Forderungen der Volksmassen waren: Frieden und Boden!
Der Zarismus war vor allem gestürzt worden, weil er sich der Erfüllung dieser Forderungen entgegenstemmte. Aus dem gleichen Grunde wurde die erste provisorische Regierung gesprengt und in die zweite provisorische Regierung die letzte politische Reserve der Bourgeoisie, die Menschewiki und die Sozialrevolutionäre, aufgenommen. (Mai 1917). Weil sie es waren, die mit ihrem Eintritt in die Regierung dem Volke Frieden und Land verweigerten, deshalb konnte und musste der Hauptstoß gegen sie geführt werden.
Unter den damaligen politischen Verhältnissen in Russland war die Abwendung der Massen von den Menschewiki und Sozialrevolutionären gleichbedeutend mit ihrer Hinwendung zu den Bolschewiki, eben weil es keine unverbrauchte, nicht kompromittierte, nicht als volksfeindliche entlarvte Partei der Bourgeoisie mehr gab.
Ganz anders war die Situation in Deutschland der Weltwirtschaftskrise. Der Hauptfaktor der Radikalisierung der Massen war die Wirtschaftskrise, die durch sie verursachte Verelendung der Massen, der Ruin des Mittelstandes und der Bauern.
In Russland hatten die Tatsachen eine eindeutige Sprache gesprochen; verantwortlich für die Fortführung des Krieges waren die Regierungsparteien, zu denen die Menschewiki und die Sozialrevolutionäre gehörten.
Wer aber war in Deutschland für die Krise und ihre Fortdauer verantwortlich? War es eine bestimmte Partei oder nicht vielmehr ein System, das System des Kapitalismus?
Während der Krise verloren Millionen Kleinbürger ihren Glauben an den Kapitalismus, begannen ihm zu Misstrauen, ja, ihn zu hassen. Sie verließen die offen kapitalistischen Parteien der bürgerlichen Mitte, um sich einer vermeintlich antikapitalistischen Partei zuzuwenden, der NSDAP. Auf diese Weise führte die Krise in Deutschland – anders als der imperialistische Krieg in Russland – nicht die restlose Kompromittierung und Diskreditierung aller Stützen der kapitalistischen Ordnung, aller Parteien – mit Ausnahme der Bolschewiki – herbei, sie gab im Gegenteil der Bourgeoisie die Möglichkeit zur Schaffung einer neuen, für die Arbeiterklasse besonders gefährlichen, besonders bedrohlichen Stütze an Stelle der abgenutzten und verbrauchten alten. Mehr noch: die “Flucht” der Sozialdemokratie aus der Verantwortung mit dem Rücktritt der Regierung Hermann Müller, der Übergang zum System der Notverordnungsregierungen, gab auch der SPD wieder die Möglichkeit, durch oppositionelle Manöver sich vor dem völligen Verlust des Vertrauens ihrer Anhänger zu bewahren, die völlige Selbstentlarvung zu vermeiden, auf deren Unvermeidlichkeit im Grunde der ganze strategische Plan der KPD aufgebaut war.
Wenn man trotz dieser Unterschiede dennoch das Stalinsche Schema auf die Verhältnisse in Deutschland übertragen wollte, dann hätte man als Paktiererparteien im Sinne dieses Schemas und der historischen Analogie unter den Regierungen Brüning und Papen nicht die SPD, sondern das Zentrum, die Volkspartei und die Deutschnationalen bezeichnen müssen. Folglich hätte man – wiederum dem Schema folgend – den Hauptstoß nicht gegen die SPD, sondern gegen diese Parteien richten müssen.
Wenn man aber unter “Paktiererparteien” die nicht in der Regierung vertretenen Parteien verstehen wollte, die jedoch durch ihr Verhalten die kapitalistische Herrschaft vor den Angriffen der Arbeiterklasse abschirmten – dann war das nicht nur die SPD, sondern auch die NSDAP. Dann durfte man – ebenfalls entsprechend dem Schema – den Hauptstoß nicht einseitig gegen die SPD, sondern musste ihn gleichzeitig gegen die SPD und NSDAP richten. Allerdings wären auch diese Schlussfolgerungen nicht richtig gewesen.
Die KPD zog jedoch keine dieser Schlussfolgerungen, sondern hielt daran fest, dass der Hauptstoß gegen die SPD zu richten sei. In dem bereits bekannten Artikel der Kommunistischen Internationale (Heft 25/26 1931) wird gesagt: “Alle Kräfte der Partei müssen in den Kampf gegen die Sozialdemokratie geworfen werden. In keinem anderen Lande hängt das Tempo der Entwicklung der revolutionären Krise in dem Maße von dem Tempo der Zertrümmerung der Massenbasis der Sozialdemokratie ab, wie in Deutschland”.
Und Ernst Thälmann schrieb in seinem bereits mehrfach zitierten Artikel in der “Internationale”: “Die entscheidende Schlussfolgerung, die sich aus den Beschlüssen des 11. Plenums für die deutsche Partei ergeben musste, war, …. den Hauptstoß gegen die Sozialdemokratie als die soziale Hauptstütze der Bourgeoisie zu richten.
Kampf gegen den Faschismus muss in aller erster Linie Kampf gegen die SPD sein. … Die Faschisten können überhaupt nur geschlagen werden, wenn man die SPD, ihr Bündnis mit dem Faschismus, ihren Dienst für den Klassenfeind, vor den Massen der Arbeiter enthüllt und diese von den SPD-Führern loslöst. …
In der Frage des Hauptstoßes gegen die SPD steckt das Kernproblem der kommunistischen Politik in Deutschland.”
Und noch auf der 3. Parteikonferenz in Oktober 1932 sagte Ernst Thälmann (“Im Kampf gegen die faschistische Diktatur”, S. 17): “Gerade, um die Massen in den Kampf gegen die faschistische Diktatur führen zu können, müssen wir den Einfluss der SPD auf entscheidende Teile des Proletariats mit den größten Anstrengungen unsererseits zu brechen versuchen. Ohne den gleichzeitig schärfsten Kampf gegen die Sozialdemokratie kann es keine Einreihung der SPD-Arbeiter in die antifaschistische Kampffront und damit auch keinen erfolgreichen Kampf gegen die faschistische Diktatur und ihre Terrororganisation, den Hitler-Faschismus, geben.
In den politischen Thesen des 12. EKKI-Plenum heißt es ausdrücklich: ‘Nur wenn der Hauptschlag gegen die Sozialdemokratie, diese soziale Hauptstütze der Bourgeoisie, gerichtet wird, kann man den Hauptklassenfeind des Proletariats, die Bourgeoisie, mit Erfolg schlagen und zerschlagen.’
Jede Tendenz einer Abschwächung unseres prinzipiellen Kampfes gegen die SPD-Führer oder einer liberalen Gegenüberstellung von Faschismus und Sozialfaschismus ist deshalb völlig unzulässig.”
Dieses ganze System irriger Voraussetzungen und falscher Schlussfolgerungen führte zum starren Festhalten an der Taktik der Einheitsfront “nur von unten”, selbst dann noch, als der Druck von unten auf die Leitungen beider Organisationen zur Verständigung gegen den Faschismus immer mehr anwuchs. Diese Haltung entsprach einmal dem tiefen Misstrauen gegen die sozialdemokratischen Führer, zu dem allerdings auch mehr als genügend Grund vorhanden war; noch ausschlaggebender jedoch war auch hier das Festhalten an der strategischen Zielsetzung der KPD: Kampf um die Macht, um Sowjetdeutschland. Bei einer solchen strategischen Orientierung, wo der Kampf gegen den Faschismus als gleichbedeutend mit dem Kampf um die proletarische Revolution betrachtet wurde, war natürlich eine gemeinsame Frontbildung mit der SPD-Führung nicht möglich, konnte man nur an die sozialdemokratischen Arbeiter, nicht jedoch an ihre Führer appellieren.
Dabei musste man aber unvermeidlich die sozialdemokratischen Arbeiter so behandeln, als ob sie schon keine sozialdemokratischen Arbeiter mehr, sondern schon Kommunisten wären; denn dann war die Aufforderung zur Einheitsfront mit der KPD gleichbedeutend mit der Aufforderung zum Bruch mit ihrer eigenen Partei, dann setzte man voraus, dass der sozialdemokratische Arbeiter, an den die KPD appellierte, zur Führung der KPD schon mehr Vertrauen besaß, als zur Führung seiner eigenen Organisation.
Diese Taktik der Einheitsfront hatte also das, was eigentlich ihr Ergebnis sein sollte, zur Voraussetzung – nämlich die Eroberung der Mehrheit der Arbeiterklasse.
Auf dem XI. EKKI-Plenum hatte Manuilski sehr treffend festgestellt: “… die Methoden unserer Agitation unter den sozialdemokratischen Arbeitern sind die denkbar schlechtesten. Wir treten in einer Weise an sie heran, als hätten wir eine kommunistische Hörerschaft vor uns, für die der verräterische Charakter der Sozialdemokratie absolut klar ist, oder so, als wären das Leute, die bereits ideologisch mit der Sozialdemokratie gebrochen haben und lediglich eines gewissen Anstoßes bedürfen, um sich in die Reihen der Kommunisten einzugliedern.” (a.a.O., S. 77).
Aber hieß es nicht, gerade diesen Fehler zu begehen, wenn die Kommunisten den Sozialdemokratischen Arbeitern sagten: “Eure Führer betrügen euch, wenn sie sagen, der Hauptfeind sei der Faschismus.” (Manuilski in der oben zitierten Rede).
“Faschismus und Sozialfaschismus, die NSDAP und eure Partei, sind nur zwei Schattierungen der gleichen Stütze der Bourgeoisie, sind Zwillinge.
Macht Schluss mit der Partei des Arbeiterverrats und des Arbeitermordes, mit der SPD! Verjagt die Agenten des Sozialfaschismus aus allen Funktionärposten in Betrieben und Gewerkschaften!”
(Aus dem Manifest des XII. Parteitages der KPD an die arbeitenden Massen in Deutschland, in : “Zur Geschichte der KPD…” S. 255. Diese Formulierung wurde allerdings später von Ernst Thälmann selbst als sektiererisch bezeichnet.)
“Der Kampf gegen den Faschismus ist undenkbar ohne den schärfsten Kampf gegen eure Partei, gegen eure Führer, die eine entscheidende Waffe des Faschismus in Deutschland darstellen. (Siehe Resolution des Juni-Plenums der KPD 1930 in: “Zur Geschichte der KPD”, Seite 267).
Aufgabe der Kommunistischen Partei ist es, “die Sozialdemokratie zu zerschlagen.” (Vgl. dazu die Thesen des II. EKKI-Plenums, Material der Parteihochschule II, Seite 228).
Und wenn sie den SAP-Arbeitern sagten: “Eure Führer, die ‘linken’ Sozialfaschisten, sind die gefährlichsten Feinde der Arbeiterklasse.”
Das war eine Sprache, die das Denken und die Mentalität, der sozialdemokratischen Arbeiter nicht berücksichtigte oder völlig falsch einschätzte.
Aber war es denn möglich, bei der strategischen Orientierung der KPD zu den sozialdemokratischen Arbeitern anders zu sprechen? Es war nicht möglich. Aber gerade das spricht deutlich dafür, dass die strategische Orientierung selbst nicht richtig sein konnte. Sie musste zwangsläufig zu dem Bemühen führen, den sozialdemokratischen Arbeiter zum Kommunisten zu machen. (Wilhelm Pieck dazu auf den VII.Weltkongress der K.I.)
“Aber es fehlte bei dieser Einstellung die Linie auf ein Herantreten an die sozialdemokratischen Organisationen, es überwog mehr der Versuch zur Gewinnung der sozialdemokratischen Arbeiter für die Partei”. (W. Pieck, “Der neue Weg”, S. 28).
Dieses Herantreten an die sozialdemokratischen Leitungen fehlte deshalb, und an der Einheitsfront “nur von unten” wurde deshalb festgehalten, weil die Partei fürchtete, bei einer anderen Politik die ungeteilte alleinige Führung der Massen nicht sicherstellen zu können; diese ungeteilte Führung musste aber sichergestellt werden, wenn man den Kampf um die Macht erfolgreich führen wollte. (32) Auch bei dieser Einstellung spielte die Feststellung Stalins eine große Rolle:
“Also, ungeteilte Führung durch eine Partei, die Partei der Kommunisten, als grundlegendes Moment bei der Vorbereitung des Oktober – das ist der kennzeichnende Zug der Oktoberrevolution, das ist die erste Besonderheit der Taktik der Bolschewiki in der Periode der Vorbereitung des Oktober.
Es braucht wohl kaum nachgewiesen zu werden, dass der Sieg der Diktatur des Proletariats unter den Bedingungen des Imperialismus ohne diese Besonderheit der Taktik der Bolschewiki unmöglich gewesen wäre”. (Stalin “Fragen des Leninismus”, Moskau 1947, S. 120).
Abgesehen davon, dass, worüber schon gesprochen wurde, das Festhalten an der strategischen Orientierung auf die Vorbereitung der proletarischen Revolution nicht dem neuen Kräfteverhältnis entsprach, kam in dieser Haltung der KPD auch noch ein weiterer Fehler zum Ausdruck, nämlich die Vorstellung, man könne die alleinige Führung dadurch sicherstellen, dass man sie beansprucht, dadurch, dass man es ablehnt, ein Abkommen mit anderen Arbeiterorganisationen usw. zu schließen. Diesen Standpunkt kann man erst dann beziehen, wenn man die ungeteilte Führung über die Mehrheit der Arbeiterklasse und ihrer Verbündeten bereits errungen hat – und selbst dann ist eine solche Haltung nicht obligatorisch. Solange das jedoch nicht der Fall ist, darf die Partei sich unter keinen Umständen darauf festlegen, nur die Einheitsfront von unten zu organisieren, denn das heißt, darauf zu verzichten, die Massen durch ihre eigenen Erfahrungen zu der Erkenntnis hinzuführen, dass nur die Kommunisten verdienen, dass man ihnen folgt und vertraut. Das bedeutet ferner, solche grundlegenden Lehren Lenins zu ignorieren, wie die folgenden: “Einen mächtigeren Gegner kann man nur unter größter Anspannung der Kräfte und nur dann besiegen, wenn man unbedingt aufs sorgfältigste, sorgsamste, vorsichtigste, geschickteste sowohl jeden, auch den kleinsten ‘Riss’ zwischen den Feinden, jeden Interessengegensatz zwischen der Bourgeoisie der verschiedenen Länder, zwischen den verschiedenen Gruppen oder Schichten der Bourgeoisie innerhalb der einzelnen Länder als auch jede, selbst die kleinste Möglichkeit ausnutzt, um einen Verbündeten unter den Massen zu gewinnen, mag das auch ein zeitweiliger, schwankender, unsicherer, unzuverlässiger, bedingter Verbündeter sein.” (W.I. Lenin, Der “linke Radikalismus”, die Kinderkrankheit im Kommunismus, LW 31/56-7)
“Aus alledem aber ergibt sich für die Vorhut des Proletariats, für seinen klassenbewussten Teil, für die kommunistische Partei absolut unumgänglich die Notwendigkeit, die unbedingte Notwendigkeit, zu lavieren, Übereinkommen und Kompromisse mit verschiedenen proletarischen Gruppen, mit verschiedenen Parteien der Arbeiter und der Kleinbesitzer zu schließen. Es kommt nur darauf an, dass man versteht, diese Taktik so anzuwenden, dass sie zur Hebung und nicht zur Senkung des allgemeinen Niveaus des proletarischen Klassenbewusstseins, des revolutionären Geistes, der Kampf- und Siegesfähigkeit beiträgt”. (Ebenda, S. 60).
Die Kommunisten sind die einzigen, die solche Abkommen nicht zu fürchten brauchen. Welches Abkommen sie mit wem auch immer schließen mögen – ob über den Kampf zur Vertretung der Tagesinteressen der Arbeiter und der übrigen Werktätigen, ob über den gemeinsamen Kampf gegen den Faschismus oder zur Verteidigung des Friedens – sie werden immer die Massen durch ihre Arbeit, durch ihre Taten davon überzeugen können, dass sie die aktivsten, konsequentesten, ja, die einzig konsequenten und die einzig bis zu Ende ehrlichen Vertreter der Interessen der Werktätigen sind. Auf diese Weise werden sie sich die tatsächliche ungeteilte Führung erobern (ohne es nötig zu haben, auch nur einmal den Anspruch auf diese Führung auszusprechen), denn diese Führung kann nur das Ergebnis des politischen Kampfes sein.
Zu welchen Fehlern in der praktischen Politik der Partei führte nun diese falsche theoretische Konzeption?
1. Die heftigsten Angriffe richtete die Partei nicht gegen die Nazis, sondern gegen die SPD-Führung, entsprechend der Theorie vom “Hauptstoß”. Am verhängnisvollsten in dieser Hinsicht war die Beteiligung an dem von Stahlhelm und den Nazis eingeleiteten Volksentscheid gegen die Preußenregierung Braun/Servering im August 1931. (33) An dieser Aktion der Faschisten hätte sich die KPD unter gar keinen Umständen beteiligen dürfen. Dieser Fehler der KPD hat sich in seiner ganzen Schwere erst ein Jahr später beim Staatsstreich Papens gegen die Preußenregierung ausgewirkt. Wenn die rechten Führer der SPD und des ADGB das Angebot der KPD zur gemeinsamen Abwehr des faschistischen Vorstoßes ablehnen konnten und wenn es der KPD nicht gelang, die aufs höchste erregten und über die feige Kapitulation ihrer Führer empörten sozialdemokratischen Arbeiter über die Köpfe ihrer Führer hinweg zu Abwehraktionen mitzureißen, dann nicht zuletzt dank der Wirksamkeit des Arguments der sozialdemokratischen Führer: die Kommunisten meinen es mit ihrem Angebot zum gemeinsamen Kampf nicht ehrlich, denn im vorigen Jahr wollten sie gemeinsam mit den Nazis die Preußenregierung stürzen, die sie heute mit dem Generalstreik verteidigen wollen!
2. Die Haltung gegenüber Einheitsfrontabkommen, die hier und dort als Ausdruck des immer stürmischeren Strebens der Arbeiter auf beiden Seiten zur Einheit gegen den Faschismus zustande kamen, sowie die Haltung gegenüber Einheitsfrontangeboten der SPD-Führung an die Führung der KPD.
Diese mehrfachen, demagogischen Angebote der SPD-Führung an die KPD wurden von ihr abgelehnt mit der Begründung: Einheitsfront mit den sozialdemokratischen Arbeitern – ja, mit den sozialfaschistischen Führern – niemals. (34) Diese starre Festlegung der KPD hat es den sozialdemokratischen Führern überhaupt erst erlaubt, solche demagogischen Einheitsfrontangebote zu starten, da sie von vornherein wussten, dass keine Gefahr ihrer Annahme bestand. Hätten sie eine Annahme ihrer Angebote befürchten müssen, dann hätten sie es nie gewagt, sie überhaupt abzuschicken. (Ein schlagender Beweis dafür ist die Haltung der heutigen SPD-Führung). Das zeigte sich aber auch damals in all den Fällen, wo die KPD doch an die Führung der SPD und des ADGB mit Angeboten zum gemeinsamen Kampf herantrat (z.B. 20. Juli 1932, 30. Januar 1933). Diese Angebote wurden allesamt abgelehnt. (siehe W. Pieck, “Der neue Weg …”, S. 21). Allerdings fiel den reformistischen Führern die Begründung der Ablehnung dieser Angebote relativ leicht. Sie wiesen gewöhnlich darauf hin, dass die KPD nach ihren eigenen Aussagen in der SPD einen gefährlicheren Gegner als in den Nazis erblicke, und solange sich diese Haltung der KPD nicht ändere, könne die SPD auf diese Angebote nicht eingehen.
Die damalige Haltung der KPD hat also der SPD-Führung das Monövrieren und den Betrug an den Massen nicht erschwert, sondern erleichtert.
3. Die Haltung der KPD bei der Reichspräsidentenwahl 1932: Das Bestehen auf der Kandidatur Thälmann in beiden Wahlgängen ohne den Versuch zur Aufstellung eines gemeinsamen Kandidaten der antifaschistischen Linken hat es der SPD-Führung erleichtert, die Sache so darzustellen, als ob es für die SPD wegen der Haltung der Kommunisten keine andere Möglichkeit gegeben hätte, die Wahl Hitlers zu verhindern, als zur Wahl Hindenburgs aufzurufen.
4. Die Haltung der KPD bei Wahlen zu Landtagen, Gemeinderäten usw.: Häufig bezog die KPD die Linie, einen eigenen Kandidaten aufzustellen und für ihn auch dann zu stimmen, wenn seine Kandidatur aussichtslos war und wenn die Stimmabgabe der Kommunisten für die Kandidaten der SPD ausgereicht hätte, den Kandidaten der NSDAP zu schlagen. Das gab den SPD-Führern immer wieder die Möglichkeit, ihren Anhängern zu erzählen, die KPD habe den Nazis zum Siege verholfen, sie betreibe also in Wirklichkeit eine Politik der Einheitsfront mit den Nazis gegen die SPD.
8. Über die Gewerkschaftspolitik der KPD
Wie wirkte sich nun die strategische und taktische Konzeption der KPD auf ihre Gewerkschaftspolitik aus?
Auf diesem Gebiet waren die Auswirkungen am verhängnisvollsten, weil sie zur Schwächung der Partei auf dem entscheidenden Kampfabschnitt, in den Betrieben, beitrug.
Der Beschluss des V. RGI-Kongresses zur Schaffung einer eigenen revolutionären Gewerkschaftsbewegung in Deutschland war die logische Konsequenz aus der Einschätzung der wirtschaftlichen und politischen Situation und der Orientierung auf den Generalangriff gegen den Reformismus, wie sie vom 12. Parteitag der KPD gegeben worden war.
Bereits im Dezember 1928, auf der Sitzung des EKKI-Präsidiums, deutete Stalin die Möglichkeit an, dass es in der Perspektive in Deutschland möglich und notwendig werden könnte, revolutionäre Parallelorganisationen zu den reformistischen Gewerkschaften zu schaffen. (Stalin, Werke, Bd.11, S.268).
Auf dem 12. Parteitag wurde die Frage diskutiert, ob die Anweisung, die von den reformistischen Gewerkschaftsführern vorgelegten Reverse zu unterschreiben, noch aufrechterhalten werden kann (E. Thälmann, Bd. 2, S.145).
Auf dem X. EKKI-Plenum beantwortete Thälmann diese Frage bereits mit Nein. (Ebenda, S. 204). Er stellt gleichzeitig fest, dass auf Grund der Faschisierung des Gewerkschaftsapparates es keine Möglichkeit zur Eroberung dieses Apparates mehr gäbe, dass die Losung “Eroberung der Gewerkschaften” jetzt Eroberung der Gewerkschaftsmassen, nicht mehr Eroberung des Apparates bedeute (ebenda, S. 199).
Beide Stellungnahmen mussten in der Konsequenz zur Forderung nach eigenen revolutionären Gewerkschaften führen. Diese Schlussfolgerungen wurden von Ernst Thälmann auf dem X. EKKI-Plenum (Juli 1929) und auch auf dem erweiterten EKKI-Präsidium (Februar 1930) noch nicht gezogen, im Gegenteil – er wies alle Tendenzen zum freiwilligen Austritt aus den Gewerkschaften und zur Schaffung eigener Gewerkschaften in Deutschland entschieden zurück, jedoch auch mit der Perspektive, diesen Schritt später zu tun.
Der nächste Schritt erfolgte auf dem März-Plenum 1930, auf dem die Aufgabe gestellt wurde, einerseits die Arbeit in den reformistischen Gewerkschaften zu verstärken, andererseits aber die bereits bestehenden Organisationen der ausgeschlossenen revolutionären Arbeiter zu Mustergewerkschaften auszubilden. (E. Thälmann, s.a.O., S. 391/393).
Im September 1930 erfolgte dann der bekannte Beschluss des V. RGI-Kongresses, als logischer Abschluss dieser ganzen Entwicklung, mit dem Ziel und in der Hoffnung, die rote Gewerkschaftsbewegung zur führenden Gewerkschaftsbewegung in Deutschland zu machen. Dieser Beschluss hatte äußerst schädliche Folgen. Er begünstigte die Austrittsbewegung revolutionärer Arbeiter aus den reformistischen Gewerkschaften und führte zur Bildung lebensunfähiger roter Verbände. Er führte zur Isolierung und sogar Entfremdung der Kommunisten von den in den reformistischen Gewerkschaften organisierten Arbeitern, sowie zum Verlust der meisten Positionen in den freien Gewerkschaften. Er führte ferner dazu, dass die Partei zeitweilig ihre Hauptkraft auf die Organisierung der Unorganisierten verwandte und dabei die Arbeit in den reformistischen Gewerkschaften stark vernachlässigte. (34)
Das Ergebnis dieses Kurses des V. RGI-Kongresses bestätigte die Richtigkeit der Warnungen, die das EKKI in seinem Brief an die KPD vom 23.3.1924 ausgesprochen hatte. “Wenn Ihr versucht, sofort parallele Gewerkschaften unter Heranziehung ziemlich formloser Erwerbslosenorganisationen, Vertretungen der Betriebsräte und ähnliche Organisationen zu schaffen, so werdet Ihr einen Kuddelmuddel erhalten. Machtvolle proletarische Organisationen werdet Ihr auf diese Weise nicht zustande bringen. Es würden eher Erwerbslosengewerkschaften, nicht aber Gewerkschaften arbeitender Genossen sein. Die Erwerbslosen können und müssen organisiert werden. Unter günstigen Umständen können sie bei der Vorbereitung der proletarischen Revolution eine sehr wichtige Rolle spielen. Es ist dagegen unmöglich, aus ihnen parallele Gewerkschaften aufzubauen.
Am Tage nach der Bildung dieser parallelen Gewerkschaften durch Euch werden die Massen sofort an Euch die Forderung stellen, erfolgreiche wirtschaftliche Kämpfe zu führen. Bei der jetzigen Lage der deutschen Industrie, mit der konterrevolutionären deutschen Sozialdemokratie und dem ADGB im Rücken, in dem auf jeden Fall nicht weniger als zwei Drittel der Arbeiter verbleiben werden, könnt Ihr keine wirtschaftlichen Streiks siegreich führen. Zudem verbleibt den Führern der Sozialdemokratie ein weiteres Mittel: sie können unsere Parallelgewerkschaften als nicht legal erklären und dadurch der Bewegung neue Hindernisse in den Weg legen. Sobald sich aber die Massen überzeugt haben werden, dass unsere Gewerkschaften wirtschaftliche Streiks nicht siegreich durchführen können, werden sie enttäuscht sein und unseren Parallel-Gewerkschaften den Rücken kehren. Es wird eine Zersplitterung unserer Kräfte einsetzen, womit den verräterischen Führern des ADGB nur ihre Aufgabe erleichtert werden wird.” (Bericht über den 9. Parteitag der KPD, S. 75/76).
Diese Warnung war durch die Wirtschaftskrise noch aktueller geworden. Die Gewerkschaften waren jetzt für die Arbeiter noch viel mehr zu “Festungen” geworden, zu Organisationen, ohne die sie den Unternehmern völlig hilflos ausgeliefert waren. Außerdem hatten sie durch ihre Mitgliedschaft in den Freien Gewerkschaften auch bestimmte Rechte auf Unterstützung usw. erhalten, die jetzt für die Arbeiter besonders wertvoll und wichtig waren, was ihnen den Entschluss zum Bruch mit ihrer Gewerkschaft zugunsten von roten Verbänden, die nicht einmal tariffähig waren, die nicht einmal über Rücklagen zur Zahlung von Streikgeldern verfügten, bei aller Unzufriedenheit mit den reformistischen Gewerkschaftsführern schwerer denn je machen musste.
Nicht weniger verhängnisvoll wirkte sich der Beschluss aus, Kurs darauf zu nehmen, bei den Betriebsrätewahlen überall grundsätzlich eigene, mit der Liste der Freien Gewerkschaften konkurrierende rote Listen aufzustellen (Siehe E. Thälmann, a.a.O., S. 224).
1929 wurde diese neue Taktik in nur 500 Betrieben durchgeführt, und zwar in solchen, in denen die RGO über eine ziemlich sichere Mehrheit verfügte. Der günstige Wahlausfall in diesen Betrieben wurde als Beweis für die Richtigkeit dieser Taktik betrachtet, und die Zahl der Betriebe, in denen eigene Listen aufgestellt wurden, von Jahr zu Jahr erhöht. Dabei zeigten sich neben Erfolgen sowohl 1930 wie 1931 bereits sehr ernste Misserfolge, die um so schwerwiegender waren, als sie sich vor allem in Großbetrieben zeigten (Leuna, Siemens, AEG usw.).
1932 wurden die Betriebsrätewahlen auf Betreiben der reformistischen Gewerkschaftsführung durch die Regierung “verschoben”, 1933 dagegen wieder zugelassen. Und jetzt zeigte sich die ganze verhängnisvolle Schädlichkeit dieser Politik am deutlichsten: Zur gleichen Zeit, im Januar 1933, wo die deutsche Bourgeoisie zum entscheidenden Schlag gegen die Arbeiterklasse ausholte, führte die KPD die Betriebsrätewahlen im Zeichen des schärfsten Kampfes “gegen die sozialfaschistischen Gewerkschaftsfunktionäre”, für die roten Listen gegen die Listen der Freien Gewerkschaften durch, in der Hoffnung, durch eine letzte große Kraftanstrengung das Monopol der reformistischen Gewerkschaftsbürokratie zu brechen und die Betriebe zu erobern.
Nichts konnte deutlicher die verhängnisvolle Unterschätzung der faschistischen Gefahr und die Überschätzung der eigenen Kräfte demonstrieren, als diese Tatsache. Nichts konnte auch der Bourgeoisie und den rechten Gewerkschaftsführern gelegener kommen, als diese Haltung der KPD. Es ist sehr wahrscheinlich, dass eines Tages noch Dokumente gefunden werden, die beweisen, dass die Bourgeoisie und die rechten Gewerkschaftsführer nur deshalb im Januar 1933 kein Interesse daran hatten, die Betriebsrätewahlen wie 1932 ausfallen zu lassen, weil sie daran interessiert waren, gerade in den Betrieben durch die Betriebsrätewahlen eine Atmosphäre des erhitzten Kampfes zwischen sozialdemokratischen und kommunistischen Arbeitern entstehen zu lassen. (36)
Die Haltung der KPD bedeutete, blindlings in eine aufgestellte Falle zu tappen, auf eine hinterhältige Provokation der Bourgeoisie im Einvernehmen mit den rechten Gewerkschaftsführern hereinzufallen.
Die Politik der Partei auf dem Gebiet der Gewerkschaften und der Betriebsräte hatte eine empfindliche Schwächung der Positionen der Partei in den Betrieben zur Folge, vor allem in den Großbetrieben, weil sie es den Unternehmern und den reformistischen Gewerkschaftsführern erleichterte, rücksichtslos gegen die revolutionären Arbeiter mit Entlassungen und Ausschlüssen vorzugehen. Es gelang der Partei nicht, gegen die Ausschlusspolitik der reformistischen Gewerkschaftsführer eine Bewegung der Gewerkschaftsmitglieder für die Wiederaufnahme der Ausgeschlossenen zu organisieren, da ihr Kurs auf Schaffung einer eigenen revolutionären Gewerkschaftsbewegung den reformistischen Gewerkschaftsführern die Handhabe bot, die Kommunisten in den Augen der Gewerkschaftler als Spalter hinzustellen und die Ausschlüsse mit dem Verstoß gegen die Statuten zu begründen.
Die “Säuberung” der Betriebe von Kommunisten und der Verlust ihrer Positionen in den Gewerkschaften waren die entscheidende Ursache dafür, dass es der KPD, von wenigen Ausnahmen abgesehen, nicht gelang, trotz außerordentlich günstiger objektiver Bedingungen erfolgreiche Wirtschaftskämpfe zu organisieren. Schon Mitte 1931 wurde in dem bereits zitierten Artikel der “Kommunistischen Internationale” (Heft 25/26) festgestellt: “Während um Deutschland herum ein erbitterter Streikkampf tobt, … wurde in Deutschland in einer Situation der tiefen Gärung unter den Massen im letzten Jahr kein einziger siegreicher Massenstreik durchgeführt. Die Streikbewegung selbst scheint sogar gleichsam abgeflaut. Die Arbeiterklasse Deutschlands, die für die Kommunistische Partei Deutschlands stimmt, die erregt ist … zieht sich vorläufig unter dem Druck der Lohnoffensive der Unternehmer und des Angriffs des Staates gegen das Lebensniveau der breitesten Massen … ohne ernsthaften Widerstand zurück.”
Die Feststellung, dass die Partei zu schwach ist, um trotz günstiger objektiver Bedingungen die Massen in Wirtschaftskämpfe zu führen, hätte zu der Schlussfolgerung führen müssen, dass sie erst recht zu schwach ist, die Massen zur proletarischen Revolution zu führen und dass die Fortführung des eingeschlagenen Kurses die Positionen der Partei in den Betrieben noch weiter schwächen musste. Leider wurden aber die entgegen gesetzten Schlussfolgerungen gezogen.
Die negativen Auswirkungen der sektiererischen Entstellung der Einheitsfronttaktik wurden sehr bald sichtbar, vor allem in dem immer größeren Vorsprung der Kräfte des Faschismus vor den antifaschistischen, revolutionären Kräften. (37)
Aber diese Auswirkungen wurden nicht als das erkannt, was sie waren, nämlich Folgen der falschen Linie der Partei, sondern gedeutet als Folgen der rechten und linken Abweichungen von dieser Linie, während die Erfolge der Partei als Beweis für die Richtigkeit der Linie betrachtet wurden. Die auftretenden rechten und linken Abweichungen vom Kurs der Partei waren unvermeidlich. Die “rechte” Abweichung kam jetzt vor allem aus den Betrieben, von den kommunistischen Gewerkschaftsfunktionären und Betriebsräten. Hier an der Basis zeigten sich die schädlichen Auswirkungen dieses Kurses am deutlichsten.
Die linke Abweichung war ebenso unvermeidlich. Sie entsprang der Enttäuschung über die geringen Erfolge der Bemühungen zur Gewinnung der sozialdemokratischen Arbeiter, die weit hinter den ursprünglichen Erwartungen zurückblieben.
Zudem musste mit der zunehmenden Schärfe der Angriffe der Partei auf die sozialdemokratischen Führer den kommunistischen Arbeitern immer unverständlicher werden, wieso ein sozialdemokratischer Arbeiter solchen Führern überhaupt noch folgen konnte. Diese Stimmung war die Grundlage für Theorien wie die Paul Merkers von den “Kleinen Zörgiebels”. Umgekehrt konnten die sozialdemokratischen Arbeiter nicht begreifen, wieso die Kommunisten es fertig brachten, zu behaupten, die sozialdemokratischen Führer seien gefährlichere Feinde der Arbeiter als die Faschisten. Diese sektiererischen Überspitzungen brachten selbst viele sozialdemokratische Arbeiter, die mit der Politik ihrer Führung unzufrieden waren, dazu, diese ihre Führer gegen die Angriffe der Kommunisten zu verteidigen; sie erschwerten es diesen sozialdemokratischen Arbeitern, Vertrauen zur KPD zu gewinnen.
Zusammenfassend kann über die Einheitsfrontpolitik der KI und der KPD in dieser Periode gesagt werden:
Die KPD kämpfte mit dem ehrlichsten, leidenschaftlichsten Willen und unter äußerster Anstrengung aller ihrer Kräfte für die Schaffung der revolutionären Einheitsfront der deutschen Arbeiterklasse, um das deutsche Volk vor dem Faschismus zu bewahren und ihm den Weg in eine Zukunft zu bahnen, in der ein für alle mal die Wurzeln des Faschismus, der Krisen und Kriege sowie der Ausbeutung der werktätigen Menschen beseitigt sind.
Durch diesen aufopfernden Kampf erwarb sich die KPD die Sympathie von Millionen fortschrittlichen Menschen innerhalb und außerhalb Deutschlands; dieser Kampf stellte sie in die erste Reihe aller kommunistischen Parteien. Mit berechtigtem Stolz konnte Ernst Thälmann auf der 3. Parteikonferenz der KPD im Oktober 1932 feststellen: Die KPD ist die zweite Partei der Kommunistischen Internationale (S.19).
Die Voraussetzung dafür, dass dieser heroische Kampf der KPD zum Sieg über den Klassenfeind führte, bestand darin, dass sie es verstand, “sich eine Strategie auszuarbeiten, die der besten internationalen Strategie der (durch jahrhundertelange Erfahrung im allgemeinen und durch die ‚russische Erfahrung’ im besonderen) am meisten “aufgeklärten” fortgeschrittenen Bourgeoisie gewachsen ist.” (W.I. Lenin, Brief an die deutschen Kommunisten – vom 14. August 1921 -, LW 32/538-9)
Das ist ihr damals noch nicht gelungen. Die von der Kommunistischen Internationale beschlossene und von der KPD bis zur letzten Konsequenz durchgeführten Einheitsfronttaktik beruhte nicht auf den leninistischen Prinzipien, sondern auf ihrer sektiererischen Entstellung.
Die Konzeption, von der diese Einheitsfronttaktik ausging, war schon auf dem 9. Parteitag der KPD und auf dem V. Weltkongress der Kommunistischen Internationale wie folgt formuliert worden:
Aus der Entschließung des 9. Parteitages:
III. a) Konsolidierung der Partei:
“Das erfordert einen vollkommenen Bruch mit der ganzen Ideologie der vergangenen Periode, wo die Einheitsfronttaktik die Partei mit Schwächegefühl erfüllt hat und wo die KPD sich selbst für eine Partei neben anderen ansah. Die KPD ist die Partei des Proletariats. Sie ist stark genug, das Proletariat in den Massenkampf zu führen, sobald es die Situation gestattet. Wenn sie die Einheitsfront von unten organisiert, tut sie das, um die großen Massen des Proletariats in Kämpfe zu führen, und nicht, weil sie ‘allein’ ohne die anderen Parteien als Verbündeten zu schwach ist, sondern weil sie ‘allein’ als Partei stark genug ist, die Massen in Kämpfe zu führen.” (Bericht über den 9. Parteitag, S. 384).
Aus den Thesen des V. Weltkongresses der KI.:
Die Einheitsfronttaktik ist “nur eine Methode der Agitation und der revolutionären Mobilisation der Massen und keinesfalls eine Taktik ‘der politischen Koalition’ mit der Sozialdemokratie”.
Mit einer solchen Taktik konnte die Partei trotz besten revolutionären Willens nicht zum Ziel gelangen.
“Die Kommunisten müssen alle Kräfte anspannen, um die Arbeiterbewegung und die gesellschaftliche Entwicklung überhaupt auf dem geradesten und raschesten Wege zum Sieg der Sowjetmacht und zur Diktatur des Proletariats in der ganzen Welt zu führen. Das ist eine unbestreitbare Wahrheit. Aber man braucht nur einen ganz kleinen Schritt weiter – scheinbar einen Schritt in derselben Richtung – zu tun, und die Wahrheit verwandelt sich in einen Irrtum. Man braucht nur, wie die deutschen und englischen linken Kommunisten zu sagen, dass wir nur einen Weg, nur den geraden Weg anerkennen, dass wir kein Lavieren, kein Paktieren und keine Kompromisse zulassen – und das wird bereits ein Fehler sein, der dem Kommunismus ernstesten Schaden zufügen kann,…” (W.I. Lenin, Der “linke Radikalismus”, die Kinderkrankheit im Kommunismus, Abschnitt X, LW 31/91)
C. Abschließende Betrachtungen
1. Über die Ursachen der linken Abweichungen der KI und der KPD von der leninistischen Strategie und Taktik.
Als direkte Ursachen müssen m. E. genannt werden:
a) Die in der ganzen II. Internationale beispiellos dastehende niederträchtige Verratspolitik der Führung der SPD und der reformistischen Gewerkschaften, die dem tausendfach berechtigten Hass der revolutionären deutschen Proletarier gegen diese Führung immer neue Nahrung gab. Das führte dazu, dass die Situation 1930 bis 1932 noch kaum anders war als die von Lenin 1921 geschilderte: “…dieser Hass – das edelste, erhabenste Gefühl der Besten aus der unterdrückten und ausgebeuteten Masse – machte die Menschen blind, nahm ihnen die Möglichkeit, kaltblütig zu überlegen und eine eigene richtige Strategie auszuarbeiten als Antwort auf die glänzende Strategie der bewaffneten, organisierten, durch die ‘russische Erfahrung’ gewitzten…..von Frankreich, England und Amerika unterstützten Kapitalisten.” (W.I. Lenin, Brief an die deutschen Kommunisten – 14. August 1921 – LW 32/538)
b) In direktem Zusammenhang damit steht das Unvermögen der Führung der KPD zur Ausarbeitung einer wirklich marxistischen Analyse der Lage und einer den Anforderungen dieser Lage entsprechenden Strategie und Taktik in der damaligen besonders komplizierten Situation.
Aber damit ist noch keine ausreichende Erklärung gegeben. Wie erklärt es sich, dass die Partei trotz solch schwerer Fehler in dieser Zeit dennoch erstarkte, innerlich geschlossener und fester wurde als je zuvor? Weshalb hatte die Führung der Partei eine unbestrittene Autorität sogar weit über den Rahmen der Parteimitglieder hinaus weshalb war es der Partei möglich, Millionen der besten und kühnsten revolutionären deutschen Arbeiter unter ihrer Fahne zu sammeln? Weshalb bildete sich trotz der sektiererischen Fehler in der Partei keine zahlenmäßig irgendwie ins Gewicht fallende Opposition heraus, während z.B. 1923 gegen den rechtsopportunistischen Kurs der Brandler-Thalheimer-Führung schon vor dem Fiasko in Sachsen große Bezirksorganisationen nahezu geschlossen in Opposition standen?
Das alles erklärt sich daraus, dass das Thälmannsche ZK in der Tat die beste Führung der KPD darstellte, die die revolutionäre Vorhut des deutschen Proletariats damals hervorbringen konnte. In keiner der Perioden vor dem Thälmannschen ZK war in der Partei eine solche weitgehende Übereinstimmung zwischen Führung und Mitgliedschaft erreicht worden. Diese Führung war wirklich Fleisch vom Fleische und Blut vom Blute des revolutionären deutschen Proletariats. Ihre Vorzüge und Schwächen waren dessen Vorzüge und Schwächen. Diese Führung kam aus einer Generation der revolutionären Arbeiterbewegung, die nicht mehr durch die alte Sozialdemokratie unter Bebel geprägt worden war, sondern deren stärkste Erlebnisse, durch die ihre politische Entwicklung in entscheidendem Maße bestimmt wurde, in der Zeit danach lagen:
erstens der ungeheuerliche Verrat der Führer der SPD und der Gewerkschaften am proletarischen Internationalismus und an der proletarischen Revolution 1914 – 1918. Daraus resultierte ein unbändiger Hass gegen die reformistischen Führer, jener Hass, ohne den damals wie heute ein konsequenter Kommunist nicht denkbar ist. Das Erlebnis, dass die sozialdemokratischen Führer fähig waren, Millionen Proletarier auf die Schlachtfelder des imperialistischen Krieges zu jagen; dass sie fähig waren, im Bündnis mit den kaiserlichen Generälen das revolutionäre deutsche Proletariat abzuschlachten und seine Führer kaltblütig ermorden zu lassen, – diese Erlebnisse haben den Grundstein zur Theorie vom Sozialfaschismus gelegt;
das zweite Erlebnis, durch das diese Führergeneration geprägt wurde, war die Große Sozialistische Oktoberrevolution. Die russischen Bolschewiki hatten das geleistet, was auch in Deutschland hätte geleistet werden müssen. Diese Generation war frei von allen Überresten jener traditionellen Vorstellung, von der selbst die besten Revolutionäre der älteren Generation wie Rosa Luxemburg, nicht frei waren, dass nämlich die deutsche Sozialdemokratie der Lehrmeister aller anderen Sozialisten, darunter auch der russischen Bolschewiki, sein musste. Für diese jüngere Generation waren die Bolschewiki uneingeschränkt und vorbehaltlos das revolutionäre Vorbild, dem es in allem nachzueifern galt. Daraus resultierte die zweite Eigenschaft, ohne die ein konsequenter Kommunist nicht denkbar ist: die vorbehaltlose Treue zur Partei Lenins, zur Sowjetunion und zur Kommunistischen Internationale, die Bereitschaft, für die Verteidigung der Sowjetunion jeder Zeit alles hinzugeben. Das überwältigende Erlebnis des siegreichen Oktober hat den Grundstein gelegt für die alle Parteien der III. Internationale beherrschende Vorstellung, der Weg des Oktober müsse der Weg zum Sieg der proletarischen Revolution zumindest in allen fortgeschrittenen kapitalistischen Ländern, besonders aber in Deutschland, sein.
Heute (1957), mit einem Abstand von 40 statt von 15 Jahren zur Großen Sozialistischen Oktoberrevolution, und mit dem Beispiel der europäischen und asiatischen Volksdemokratien vor Augen, ist es natürlich leicht zu sagen: “Man hätte eben Lenins Hinweis, dass jedes Land auf seinem Weg zum Sozialismus kommt, mehr beachten müssen.” Aber wer nicht in Rechnung stellt, wie sehr das Beispiel der Oktoberrevolution im Jahre 1932 eine viel unmittelbarere Wirkung als einziges Vorbild ausstrahlte, als das heute der Fall ist, der wird nie begreifen können, wieso eine Partei wie die KPD und gar die ganze Kommunistische Internationale sich dermaßen in den Versuch einer Wiederholung dieses Beispieles “verrennen” konnte;
das dritte Erlebnis, das zur entscheidenden Bedeutung für diese Führergeneration des revolutionären deutschen Proletariats wurde, war das Versagen der KPD im Jahre 1923 auf Grund der rechtsopportunistischen Fehler der Brandler-Thalheimer-Führung.
Es kann gar keine Rede davon sein, dass etwa die Feststellung der 1929 bis 1933 begangenen Fehler eine Rechtfertigung der Brandler-Leute darstellen könnte, oder dass die Rechten sich darauf berufen könnten, ihre Fehler seien im Verhältnis zu den später gemachten Fehlern weniger schwerwiegend gewesen. Bei einer richtigen, nicht rechtsopportunistisch entstellten Einheitsfrontpolitik im Jahre 1923 hätte es keine linksradikale, sektiererische Entstellung der Einheitsfrontpolitik 1929 bis 1933 geben können. Das heißt zwar nicht, dass, weil 1923 rechtsopportunistische Fehler gemacht wurden, später unbedingt linkssektiererische Fehler gemacht werden mussten; aber die Tatsache ist nicht abzustreiten, dass die Fehler von 1923 tatsächlich dazu beigetragen haben, dass die Fehler von 1929 bis 1933 gemacht wurden.
Es handelte sich eben darum, dass diese Generation der besten revolutionären deutschen Proletarier, die das Hauptheer der KPD und später den Kern ihrer Führung bildete, naturgemäß zu linken Überspitzungen neigen musste. Sie waren zu Kommunisten geworden aus Hass und im schärfsten Kampf gegen den rechten Verrat. Die eindringlichste Lehre, die ihnen die Geschichte erteilt hatte, war die, dass die Revolution am Rechtsopportunismus, am Sozialdemokratismus, zugrunde ging. Sie hatten dagegen noch keine eigenen politischen Erfahrungen gesammelt, die sie gelehrt hätten, dass auch linke, sektiererische Fehler für die Revolution lebensgefährlich sein konnten.
Lenin hatte zwar die deutschen Kommunisten gelehrt: “Übertreiben aber, wenn auch nur ein klein wenig, heißt eben den Sieg verhindern. Den Kampf gegen den Zentrismus übertreiben, heißt den Zentrismus retten, seinen Einfluss auf die Arbeiter festigen.” (W.I. Lenin, Brief an die deutschen Kommunisten – 14. August 1921 – LW 32/546)
Auf dem 9. Parteitag formulierte dagegen ein Mitglied der Zentrale, das nicht einmal zu den Linken, sondern zur Mittelgruppe gehörte, in geradezu klassischer Weise die Auffassung, die bei der Masse der Mitglieder der KPD herrschte.
“Die rechten Gefahren sind für die kommunistische Taktik viel gefährlicher als irgendwelche linken Gefahren.
Rechte Gefahren führen zwangsläufig zu einem Kompromiss, zu einer Linie mit den Verteidigern der gegenwärtigen bürgerlichen Gesellschaftsordnung und lähmen den Kampf. Linke Gefahren haben zwar den einen Nachteil, dass sie die Bewegung als Massenbewegung hemmen können, aber sie können nicht den revolutionären Elan brechen. Nie kann man nach links eine Koalition eingehen, die eine Gefahr für die Revolution überhaupt bedeutet. Alles, was nach links weicht, wird bei revolutionären Kämpfen und in revolutionärer Entwicklung selbst immer wieder zurückfluten auf die richtige revolutionäre Linie. Deswegen sind sie keine solche Gefahren wie rechte Abweichungen.” (Bericht über den 9. Parteitag, Seite 272).
Hier wird offenbar, wo sich die deutschen Kommunisten den Leninismus noch nicht voll zu eigen gemacht hatten. Für die Zukunft der Partei hing ungeheuer viel davon ab, diesen besten Kadern der KPD zu helfen, möglichst rasch und gründlich ihre sektiererischen, linksradikalen Tendenzen zu überwinden.
Das konnte nur geschehen durch eine Politik, die es verstand, sich von rechtsopportunistischen Fehlern ebenso freizuhalten, wie vom Sektierertum. Das galt in ganz besonderem Maße für die Anwendung der Einheitsfronttaktik, bei der die Gefahr rechter Abweichungen ziemlich groß war und die gerade deshalb bei den kommunistischen Arbeitern auf Argwohn und Misstrauen stieß. Dieser Argwohn und dieses Misstrauen konnte nur durch die Erfolge, die eine richtige Anwendung der Einheitsfronttaktik unvermeidlich mit sich gebracht hätte, überwunden werden.
Auf der Brandler-Thalheimer-Führung ruhte deshalb in der Situation des Jahres 1923 die Verantwortung für die leninistische Erziehung des Vortrupps der deutschen Arbeiterklasse, und nicht nur der deutschen, sondern der europäischen Kommunisten; denn die Politik der deutschen Partei war damals wie auch 1929 bis 1933 das Modell, sozusagen die Mustervorlage für die Politik der kommunistischen Parteien Mittel- und Westeuropas. (38)
Eine richtige Politik dieser Führung wäre ein entscheidender Beitrag zur raschen Überwindung der “Kinderkrankheit” des Kommunismus gewesen.
Ihr Versagen, ihre Politik des feigen Opportunismus war ein entscheidender Beitrag dafür, dass sich diese Krankheit – ohne einen Lehrmeister und “Arzt” wie Lenin – fest und tief in den Organismus der III. Internationale und ihrer Sektionen einfraß.
Die Fehler der Brandler-Führung sind auch ihrem Ursprung nach anders zu beurteilen, als die Fehler des Thälmannschen ZK. Die Fehler der Thälmannschen Führung der Partei sind Fehler von proletarischen Revolutionären, die noch nicht genügend Erfahrungen gesammelt haben, um die revolutionäre Strategie und Taktik fehlerfrei und meisterlich anwenden zu können.
Die Fehler der Brandler-Führung waren Fehler von Opportunisten, die zwar mit der sozialdemokratischen Partei, aber nicht völlig mit der sozialdemokratischen Ideologie gebrochen hatten. Ihre Auffassungen und ihre Politik waren eine Widerspiegelung der Auffassungen solcher in der KPD in der Minderheit befindlichen Arbeiterschichten, die durch die revolutionäre Welle der Jahre 1918 bis 1923 zur Partei gekommen waren, aber den Oberschichten des Proletariats näher standen als seinen Unterschichten und die Stimmungen und Auffassungen dieser Oberschichten in großem Maße teilten.
Wie ist die Haltung der Versöhnlergruppe einzuschätzen?
Das ist sehr viel komplizierter. Mit dem Vorbehalt, dass meine Auffassung sich nur stützt auf das, was aus der Darstellung Ernst Thälmanns über die Versöhnler hervorgeht, und dass ich mir kein Urteil über etwa vorhandene Schattierungen und Differenzierungen innerhalb der Versöhnlergruppe erlauben kann, möchte ich folgendes sagen:
Die Versöhnlergruppe kann nicht mit der Brandler-Gruppe gleichgesetzt werden. Ihre Opposition gegen die Wendung der Partei in der Einheitsfrontpolitik, vor allem in der Gewerkschaftspolitik, entsprang nicht einer Abweichung zum Sozialdemokratismus, sondern der im großen und ganzen richtigen Einschätzung der Folgen dieser Wendung. Ihr Versuch, eine solche Wendung zu verhindern, ist deshalb durchaus verständlich und gerechtfertigt, nicht aber die Mittel, deren sie sich dabei bedienten.
Ihre Hauptfehler bestanden meines Erachtens darin:
1. Sie haben nicht erkannt, dass der proletarische Führungskern, der sich um Thälmann gruppierte, organisch und untrennbar mit dem besten Teil der Parteimitgliedschaft verbunden war, und dass diese Führung das wertvollste Gut der Partei darstellte. Sie haben deshalb auch nicht erkannt, dass ein Versuch, diese Führung zu beseitigen und durch Vertreter ihrer Gruppe und der Rechten zu ersetzen, die Gefahr der Spaltung und Zerstörung der Partei heraufbeschwören und auf die schärfste Zurückweisung stoßen musste.
2. Sie haben nicht erkannt, dass die einzige Möglichkeit, die Partei daran zu hindern, eine falsche Politik einzuschlagen, darin bestand, diese Führung der Partei mit Ernst Thälmann an der Spitze davon zu überzeugen, – wenn nicht sofort, dann später – dass der eingeschlagene Weg falsch war.
3. Sie haben nicht erkannt, dass dazu vor allem notwendig war, die Parteiführung in ihrem notwendigen Kampf gegen die Rechten zu unterstützen und sich auch nicht dadurch in eine gemeinsame Front mit den Rechten gegen die Parteiführung drängen zu lassen, dass ihre Kritik an der Parteilinie sachlich in vielen Punkten mit der Kritik der Rechten übereinstimmte.
4. Statt sich aber gegen die Rechten scharf abzugrenzen, suchten sie in ihnen Bundesgenossen gegen die Thälmannsche Führung und machten sich zu ihren Fürsprechern.
5. Ihr schlimmste Fehler jedoch war, dass sie den Versuch unternahmen, die Auseinandersetzung über politische Meinungsverschiedenheiten durch persönliche Intrigen (Wittorf-Affäre) zu ihren Gunsten zu entscheiden. Das war ein parteifeindliches Verhalten, das zur Folge haben musste und auch wirklich hatte, dass ihre politische Argumentation jegliches Gewicht verlor. Dadurch, dass sie in der Auseinandersetzung gröblichst gegen die Parteiprinzipien verstoßen hatten, blieb ihnen jetzt nicht einmal mehr die Möglichkeit, ihre Auffassung im Rahmen dieser Prinzipien zu verfechten. Ihnen blieb nur noch die Wahl zwischen völliger Kapitulation und dem Weg des Renegatentums. Statt der Partei zu helfen, auf den richtigen Weg zurückzufinden, haben die Versöhnler durch ihre Fehler sich selbst zum Schaden der Partei zur Einflusslosigkeit verurteilt.
2. Die Rolle der Kommunistischen Internationale (K.I.) und Stalins
(Aus Zeitmangel keine Ausarbeitung, sondern nur Stichworte).
Zur Rolle der KI:
a) Die KI war dazu berufen, die Fehler der KPD zu korrigieren.
b) Das ist nicht immer geschehen. mitunter wurden sie von ihr sogar verstärkt.
c) Verständliches Bestreben: die vermeintlich günstigen objektiven Bedingungen für den Sieg der proletarischen Revolution in Deutschland zu nutzen, um damit gleichzeitig der Sowjetunion die so lang erwartete und benötigte Entlastung vom Druck der imperialistischen Umkreisung zu verschaffen. (Anm.39).
d) Erst der VII. Weltkongress brachte die Wendung. Er hat die Kritik an den Fehlern der Vergangenheit eingeleitet, aber noch nicht zu Ende geführt. Dabei wurde die Verantwortung für die Fehler, zum Teil in Auswirkung des Personenkults, einseitig nach unten, auf die Sektionen verlagert.
e) Aber auch die Fehler der KI sind nicht in erster Linie Personenfragen, sondern eine Frage der Reife der kommunistischen Weltbewegung.
f) Obwohl die KI in vielen Fällen den Kurs der KPD verschärft nach links drängte, spielte doch die Führung der KPD eine entscheidende Rolle als Hauptinitiator der Linksschwenkung bereits auf dem 6. Weltkongress der KI und danach.
Zu Stalin:
a) Stalins Autorität in der internationalen Arbeiterbewegung – voll und ganz verdient. Bester Schüler Lenins.
b) Es ist ein Verdienst Stalins, dass er seine Autorität für das Thälmannsche ZK in die Waagschale warf.
c) Die Grenzen Stalins:
Hang zur Vergröberung und Schablonisierung.
Nicht frei von linksradikalen Tendenzen. Der Radikalismus Stalins (und Thälmanns) jedoch nicht gleichzusetzen mit dem Radikalismus der kleinbürgerlichen Ultralinken (Ruth Fischer usw.), sondern ein sozusagen proletarischer Radikalismus, der keine Schwierigkeiten fürchtet und vor ihnen nicht zurückschreckt, und der nie die Klassenlinie verlässt.
Stalin (wie Thälmann) haben stets die Gleichsetzung der sozialdemokratischen Arbeiter mit den sozialdemokratischen Führern entschieden bekämpft. Stalins (wie Thälmanns) hervorragendste Eigenschaft: Treue zur Sache der proletarischen Revolution, unversöhnlicher Hass gegen alle Feinde des Proletariats. Stalin fehlte die Gabe Lenins, auch das, was der Feind und Gegner sagte, daraufhin zu prüfen, ob nicht etwas Wahres, etwas Brauchbares darin steckt:
Stalin hatte zu dieser Zeit selbst gewissermaßen “noch nicht ausgelernt”. Sechs Jahre später zeigt er eine meisterhafte Beherrschung der Leninschen Strategie und Taktik. (Nichtangriffspakt mit Deutschland.)
Im Gegensatz zu Lenin – keine persönliche Kenntnis der westeuropäischen Arbeiterbewegung.
Aus all diesen Gründen war Stalin – bei allem was die KPD ihm an Hilfe verdankt – nicht imstande, die damaligen Fehler der KPD zu korrigieren, sondern er hat sie des öfteren zusammen mit der Führung der KI in ihrer falschen Haltung bestärkt.
3. Die historische Schuld der Führung der Sozialdemokratie und die Verantwortung der KPD
Bedeuten die Feststellungen über die Fehler der KPD nicht eine Entlastung der SPD-Führung von der historischen Schuld für den Sieg des Faschismus, zumindest aber eine Verminderung dieser Schuld? Davon kann keine Rede sein. Die Verantwortung beider Parteien für die Niederlage der deutschen Arbeiterklasse 1933 unterscheidet sich nicht quantitativ, sondern qualitativ und lässt sich nicht gegeneinander aufrechnen.
Die Führung der deutschen Sozialdemokratie hatte den entscheidenden Einfluss auf die deutsche Arbeiterklasse. Sie hat diesen Einfluss statt zum Sturze des Kapitalismus zur Verhinderung dieses Sturzes und zur Auslieferung der deutschen Arbeiterklasse an den Faschismus eingesetzt. Das war Verrat.
Die KPD dagegen hatte sich zum Ziel gesetzt, den offenkundigen Bankrott des Kapitalismus und seine Schwäche auszunutzen, um ihm den Todesstoß zu versetzen, obwohl ihr Einfluss dazu nicht ausreichte. Das war ein Fehler.
Jedes Wort, das die sozialdemokratischen Führer den Massen sagten, war Lüge, berechnet auf die Irreführung der Massen und auf die Verhinderung jedes ernsthaften Widerstandes gegen den Faschismus, berechnet auf die Rettung des Kapitalismus.
Jedes Wort, das die KPD den Massen sagte. war ehrlich und aufrichtig und darauf berechnet, den Massen den Weg zur Rettung aus der Hölle des Kapitalismus zu zeigen.
Wären die Massen der KPD gefolgt auf dem von ihr gezeigten Wege des revolutionären Sturzes des Kapitalismus, dann wäre Deutschland das Unglück des Faschismus und des zweiten Weltkrieges erspart geblieben.
Weil die deutschen Arbeiter in ihrer Mehrheit der SPD folgten, wurde die Niederlage des deutschen Proletariats unvermeidlich. Der Fehler der KPD bestand darin, dass sie nicht die richtigen Mittel und Wege fand, den Verrat der SPD-Führung zu durchkreuzen und unschädlich zu machen und die Einheit zwischen sozialdemokratischen und kommunistischen Arbeitern herzustellen.
Selbst die Feststellung, dass die KPD nicht an der Zielsetzung der proletarischen Revolution festhalten durfte, ist eine Anklage gegen die Führung der SPD.
Die objektiven Bedingungen in Deutschland waren damals wie schon 1918 überreif für den Sozialismus, für die proletarische Revolution. Und die Massen wollten – wie ebenfalls schon 1918 – den Sozialismus. Es gab auch damals wie 1918 keinen anderen Weg, den Kapitalismus zu stürzen, als den von der KPD gewiesenen, als den Weg, den die russischen Arbeiter und Bauern gegangen waren.
Wäre die Sozialdemokratie das gewesen, als was sie sich vor den Arbeitern ausgab, eine sozialistische Partei, dann hätte es kein Hindernis zur Einheitsfront zwischen SPD und KPD mit dem Ziel nicht nur der Verhinderung des Faschismus, sondern des Sturzes des Kapitalismus gegeben.
Die Zielsetzung des Kampfes um den Sozialismus in Deutschland wurde nicht etwa durch die Stärke der Bourgeoisie oder des Kapitalismus unmöglich gemacht, sondern durch die Hilfsdienste der SPD-Führung für den todkranken Kapitalismus und für die vor der revolutionären Erhebung der Massen zitternde deutsche Bourgeoisie.
Deshalb werden wirkliche Sozialisten für alle Zeiten nur mit tiefstem Abscheu und tiefster Verachtung und Empörung von der schändlichen Rolle und dem Verrat der Führer der Sozialdemokratie sprechen, während sie des Kampfes der KPD trotz ihrer großen Irrtümer und Fehler immer mit größter Sympathie und tiefster Bewunderung für den Heroismus, den Opfermut und die unbeugsame revolutionäre Leidenschaft gedenken und von ihm lernen werden
Kurt Gossweiler April-Juni 1957,
veröffentlich in Schriftenreihe der KPD Heft 78 I u. II (Januar 2002)
Anmerkungen:
1) Auf dem 8. Parteitag erklärt Brandler in seinem Referat über die Einheitsfronttaktik, die Kommunisten müssten dabei sein, “wenn die ersten Formen und Phasen beginnen, wo die sozialdemokratischen Führer unter dem Druck der Massen wenigstens soweit sind, dass sie sich vom linken Flügel der Bourgeoisie abwenden und zum rechten Flügel der Arbeiter werden.” (Bericht über den 8. Parteitag, S. 328).
2) Aus der Resolution der Brandlergruppe an den 9. Parteitag:
“Zu diesem Zweck gilt es vor allem, die vollständige politische und organisato¬rische Liquidation der SPD durchzuführen.” (Bericht über den 9. Parteitag, S.179)
3) Das Präsidium des EKKI über Sozialdemokratie und Faschismus. (Beschluss vom 19. 01. 1924):
“Die leitenden Schichten der deutschen Sozialdemokratie sind im gegenwärti¬gen Moment nichts anderes als eine Fraktion des deutschen Faschismus unter sozialistischer Maske.” (Bericht über den 9. Parteitag, S.31)
Die Mittelgruppe zur gleichen Frage:
“Es waren die Sozialdemokraten in der Reichsregierung, … die aus Angst vor der proletarischen Diktatur die Diktatur der weißen Generäle aufrichten halfen. Nur mit der Unterstützung der SPD konnte die Bourgeoisie den militärischen Ausnahmezustand verhängen und durchführen. …
Es waren die linken Sozialdemokraten Zeigner, Liebmann, Fellisch und Konsorten, die das sächsische Proletariat dem weißen Terror auslieferten. Nur mit Hilfe der SPD konnte die KPD in die Illegalität gedrängt werden, nur mit ihrer Zustimmung die Ermächtigungs¬gesetze angenommen und durchgeführt werden, nur mit ihrem passiven und ak¬tiven Beistand konnte sich der Generalangriff des Unternehmertums gegen alle Positionen des Proletariats entwickeln. So wurde die bürgerliche Demokratie von ihren eigenen Verfechtern preisgegeben. So schwenkte formal die SPD zum Faschismus über.” (A.a.O., S. 159/60)
Die Brandlergruppe zur gleichen Frage:
(a.a.O.,S. 177/78) “Das Großkapital siegte, indem es das Kleinbürgertum gegen die Arbeiterklas¬se zu sich herüberzog. Das faschistische Kleinbürgertum wurde von dem großkapitalistischen Faschismus teils sofort sich untergeordnet; wo es eine selbständige Rolle zu spielen suchte (Hitler-Ludendorf-Putsch), mühelos geschla¬gen und danach sich botmäßig gemacht. Das reformistisch-pazifistisch¬-demokratische Kleinbürgertum und die Arbeiteraristokratie (Sozialdemokratie) haben dem großkapitalistischen Faschismus teils aktiv Hilfsdienst geleistet (rechter Flügel), teils ihm gedient durch Verrat am Abwehrkampf der Arbeiterschaft (linker Flügel), beide haben nach dem Oktober sich mit dem großkapitalistischen Fa¬schismus verbunden. (Thüringen, Sachsen.)
Das Bündnis der Sozialdemokratie mit der Großbourgeoisie hat während und nach dem Oktober seinen politischen und sozialen Inhalt geändert. 1918 und 1923 war die Grundlage dieses Bündnisses die bürgerliche Demokratie und so¬ziale Konzessionen an bestimmte Schichten der Arbeiterschaft, jetzt nach dem Oktober ist es das großkapitalistisch-faschistische Programm. …“Über wen hat der großkapitalistische Faschismus gesiegt? Über die Arbeiterklasse.” (Also auch die Thesen vom Sieg des Faschismus über die Novemberrepublik und die Sozialdemokratie ist völlig aufgegeben!)
Sinowjew auf dem V. Weltkongress zur gleichen Frage:
“Die Bourgeoisie in Europa ist gezwungen, sich bald an den Faschismus, bald an die Sozialdemokratie zu klammem. Die Faschisten sind die rechte Hand, die Sozialdemokraten die linke Hand der Bourgeoisie. …” “Das Wichtigste dabei ist, das die Sozialdemokratie zu einem Flügel des Fa¬schismus geworden ist.” (Protokoll des V. Weltkongresses der Kommunisti¬schen Internationale, Bd. 1., S.66 u. 67).
Aus den Thesen des V. Weltkongresses zur Taktik:
“Sowohl die Faschisten (die erste Periode des Regiments Mussolini) wie die Sozialdemokraten (die erste Periode des Regiments Noske) stellten sich der Bourgeoisie im erwünschten Augenblick als bewaffnete Banden, als Knüppelgarden gegen die wachsende proletarische Umsturzarmee zur Verfügung. …” “Die Sozialdemokratie ist seit einer Reihe von Jahren in einem Umwan-dlungsProzess begriffen, aus einem rechten Flügel der Arbeiterbewegung in ei¬nen Flügel der Bourgeoisie, stellenweise sogar in einen Flügel des Faschismus”. Darum ist es historisch falsch, von einem “Sieg des Faschismus über die Sozi¬aldemokratie” zu reden. “Der Faschismus und die Sozialdemokratie sind (soweit es sich um ihre führende Schicht handelt) die rechte und die linke Hand des modernen Kapitalismus…” (Aus Thesen und Resolution des V. Weltkongresses d. K.I., S.17 und 18)
4) Zu Fragen der Einheitsfront:
Brandler auf dem 8. Parteitag der KPD:
“Die Taktik der Einheitsfront ist nicht eine Parole zur Entlarvung des Klassenfeindes oder zur Entlarvung der Sozialdemokratie, sie ist das Mittel zur Gewinnung der Massen für den Kommunismus.” (A.a.O., 5. 318)
In der Polemik gegen die Resolution des Bezirksparteitages Wasserkante an den 8. Parteitag der KPD erklärte Brandler: “In der Resolution des Bezirksparteitages Wasserkante gibt es noch ein solches Prinzip. Es heißt dort: ‚Die Bildung der Einheitsfront von unten auf ist die Hauptaufgabe der Kommunistischen Partei. Spitzenverhandlungen sind lediglich ein Mittel zur Erreichung dieses Zwecks.’”
Diese völlig richtige Darstellung kommentiert Brandler folgendermaßen: “Also nur Erreichung der Einheitsfront von unten auf.” (A.a.O., S. 324)
In der Resolution der Brandlergruppe an den 9. Parteitag hieß es dagegen: “Die Einheitsfront von unten ist die jetzt erforderliche Taktik. Keine Verhand¬lungen mit den sozialdemokratischen Spitzen mehr, aber Heranziehung sozial¬demokratischer Mitglieder und unterer Funktionäre zu gemeinsamen Aktio¬nen.” (Bericht über den 9. Parteitag, S. 179)
5) Ruth Fischer auf dem 9. Parteitag:
“Als man die Thesen über die Einheitsfront auf der erweiterten Exekutive im Dezember 1921 zum ersten Male formulierte, stand in den Thesen ausdrücklich, dass die Einheitsfronttaktik reife Parteien erfordere. Und wir haben nur sehr unreife Parteien. …
Diese Parteien brauchen nach den Erfahrungen der deutschen Partei in ihrer taktischen Haltung weniger Anweisungen zum Manö¬vrieren, als Anweisungen zu starren kommunistischen Methoden. Wir werden diesen Standpunkt durchkämpfen, auch wenn die Kommunistische Internationa¬le anderer Meinung ist.” (A.a.O., S. 228/29)
6) Das Präsidium des EKKI am 19.01.1924 über die Einheitsfronttaktik:
“Sie ist eine Taktik der Revolution, nicht der Evolution. Wie die Arbeiter-(und Bauern) Regierung für uns kein festes, demokratisches Übergangsstadium sein kann, so ist auch die Taktik der Einheitsfront keine demokratische Koalition, kein Bündnis mit der Sozialdemokratie. Sie ist nur eine Methode der revolutio¬nären Agitation und Mobilisierung. Alle anderen Auslegungen lehnen wir als opportunistisch ab.” (Bericht über den 9. Parteitag, S.26)
“Mit den Soldknechten der weißen Diktatur gibt es kein Verhandeln! …Die Wendung in der Einheitsfronttaktik in Deutschland heißt jetzt: Einheit von un¬ten!” (a.a.O., S.32)
7) Der V. Weltkongress zur Einheitsfronttaktik:
“Einheitsfront von unten – fast immer, Einheitsfront von unten und zugleich von oben – ziemlich oft, mit allen notwendigen Garantien als Taktik zur revo¬lutionären Mobilisierung der Massen, Einheitsfront nur von oben – niemals!” (Sinowjew a. d. V. Weltkongress, Protokoll, Bd. 1. S. 81) (sh. auch Thesen über die Taktik, Abschnitt VIII, in: Thesen und Resolutionen des V. Weltkongresses der K.I., S. 25/26)
8) Die Rechten (Brandler) über die Arbeiterregierung:
“Sie ist weder die Diktatur des Proletariats noch ein friedlich-parlamentarischer Aufstieg zu ihr. Sie ist ein Versuch der Arbeiterklasse, im Rahmen und vorerst mit den Mitteln der bürgerlichen Demokratie, gestützt auf proletarische Organe und proletarische Massenbewegungen, Arbeiterpolitik zu treiben.” (Resolution des 8. (Leipziger) Parteitages der KPD, im Bericht über den 8. Par¬teitag, S.240. Ebenfalls zitiert im Protokoll des V. Weltkongresses, Bd. 1‚ S. 85)
Der IV. Weltkongress hatte in seinen Thesen formuliert: “Jede bürgerliche Regierung ist zugleich eine kapitalistische Regierung, aber nicht jede Arbeiterregierung ist eine wirklich proletarische, d. h. ein revolutio¬näres Machtinstrument des Proletariats. Die Kommunistische Internationale muss folgende Möglichkeiten berücksichtigen:
Liberale Arbeiterregierung…
Sozialdemokratische Arbeiterregierung. (Deutschland)
Regierung der Arbeiter und ärmeren Bauern…
Arbeiterregierung mit Teilnahme von Kommunisten
Wirkliche proletarische revolutionäre Arbeiterregierung, die in
reiner Form nur durch die Kommunisten verkörpert werden kann.
Die ersten beiden Typen sind keine revolutionären Arbeiterregierungen, son¬dern in Wirklichkeit verkappte Koalitionsregierungen zwischen Bourgeoisie und antirevolutionären Arbeiterführern. …
Die zwei weiteren Typen der Arbeiterregierungen, an denen Kommunisten teilnehmen können, bedeuten noch nicht die Diktatur des Prole¬tariats, sie sind noch nicht einmal eine geschichtlich unvermeidliche Über¬gangsform der Diktatur, aber sie könnten dort, wo sie zustande kommen, einen Ausgangspunkt zur Erkämpfung der Diktatur bilden.
Die vollendete Diktatur des Proletariats ist nur diejenige wirkliche Arbeiterregierung, die aus Kommu¬nisten besteht.” (In den Thesen über die Taktik des IV. Weltkongresses, Seite 16).
9) Der V. Weltkongress zur Losung der Arbeiterregierung:
“Die opportunistischen Elemente der Komintern haben in der verflossenen Pe¬riode versucht, auch die Losung der Arbeiter- und Bauernregierung zu entstel¬len, indem sie sie als eine Regierung ‘im Rahmen der bürgerlichen Demokra¬tie‘ und als ein politisches Bündnis mit der Sozialdemokratie auslegten. Der V. Weltkongress verwirft eine solche Auslegung auf das entschiedenste. Die Lo-sung der Arbeiter- und Bauernregierung ist für die Komintern … die Losung der Diktatur des Proletariats.” (Thesen und Resolutionen… S. 27).
10) Die Rechten gegen Übergangsforderungen 1924:
“Entsprechend der Liquidation der Periode 1918 bis 1923 und der veränderten Rolle der Sozialdemokratie müssen jetzt alle Übergangsforderungen, die an die demokratisch-reformistischen Forderungen der SPD anknüpfen, fallen gelassen werden. Die Losung der proletarischen Diktatur und der Sozialisierung müssen die beherrschenden Propagandalosungen werden und aufs engste mit den Kämpfen gegen die Tagesnöte verbunden werden.” (Bericht über den 9. Partei¬tag, S. 179).
11) Der V. Weltkongress über Teilforderungen:
a) Abschnitt X der Thesen über die Taktik (a.a.O., S.28): “Die Taktik der Kommunistischen Internationale schließt die Einfügung von Teilforderungen in unsere Agitation und Politik nicht nur nicht aus, sondern umgekehrt, setzt sie sogar voraus.”
b) Programmentwurf, Teil IV ( Der Weg zur Diktatur des Proletariats), Abschnitt A/b: “Die Partei stellt eine ganze Reihe von Zwischenlosungen und Teilforderungen auf, die durch die Lage bestimmt werden, aber sie muss diese Forderungen und Losungen ihrem revolutionären Ziel unterordnen – der Eroberung der Macht und dem Sturz der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft.” (ebenda S.77.)
12) Im Bericht des ZK der KPD an den 12. Parteitag (“Die KPD. 2 Jahre Arbeit und Kampf”) wird auf Seite 201 von einem “katastrophalen Rückgang” der SPD, von einer “Abfallbe¬wegung, die Hunderttausende, wenn nicht Millionen” umfasst, gesprochen, und dann ge¬folgert, dass die “Führung der SPD über die Mehrheit der deutschen Industriearbeiter schon gegenwärtig höchst problematisch” sei. Es heißt dann weiter, dass aber von einer ernsten Opposition in der SPD nicht die Rede sein könne. “Die entscheidende Krise der bürgerlichen Arbeiterpartei vollzieht sich offen¬kundig nicht in Gestalt der Herausbildung eines linken Flügels in ihren Reihen, sondern der Abwanderung der besten Arbeiterelemente aus ihrer Peripherie zum Kommunismus.”
13) Aus der Resolution des VI. Weltkongresses (1928):
“36. Infolge der gesteigerten Vertrustung der Industrie und der Tendenzen zum Staatskapitalismus, infolge des Verwachsens der Organisationen des Staates und der Trusts mit dem Apparat der reformistischen Gewerkschaften, infolge der neuen, durch und durch bürgerlich und aktiv imperialistischen Ideologie der Sozialdemokratie muss der Kampf gegen diese ‚bürgerliche Arbeiterpartei‘ verschärft werden…
37. Die Verschärfung des Kampfes gegen die Sozialdemokratie verschiebt den Schwerpunkt entschieden auf die Einheitsfront von unten, aber sie enthebt die Kommunisten nicht von der Verpflichtung, zu unterscheiden zwischen den so¬zialdemokratischen Arbeitern, die nur irregeführt sind, und den sozialdemokra¬tischen Führern, die die Rolle von Lakaien des Imperialismus spielen. …
38. Die kommunistischen Parteien, die revolutionäre Gewerkschaftsopposition und die revolutionären Gewerkschaften können nur im erbitterten Kampf gegen die Sozialdemokratie und die politisch korrumpierte Gewerkschaftsbürokratie die führende Rolle in diesen Kämpfen erobern… Mit Rücksicht auf die Einheitsfront des bürgerlichen Staates, der Unternehmerorganisationen und der reformistischen Gewerkschaftsbürokratie, deren gemeinsame Bestrebungen auf die Abwürgung der Streikbewegung durch obligatorische Schiedssprüche gerichtet sind, ist es unsere Hauptaufgabe, die Energie und Initiative der Massen zu entfalten und in günstigen Situationen den Kampf auch gegen den Willen der reformistischen Gewerkschaftsbürokratie zu führen.”
14) Aus dem Referat des Genossen Pieck auf dem VII. Weltkongress der K.I.: “Mit der Losung der selbständigen Leitung der Streiks durch die revolutionäre Minderheit trugen die Kommunisten dazu bei, Streiks auszulösen und die revolutionäre Gewerkschaftsarbeit von der Fessel des reformistischen Gewerkschaftsapparates zu befreien. Aber bei der Verwirklichung dieser Losung wurde die erste unerlässliche Aufgabe der revolutionären Minderheit vernachlässigt die Zustimmung der Mehrheit der Betriebsbelegschaft zur Proklamierung des Streiks und die Bildung einer durch die Streikenden gewählten selbständigen Streikleitung zu sichern. …
Die Erfahrungen der Kämpfe haben auch gelehrt, dass die reformistischen Gewerkschaftsführer unter dem Druck der wachsenden Streikstimmung der Massen nicht immer vermochten, den Streik abzulehnen und dass deshalb die Einheitsfronttaktik möglich und notwendig war. Die Opportunisten in unseren Reihen vertraten die Auffassung, dass man in der Streikfrage zwar die reformistischen Gewerkschaftsbonzen unter den Druck der Mitgliedermassen setzen müsse, dass man sich aber bei Ablehnung des Streiks durch die Gewerkschaftsführer ihren Beschlüssen unterwerfen müsse.
Diese opportunistische Auffassung musste selbstverständlich von uns bekämpft werden. Es war aber wiederum ein Fehler, anzunehmen, dass es opportunistisch sei, überhaupt einen Druck auf die reformistische Gewerkschaftsbürokratie durch die Mitgliedermassen auszuüben, wie unser Standpunkt gegen die Brandlersche Losung “zwingt die Bonzen” in Deutschland und später auch in anderen Ländern ausgelegt wurde. Die revolutionäre Minderheit konzentrierte ihre ganze Aufmerksamkeit auf die selbständige Leitung der Streiks, ließ dabei aber eine solche Aufgabe außer acht, wie die Beteiligung an den von den reformistischen Gewerkschaftsführern geleiteten Streikbewegungen…”
15) Aus einer Rede Ernst Thälmanns auf dem VI. Weltkongress der K.I. (Band I, S. 618):
”In der praktischen Durchführung der Politik zeigen sich ebenfalls starke opportunistische Tendenzen und Abweichungen. … Ich will dem Kongress nur zwei Formulierungen aus den Funktionärorganen der Partei vortragen. In einem Artikel des Funktionärorgans des Leipziger Bezirks, ‚Die Parteiarbeit’, schreibt ein Genosse unter anderem folgendes: ‚Die Partei muss vor der Arbeiterschaft erklären, dass sie gewillt und bereit ist, eine sozialdemokratische Regierung zu unterstützen. Die Partei muss klar und konkret erklären, welche Forderungen sie an die Regierung stellt.’ Das ist eine vollkommen opportunistische Theorie, die an jene Theorie der Führung aus dem Jahre 1923 erinnert.”
Dieses Thälmann-Zitat ist im übrigen ein weiterer Hinweis darauf, wie verhängnisvoll das opportunistische Versagen der Brandlerführung im Jahre 1923 war. Es war dieses abschreckende Beispiel, das dem proletarischen Kern der Führung der KPD ständig vor Augen schwebte, und dessen Wiederholung er um jeden Preis verhindern wollte.
Dimitroff auf dem VII. Weltkongress der K.I.: “Unsere absolut ablehnende Stellung zu den sozialdemokratischen Regierungen, die Regierungen der Kompromisse mit der Bourgeoisie sind, ist bekannt. Aber dennoch glauben wir nicht, dass das Bestehen einer sozialdemokratischen Regierung oder einer Regierungskoalition der Sozialdemokratischen Partei mit bürgerlichen Parteien ein unüberwindliches Hindernis bildet, in bestimmten Fragen die Einheitsfront mit den Sozialdemokraten herzustellen. Wir sind der Meinung, dass auch in diesem Falle die Einheitsfront zum Schutze der Lebensinteressen des werktätigen Volkes und im Kampf gegen den Faschismus durchaus möglich und notwendig ist.
…In Schweden ist zum dritten Mal eine sozialdemokratische Regierung an der Macht, aber die schwedischen Kommunisten haben in der Praxis lange Zeit auf die Anwendung der Einheitsfront verzichtet.
…Was könnte in dieser Situation natürlicher sein und was könnte in größerem Maße den Wünschen der Arbeitermassen entsprechen, als ein Herantreten der kommunistischen Partei an alle sozialdemokratischen und gewerkschaftlichen Organisationen mit dem Vorschlag, gemeinsame Aktionen zur Durchführung dieser von der Sozialdemokratischen Partei aufgestellten Forderungen zu unternehmen?”
16) “Aus einer Rede” Ernst Thälmanns auf dem VI. Weltkongress der K.I.:
a) “Der Essener Parteitag nahm eine Formulierung an, worin die ‚linke’ Sozialdemokratie als der gefährlichste Feind des Kommunismus in der Arbeiterbewegung bezeichnet wird. Wir hoffen, dass der VI. Weltkongress in dieser Frage eine klare Entscheidung fällt, denn diese Frage ist für eine Reihe von Sektionen von größter Bedeutung.” (E. Thälmann, a.a.O., Bd. I, S. 607).
b) ‚Rote Fahne’ v. 4. Nov. 1928: in einem Bericht über die Parteikonferenz zu den Beschlüssen des VI. Weltkongresses: “Die deutsche Partei hat bereits auf dem Essener Parteitag als erste der Komintern die Initiative ergriffen, um die linken SPD-Führer als Hauptfeinde des Kommunismus und der Arbeiterbewegung zu kennzeichnen.”
c) Aus den Thesen des VI. Weltkongresses: “21. Eine besonders schändliche Rolle in der Spaltungskampagne des Reformismus spielen die sogenannten “linken” Führer der Sozialdemokratie, die zwar in Worten auf die Einheit schwören, in Wirklichkeit aber stets und immer die verbrecherischen Spaltungsmethoden der II. Internationale und der Amsterdamer Gewerkschaftsinternationale bedingungslos unterstützen.”
Genosse Pieck auf der Brüsseler Konferenz der KPD: “Besonders war es unsere Einstellung zu den Linken in der Sozialdemokratie, die uns die Schaffung der Einheitsfront außerordentlich erschwerte.” (‚Der neue Weg zum gemeinsamen Kampf für den Sturz der Hitlerdiktatur’. Verlag Neuer Weg 1947, S.41).
17) Aus den Thesen des VI. Weltkongresses:
“24 …Mehr oder weniger entwickelte Tendenzen und Keime der faschistischen Bewegung finden sich heute überall. Die Ideologie der Klassenzusammenarbeit, die die offizielle Ideologie der Sozialdemokratie ist, hat viele Berührungspunkte mit der Ideologie des Faschismus. Keime der faschistischen Methoden, die gegen die revolutionäre Arbeiterbewegung angewendet werden, finden sich in der Praxis vieler sozialdemokratischen Parteien, sowie auch in der Praxis der reformistischen Gewerkschaftsbürokratie.” (a.a.O., S. 24).
18) In der Auseinandersetzung mit den Vertretern der Gruppe Brandler-Thalheimer gaben deren Vertreter in der ZK-Sitzung v.19. Okt. 1928, Hausen und Galm, eine Erklärung ab, in der es u. a. hieß: “Die KPD befindet sich heute unmittelbar vor dem 10. Jahrestag ihres Bestehens, am Rande des Abgrundes.” (Rote Fahne v. 23. X. 1928).
19) Im Bericht des ZK an den 12. Parteitag (a.a.O., S.159) ist eine Zusammenstellung von Antworten verschiedener Bezirksleitungen auf die Umfrage des ZK enthalten, wie die Parteiorganisationen die Beschlüsse des 6. EKKI-Plenums aufgenommen haben. Einige der Antworten seien dem Inhalt nach hier wiedergegeben:
Bezirksleitung Berlin-Brandenburg: Die Mitglieder halten die Beschlüsse für sehr richtig, sind aber häufig der Ansicht, dass sie auf ihren Betrieb nicht anwendbar sind. (Siemens, Osram, Borsig u.a.).
Halle-Merseburg: Die Genossen stimmen den Beschlüssen zu, aber bei der Durchsetzung werden sie schwankend, schrecken vor den Konsequenzen zurück.
Oberschlesien: Einzelne führende Betriebsfunktionäre, die durch jahrelange zähe Gewerkschaftsarbeit sich Einfluss verschafft und wichtige Positionen besetzt haben, wandten sich gegen die neue Taktik.
20) Zur Einschätzung der Situation des Kapitalismus und der revolutionären Bewegung.
a) Der 12. Parteitag (Juni 1929); E. Thälmann, a.a O., Bd. 2, S. 64-78; Zur Geschichte der KPD, eine Auswahl von Materialien und Dokumenten, S.256 ff. (Resolution des 12.Parteitages).
Der 12. Parteitag findet noch vor dem Ausbruch der Weltwirtschaftskrise statt. Er stellt die Zuspitzung aller imperialistischen Gegensätze und Widersprüche fest, weist auf die steigende Arbeitslosigkeit in Deutschland, auf die verheerenden Folgen einer Annahme des Young-Planes für die werktätigen Massen und die mit dem Young-Plan zusammenhängende Offensive des Kapitals hin. Er konstatiert das Bestreben der deutschen Bourgeoisie, zur offenen faschistischen Diktatur überzugehen. Er stellt auf der Seite der Arbeiterklasse den Beginn eines neuen revolutionären Aufschwunges fest, der sich u. a. darin zeigt, dass die Arbeiterklasse von der Verteidigung gegen die Offensive des Kapitals zum Gegenangriff übergeht.
b) Das X. EKKI-Plenum (Juli 1929) siehe E. Thälmann, a.a.O., S. 158-255, bes. S.184-187; Thesen des X. Plenums in: “Die Kommunistische Internationale, Auswahl von Dokumenten und Reden…, herausgegeben von der Parteihochschule ‚Karl Marx’ beim ZK der SED, S.170-188.
Das X. Plenum bestätigt die Einschätzung des 12. Parteitages und unterstreicht besonders die Tatsache des revolutionären Umschwungs.
Ernst Thälmann X. EKKI-Plenum: “Wir können sagen, dass vom revolutionären Gesichtspunkt aus die jetzigen Wirtschaftskämpfe die Vorgefechte des großen Entscheidungskampfes sind.” (S.187)
Aus den Thesen des X. Plenums: “Die Klassenkämpfe beginnen, aus Angriffskämpfen seitens der Bourgeoisie in Gegenangriffskämpfe und teilweise in direkte Offensivkämpfe des Proletariats umzuschlagen.” (Material Partei-Hochschule, S. 180).
c) Tagung des erweiterten Präsidiums des EKKI, Februar 1930; E. Thälmann, a.a.O. S. 305- 331, bes. S. 305 – 310; Material Parteihochschule, S. 189-205; D. Manuilski: Die Weltwirtschaftskrise und der revolutionäre Aufstieg, Referat aus dem erweiterten Plenum… Verl. Carl Hoym Nachf.
Diese Tagung war die erste nach dem Ausbruch der Weltwirtschaftskrise und gab folgende Einschätzungen:
Aus dem Referat Manuilskis: “Die Krise signalisiert den Anfang des Verfalls der kapitalistischen Stabilisierung. Es naht noch nicht das Ende der Stabilisierung, sondern erst der Beginn des Verfalls, denn der Zerfall selbst der kapitalistischen Stabilisierung würde dem Zusammenbruch des kapitalistischen Systems, d.h. die Entstehung einer objektiv revolutionären Situation in den kapitalistischen Ländern bedeuten.
Es würde bedeuten, dass der gesamte politische Überbau, der auf Grund der relativen Stabilisierung des Kapitalismus in der Nachkriegszeit entstanden war, …nicht nur erschüttert, sondern durch die revolutionäre Bewegung der werktätigen Massen zusammengebrochen sei” (a.a.O., S. 24).
Hier wird also das Ende der relativen Stabilisierung mit der revolutionären Situation, mit dem Zusammenbruch des kapitalistischen Systems gleichgesetzt. Vgl. dazu das 12. Plenum des EKKI!
Aus der Resolution zum Referat des Gen. Manuilski: “Die Wirtschaftskrise in den Vereinigten Staaten, die drei Monate nachher (nach dem X. EKKI-Plenum, K.G.) einsetzte und sich zu der in einer Reihe von kapitalistischen Ländern und Kolonien bereits vorhandenen Depression gesellte, beschleunigte das Tempo der Zuspitzung der grundlegenden Widersprüche des Weltkapitalismus in höchstem Grade…” (Material PHS., S. 18).
“Dadurch vertieft die Wirtschaftskrise die allgemeine Krise des kapitalistischen Systems, verschärft seine inneren und äußeren Widersprüche, zertrümmert die labile kapitalistische Stabilisierung und beschleunigt das Tempo des revolutionären Aufschwungs in den kapitalistischen Ländern wie auch in den Kolonien.” (a.a.O., S. 192).
”Die Weltkrise wird um so verhängnisvollerer Folgen für den Kapitalismus haben, da sie sich in einer Zeit des mächtigen wirtschaftlichen Aufschwungs der Sowjetunion entfaltet, die in dieser Hinsicht einen völligen Gegensatz zur gesamten kapitalistischen Welt bildet” (a.a.O., S. 193).
“Mit der Entfaltung des erbitterten Kampfes innerhalb des imperialistischen Lagers um die Neuaufteilung der Welt, mit dem Anwachsen der revolutionären Bewegung in den kapitalistischen Ländern und in den Kolonien sowie mit der siegreichen Entfaltung des sozialistischen Aufbaus in der Sowjetunion wächst die Gefahr neuer imperialistischer Kriege, insbesondere die Gefahr eines Kriegsüberfalls auf die Sowjetunion.”
d) März-Plenum 1930 des ZK der KPD; E. Thälmann, a.a.O., S.332- 398, bes. 353-357.
Das März-Plenum diente der Verbreitung der Ergebnisse des erweiterten Präsidiums und seiner Konkretisierung für Deutschland. Auf diesem Plenum stellt Thälmann fest, dass “die Annahme des Young-Plans eine Verschärfung der beginnenden Krise in Deutschland bedeuten” wird. “Diese Krise wird in Deutschland eine weitaus größere Zuspitzung zeigen als in England und in Frankreich.” (Thälmann, a.a.O., S. 353).
e) Juli-Plenum des ZK der KPD 1930; E. Thälmann, a.a.O., S.453-476, bes. S. 453-462: “Immer mehr zeigen sich Erscheinungen, die das Umschlagen der Wirtschaftskrise in die politische Krise des kapitalistischen Systems widerspiegeln.” (S. 459). “In einer solchen Situation der Gärung und Empörung unter den Massen, wie sie heute besteht, wachsen die Voraussetzungen für uns, die große Idee des Kommunismus, des Kampfes und Sieges der proletarischen Revolution in die Massen zu tragen.”(S. 461).
f) Januar-Plenum des ZK der KPD 1931; E. Thälmann, Auszüge aus Reden, herausgeg. v. d. Parteihochschule “Karl Marx”, S. 214 – 279, (Volksrevolution über Deutschland). “Die Entfaltung der Krise in Deutschland hat auch nach den bürgerlichen Darlegungen einen besonders hohen Grad angenommen”. (S. 224) “Der Mittelstand sieht durch die Offensive der Unternehmer seine eigene Existenz bedroht. Man kann von einem beginnenden Klassenbewusstsein sprechen, von einer gewissen Annäherung an das Proletariat.” (S. 229). “Wir sagen, es entstehen Tendenzen der revolutionären Krise. Man könnte vielleicht sogar schon von einigen Elementen der revolutionären Krise in Deutschland sprechen. Es ist auch klar, dass in einigen Monaten wir in dieser Frage wiederum eine noch präzisere Formulierung werden wählen können, weil das Tempo der Entwicklung ein sehr rasches ist” (S.234). “Es ergibt sich ein solche Perspektive, dass der Tiefstand (der Krise) noch keineswegs erreicht ist, sondern eine weitere Verschärfung eintreten muss.” (S. 234). “Die Voraussetzungen für einen gleichzeitigen Aufschwung der Arbeiterbewegung in allen entscheidenden kapitalistischen Ländern, wenn auch in verschiedenem Tempo, sind gegeben. Damit wird die Lage für das Proletariat in dem Land, wo die Krise und der revolutionäre Aufschwung am weitesten fortgeschritten sind, objektiv günstiger.” (S. 236); Hinweis auf die Thesen Lenins, “wonach es auf Grund der objektiven Faktoren allein keine absolut ausweglose Situation für den Kapitalismus geben kann… Wir müssen die Situation ausweglos für den Kapitalismus machen!” (S. 237)
g) XI. EKKI-Plenum (März-April 1931); D.S. Manuilski: Die kommunistischen Parteien und die Krise des Kapitalismus. – Verl. Carl Hoym Nachf.; Thesen des XI. Plenums, Material der PHS über die K.I., S. 206 ff.
Aus dem Referat Manuilskis:
Über die Krise in den Verlierer-Ländern des 1. Weltkrieges: “…das schafft in diesen Ländern die Voraussetzungen für eine raschere Ausreifung der Elemente der revolutionären Krise als in den anderen kapitalistischen Ländern, den Gläubigerländern.” (a.a.O., S. 33) “Es muss vor allen Dingen festgestellt werden, dass der gegenwärtige revolutionäre Aufschwung die heranreifende zweite Runde der Revolutionen und Kriege ist … sie wird, ihrem Schwung nach, eine Fortsetzung des Oktobers 1917 werden und zum Sieg des Proletariats in einer Reihe von Ländern führen.
Eine Rückkehr von der jetzigen Krise zu einer kapitalistischen Stabilisierung. … wird es nicht geben. Vielmehr wird eine weitere Verfaulung des Kapitalismus vor sich gehen und ein Anwachsen des revolutionären Aufschwungs, mit neuer Kraft. Aber gerade deshalb, weil es der Aufschwung einer ganzen geschichtlichen Epoche und nicht ein episodischer Aufschwung ist, sind in ihm Schwankungen konjunktureller Art möglich. Beispiele solcher Schwankungen hatten wir nicht nur einmal in unserer Arbeit während des letzten Jahres.” (S. 50)
Das ist schon eine ganz andere Einschätzung als noch auf dem erweiterten Plenum des Präsidiums im Februar 1930, wo Manuilski gesagt hatte, es sei absolut nicht ausgeschlossen, “dass nach der gegenwärtigen Weltwirtschaftskrise, die die allgemeine Krise des Kapitalismus vertieft, die kapitalistische Welt eine neue Welle der kapitalistischen Rationalisierung durchmachen wird, d. h. eine Phase der Wiederherstellung des Grundkapitals, die einen fieberhaften vorübergehenden Aufstieg in Industrie und Handel nach sich zieht.” (Referat auf dem erweiterten Plenum… S. 40)
Zurück zum XI. Plenum: “Eine vollentfaltete revolutionäre Krise haben wir leider noch in keinem einzigen Lande. …Voraussetzungen einer solchen Entwicklung gibt es … in Deutschland…” (S. 59)
Aus den Thesen des XI. Plenums:
“Die Gegensätze zwischen dem kapitalistischen und dem sozialistischen System haben in ihrer Entwicklung noch nie eine derartige Kraft erlangt, und der Vorzug des sozialistischen Systems ist noch niemals so plastisch in Erscheinung getreten wie heute…
Dieser zunehmende Kontrast zweier Systeme, der die Hauptachse der gegenwärtigen internationalen Beziehungen bildet, wirkt auf die weitere Entwicklung der Gegensätze innerhalb der imperialistischen Welt ein, die infolge der Krise eine besondere Verschärfung erfahren haben.” (Material PHS, S. 208)
“Das seit der letzten Tagung des erweiterten Präsidiums des EKKI im Februar 1930 abgelaufene Jahr, das ein Jahr historischen Umschwungs ist, zeigte das Wachstum der Krise, die Unvermeidlichkeit des Untergangs des kapitalistischen Systems und den siegreichen Aufschwung des sozialistischen Aufbaus. Mit der kapitalistischen Stabilisierung geht es zu Ende…” (S. 207)
“Die Entwicklung des Klassenkampfes unter den Verhältnissen des weiteren Umsichgreifens der Weltwirtschaftskrise stellt die breiten werktätigen Massen vor die entscheidende Wahl: entweder Diktatur der Bourgeoisie – oder Diktatur des Proletariats; …” (S. 212)
h) Februar-Plenum 1932 des ZK der KPD;
E. Thälmann. Der revolutionäre Ausweg und die KPD. (Broschüre):
“Ein kapitalistischer Ausweg aus der Krise wird für die Bourgeoisie immer schwieriger.” (S. 4) “Die Kriegsgefahr nimmt immer aktuellere Formen an, sowohl in der Zuspitzung der Konflikte der Imperialisten untereinander wie ganz besonders in der Richtung des unmittelbar drohenden Interventionskrieges gegen die Sowjetunion. Die Ereignisse im Fernen Osten zeigen, dass der imperialistische Krieg aus einer Gefahr zu einer Tatsache geworden ist…” (S. 6) “Mit der Verschärfung der Krise im Weltmaßstab haben wir auch in Deutschland eine höhere Phase in der Entfaltung der Krise zu verzeichnen. …es…zeigt sich in diesem verschärften Stadium der Weltkrise, dass schon eine Reihe der wichtigsten Kommandohöhen des Finanzkapitals, Großbanken und große Industriekonzerne, von der Krise erfasst werden.” (S. 18) “Dies alles zeigt ganz klar, dass sich auch für die vor uns liegende Entwicklung eine weitere Verschärfung der Krise ergeben muss.” (S. 19)
i) XII. EKKI-Plenum (September 1932);
Thesen des XII. Plenums, Material PHS, S. 229 ff:
“Gleichzeitig dauert in der kapitalistischen Welt fort:
a) die Verschärfung der Weltwirtschaftskrise
b) die Steigerung des revolutionären Aufschwungs…
c) die weitere Verschärfung der Gegensätze der imperialistischen Staaten…
d) die Verstärkung der Vorbereitung des konterrevolutionären Krieges gegen die Sowjetunion.” (S. 229/30)
“Daraus folgt jedoch keineswegs der Schluss auf einen automatischen Zusammenbruch des Kapitalismus, daraus folgt vielmehr die Unvermeidlichkeit des weiteren Ansteigens des revolutionären Aufschwungs sowie der weiteren Verschärfung aller grundlegenden Gegensätze, die die Bourgeoisie auf den Weg ihrer gewaltsamen Lösung, sowohl innerhalb des Landes als auch auf der internationalen Arena stoßen.” (S. 230) “Das Ende der relativen Stabilisierung des Kapitalismus ist eingetreten. Es besteht aber noch keine unmittelbare revolutionäre Situation in den wichtigsten und entscheidendsten kapitalistischen Ländern. Im gegenwärtigen Augenblick vollzieht sich gerade der Übergang zu einem neuen Turnus großer Zusammenstöße zwischen den Klassen und Staaten, zu einem neuen Turnus von Revolutionen und Kriegen.” (S. 230) “So ist Deutschland eines der wichtigsten Zentren der schärfsten und gespanntesten internationalen imperialistischen Konflikte.” (S. 231)
j) 3. Parteikonferenz der KPD, Oktober 1932;
E. Thälmann: Im Kampf gegen die faschistische Diktatur. Rede und Schlusswort auf der Parteikonferenz. – Broschüre.
Die 3. Parteikonferenz beschäftigte sich vor allem mit den Ergebnissen des XII. EKKI-Plenums und machte sich dessen Einschätzung zu eigen. “Alles Gerede der Bourgeoisie, der bürgerlichen und sozialdemokratischen Presse über ein Abflauen der Krise, einen nahe bevorstehenden Umschwung in die Depression oder gar eine neue Prosperität ist entweder haltlose Utopie oder bewusster Betrug. Gegenüber diesen Spekulationen … sagen wir Kommunisten den Massen mit aller Schärfe, dass sich die Krise nicht abschwächt, sondern dass sie im Gegenteil in ein verschärftes Stadium eintritt.” (S. 7)
“Welche Folgerungen ergeben sich aus all diesen Tatsachen? Eine ungeheuerliche Steigerung und Verschärfung des Klassenkampfes, eine Zuspitzung im Kampf zwischen Bourgeoisie und Proletariat, zwischen den herrschenden Klassen und den werktätigen Massen von solchem Ausmaß, dass dadurch die Voraussetzungen der revolutionären Krise in Deutschland mächtig gesteigert werden…
Betrachtet man die jetzige Welle von Streiks als Antwort auf die Septembernotverordnungen Papens, im Zusammenhang mit der allgemeinen Verschärfung der Lage, so ergibt sich daraus eine Perspektive, die auf neue, heftigere, immer erbittertere Massenkämpfe hinweist.” (S.8)
k) XIII. Plenum des EKKI, Dezember 1933; Material PHS, S. 266 ff.
“Die Entwicklung der allgemeinen Krise des Kapitalismus nach dem Ende der relativen Stabilisierung – welche vom letzten (XII.) Plenum des EKKI festgestellt wurde – hat bereits zu einer weitgehenden Erschütterung des kapitalistischen Systems in der ganzen Welt geführt.” (S. 266) “Die Grundfesten des Kapitalismus werden bereits infolge seiner tiefen, unlösbaren Widersprüche zerstört. Die Weltwirtschaftskrise hat sich aufs engste mit der allgemeinen Krise des Kapitalismus verflochten und verschärft alle Hauptwidersprüche der kapitalistischen Welt in solchem Maße, dass jeden Moment ein Umschwung eintreten kann, der die Verwandlung der Wirtschaftskrise in eine revolutionäre Krise bedeuten wird. Vor dem internationalen Proletariat steht die große Aufgabe, diese Krise der kapitalistischen Welt in den Sieg der proletarischen Revolution zu verwandeln.” (S. 271)
21) Erwartung auf raschen Zerfall der Sozialdemokratie.
a) E. Thälmann auf dem 12. Parteitag der KPD (Juni 1929), Reden und Aufsätze, Bd. 2, S.83; 84; 89; 91.
Entschließung des 12. Parteitages: “Die Revolutionierung des Proletariats ist untrennbar verbunden mit dem Vormarsch der kommunistischen Partei, die zur beherrschenden Partei der Großbetriebe wird und die entscheidende Offensive zur Brechung des Einflusses der Reformisten aufgenommen hat.” (Zur Geschichte der KPD, Auswahl von Materialien und Dokumenten, S. 260)
b) X. EKKI-Plenum (Juli 1929):
“Die deutschen Arbeitermassen überwinden durch eigene praktische Erfahrung ihre Illusion in Bezug auf die Sozialdemokratie.” (Material PHS, S. 177) “Das Plenum des EKKI konstatiert, dass die gegenwärtige Regierungsübernahme der größten Parteien der II. Internationale angesichts des heraufziehenden Krieges und des zunehmenden Elends der Arbeiterklasse die Voraussetzungen für die einschneidendste Krise der Sozialdemokratie in den Massen schaffen. Diese Krise findet ihren Ausdruck in der Beschleunigung des Prozesses der Radikalisierung der breiten Arbeitermassen. Sie bringt die Sozialdemokratie unvermeidlich zum Verlust ihres Einflusses auf die breiten Arbeitermassen und schafft dadurch günstige Voraussetzungen für die Eroberung der Mehrheit der Arbeiterklasse durch die kommunistischen Parteien.” (ebenda S. 179); Ernst Thälmann auf dem X. Plenum siehe Bd. 2, S. 189.
c) Erweitertes Präsidium des EKKI, Februar 1930;
Aus dem Referat Manuilskis: “Selbstverständlich wird in einer revolutionären Situation die Zerstörung des sozialdemokratischen Einflusses anders vor sich gehen wie jetzt. In einer revolutionären Situation wird der Zerfall des Sozialfaschismus in katastrophalem Tempo vor sich gehen, ganze Schichten von Arbeitern werden sich von der Sozialdemokratie loslösen. …Wir sind aber leider noch nicht auf diesem Niveau des revolutionären Aufstiegs. Wir müssen noch viel arbeiten und manche Schlappe erleiden, ehe wir erreichen, dass bedeutende Kräfte der sozialdemokratischen Arbeiter sich von ihrer Partei loslösen.” (D. Manuilski, Die Weltwirtschaftskrise und der revolutionäre Aufstieg, S. 47).
d) Aus der Resolution des V. RGI-Kongresses, Sept. 1930:
(Abschn. IV B 3. c): “In Ländern wie Deutschland, wo eine organisatorisch gefestigte revolutionäre Gewerkschaftsopposition besteht, … sollen die Unorganisierten zum Eintritt in die revolutionäre Gewerkschaftsopposition aufgefordert und in ihre Reihen eingegliedert werden. Der Kongress bestätigt die Beschlüsse der RGO Deutschlands und Polens auf Streichung der Parole ‚Hinein in die reformistischen Gewerkschaften’, wobei der schärfste Kampf gegen alle Tendenzen auf Einstellung der Arbeit und des freiwilligen Austritts der Anhänger der RGI aus den reformistischen Gewerkschaften zu führen ist. Die RGI-Anhänger in diesen Ländern müssen … jetzt schon konsequent bewusst und unermüdlich auf die Organisation und Entwicklung einer revolutionären Gewerkschaftsbewegung zwecks besserer und erfolgreicherer Vorbereitungen und Führung der Klassenkämpfe des Proletariats hinarbeiten. Diesen Kurs auf die Schaffung von oben bis unten selbständiger Organe der revolutionären Gewerkschaftsbewegung ist die ganze Arbeit unterzuordnen.” (Die RGI im Angriff, Broschüre, 1930, S.113/114).
e) Januar-Plenum des ZK der KPD 1931;
Ernst Thälmann über die politischen Auswirkungen der Krise, insbesondere über das Ergebnis der Reichstagswahlen vom September 1930:
“In den Mittelpunkt unserer Betrachtungen müssen wir den revolutionären Aufschwung stellen. …Auf der einen Seite der Einbruch der kommunistischen Partei ins Lager des Reformismus. Die Eroberung der Mehrheit der Arbeiterschaft in wichtigen proletarischen Bezirken. Ein Prozess der Zusammenballung der proletarischen Klassenkräfte unter Führung der KPD.” (Ernst Thälmann, Auszüge aus Reden, Material der PHS, S. 238). “Ein vierter Faktor des revolutionären Aufschwungs ist überhaupt die heutige, viel bedeutsamere Rolle der RGO, die auch äußerlich in der Schaffung von roten Gewerkschaften, wie der Einheitsverband der Metallarbeiter Berlins oder jetzt der Bergarbeiter des Ruhrgebiets in Erscheinung tritt.” (ebenda S. 239) “Wie ist jetzt die Lage? …Einerseits finden wir die vollständige Krise der reformistischen Theorie, andererseits in den Reihen der SPD- und SAJ-Mitgliedschaft zahlreiche Erscheinungen einer inneren Gärung, Zersetzung und Rebellion. Deshalb stellen wir heute die kühne Aufgabe: Liquidierung des Masseneinflusses der SPD…” (ebenda, S. 250) “Die Sozialdemokratie verliert heute immer mehr an politischer Achtung. Mit der Verengerung der arbeiteraristokratischen Basis des Reformismus vollzieht sich der dauernde historische Abstieg der SPD. Hier müssen wir die erfolgreich begonnene Offensive fortsetzen und weitere Millionen sozialdemokratischer und in ihrer Peripherie befindlicher Arbeiter gewinnen.” (ebenda S. 251). “Die RGO hat heute die größte Entfaltungsmöglichkeit, und sie muss zu einer wahren Millionenbewegung in Deutschland werden.” (ebenda S. 262).
f) Aus der Resolution der 3. Parteikonferenz der KPD, Oktober 1932:
“Der fortdauernde, langsame Niedergang des Masseneinflusses der Sozialdemokratie, die wachsende Unzufriedenheit der Gewerkschaftsmitglieder mit der offiziellen Politik des ADGB und der beginnende Rückgang der Hitlerbewegung geben der KPD die größten Möglichkeiten für die erfolgreiche Durchführung der Aufgabe: die Mehrheit des Proletariats für den Kampf um die politische Macht zu erobern, die übrigen werktätigen Mittelschichten teils als Verbündete für die Arbeiterklasse zu gewinnen, teils zu neutralisieren.” (Ernst Thälmann, “Im Kampf gegen die faschistische Diktatur”, S. 45).
22) Aus dem Programm der Kommunistischen Internationale, angenommen vom VI. Weltkongress:
“Die Hauptaufgabe des Faschismus ist die Vernichtung der revolutionären Vorhut der Arbeiterklasse, d. h. der kommunistischen Schichten des Proletariats und ihrer führenden Kader.” (Material PHS, S. 20).
23) Übrigens hat das XII. Plenum des EKKI (Sept. 1932) diesen Unterschied zwischen Sozialdemokratie und faschistischer Partei schon richtig gekennzeichnet, ohne jedoch daraus die notwendigen Schlussfolgerungen zu ziehen. Es heißt dort: “3. der Faschismus wie der Sozialfaschismus (Sozialdemokratismus) treten für die Aufrechterhaltung und Festigung des Kapitalismus, der bürgerlichen Diktatur ein, aber sie ziehen daraus verschiedene taktische Schlussfolgerungen. …Die Sozialfaschisten ziehen eine gemäßigtere und “gesetzmäßigere” Anwendung der bürgerlichen Klassengewalt vor, weil sie gegen Einschränkungen der Basis der bürgerlichen Diktatur sind; sie setzen sich für deren “demokratische” Tarnung und Aufrechterhaltung vorzugsweise ihrer parlamentarischen Formen ein, deren Fehlen es ihnen erschwert, ihre spezielle Funktion des Betruges der Arbeitermassen zu erfüllen. Gleichzeitig bilden die Sozialfaschisten … die Deckung, unter deren Schutz die Faschisten die Möglichkeit haben, ihre Kräfte zu organisieren, und machen die Bahn frei für die faschistische Diktatur.” (Material PHS, S. 234).
24) In einem Artikel der “Kommunistischen Internationale”, Heft 21/22 vom 07.06.1931 heißt es über die Lage in Deutschland: “Die Tatsache, dass trotz der Haltung der SPD-Führung die SPD-Arbeiter noch nicht zu Tausenden der Partei des Sozialfaschismus den Rücken kehren, zeigt aufs neue, dass das organisatorische Gefüge der SPD in seinen Grundfesten noch nicht erschüttert ist.” (S. 999).
25) Aus dem Schlusswort Ernst Thälmanns auf dem ZK-Plenum Februar 1932: “Ebenso war ein schwacher Punkt in den Anführungen des Genossen Selbmann, der in der Angelegenheit der Entsendung von Delegationen auf die reformistischen Gewerkschaftsbüros den Fehler der sächsischen Bezirksleitung verteidigen wollte. Dazu muss man sagen: Nur ja keine Neuauflage der Theorie “Zwingt die Bonzen!” (Der revolutionäre Ausweg und die KPD, S. 92).
26) Zur Frage: bürgerliche Demokratie und Faschismus;
a) März-Plenum des ZK der KPD 1930:
Hier finden wir noch eine beträchtliche Verkennung der Situation und der Absichten der Bourgeoisie. Eine Woche vor dem Sturz der Regierung Herrmann Müller stellt Ernst Thälmann fest: “Sahen wir nicht, dass bei jeder revolutionären Zuspitzung die Sozialdemokratie in die Regierung eintrat, wie 1919 und 1923? Und hat sie nicht immer ihre konterrevolutionären Taten durch Scheinmanöver gegen die Reaktion verschleiert?” (E. Thälmann, Reden und Aufsätze, Bd. 2, S. 361).
b) Aus dem Beschluss des Polit-Büros des ZK der KPD “Über den Kampf gegen den Faschismus” v. 04.06.1930: In diesem Beschluss wird die Regierung Brüning als Regierung, die die faschistischen Terrorbanden zur Niederwerfung der proletarischen Revolution bewaffnet und organisiert, gekennzeichnet, ohne sie jedoch selbst schon als faschistische Regierung zu qualifizieren. Es wird vielmehr sehr richtig differenziert zwischen der Regierung Brüning einerseits, der Regierung Frick in Thüringen andererseits. Diese wird – sehr wohl abgewogen! – als “Beginn einer Regierung der faschistischen Diktatur” bezeichnet. (Zur Geschichte der KPD, S. 264).
c) Januar-Plenum des ZK der KPD 1931;
Hier wird sehr richtig festgestellt: “Mit der revolutionären Zuspitzung wächst die Bedeutung der bewaffneten Konterrevolution als Massenbewegung für die Bourgeoisie. Diese aber können nur die Nazis in ausschlaggebendem Maße stellen, nicht die Sozialdemokratie. …Mit der Verschärfung des Klassenkampfes und andererseits mit dem dauernden Rückgang des Masseneinflusses der SPD wächst daher die Rolle der Nazis.” (Ernst Thälmann, Material PHS, S. 242/243). Ferner: “Was ist der klassenmäßige Inhalt der faschistischen Diktatur? …Nicht etwa der Klasseninhalt ändert sich, sondern die Methoden. Die Herrschaftsformen wechseln, nicht der Herrschaftsinhalt, sofern die bürgerliche Demokratie durch die faschistische Diktatur ersetzt wird.” (ebenda S. 244) Dann untersucht Ernst Thälmann die Situation in Deutschland an Hand des Programms der K.I., wobei er zu folgendem Ergebnis gelangt: “Andererseits sieht das Programm einen solchen Zustand nicht vor, wo die Bourgeoisie bereits mit faschistischen Methoden regiert, die faschistische Massenpartei sich aber noch außerhalb der Regierung, sogar in einer Scheinopposition befindet. Schließlich ist es klar, dass im industriellen Deutschland mit seiner großen Arbeiterklasse und starken kommunistischen Partei der vollen Entfaltung der faschistischen Herrschaft ernste Hindernisse entgegengesetzt werden. …Wir haben in Deutschland den Zustand einer ausreifenden faschistischen Diktatur. Die Regierung Brüning ist in ihrer jetzigen Entwicklungsphase die Regierung der Durchführung der faschistischen Diktatur.” (ebenda S. 244) In der gleichen Rede bezeichnet Thälmann als “Hauptfeind des Proletariats im Rahmen des Klassenkampfes gegen die Bourgeoisie, gegen den Kapitalismus in Deutschland den Faschismus”. (S. 250) Im Januar-Plenum 1931 finden sich also bereits viele Ansätze zur Überwindung bestimmter falscher Auffassungen und einer richtigen Analyse der Situation, die bei konsequenter Weiterführung zur Änderung der Taktik führen müssten. Welch ein Fortschritt z.B. gegenüber dem März-Plenum 1930, wo Thälmann noch sagte, der Sozialfaschismus sei der Waffenträger der faschistischen Diktatur! Auf dem XI. EKKI-Plenum aber wurden diese Ansätze nicht weiterentwickelt, sondern im Gegenteil bekämpft.
XI. EKKI-Plenum, April 1931:
In seinem Referat tritt Manuilski zwar gegen diejenigen Kommunisten auf, “die den Sozialfaschismus vollkommen mit dem Faschismus identifizieren” oder “die die sozialdemokratischen Arbeiter mit ihrem Führungsapparat … identifizieren.” In seinem Schlusswort aber erklärt er, dass “Faschismus und Sozialfaschismus lediglich zwei Schattierungen ein und derselben sozialen Stütze der bürgerlichen Diktatur sind.” (D.S. Manuilski, Die kommunistischen Parteien und die Krise des Kapitalismus, S. 121). Im Gegensatz zu den Ausführungen Thälmanns auf dem Januar-Plenum der KPD erklärt Manuilski: “Der Faschismus ist keine neue Regierungsmethode, die sich vom System der Diktatur der Bourgeoisie unterscheidet. Wer so denkt, ist ein Liberaler.” (ebenda S. 108). Und ebenfalls gegen eine These des Januar-Plenums, nämlich, dass der Hauptfeind des Proletariats der Faschismus ist, richtet sich die Feststellung Manuilskis: “Der Hauptfeind der Arbeiterklasse war, ist und bleibt die Bourgeoisie.” (ebenda S. 122). Er führt dazu aus: “Einige Genossen sind bestrebt, mit der Lupe die geringsten Feinheiten herauszufinden, die die faschistische Form der Diktatur der Bourgeoisie von der bürgerlichen Diktatur sozusagen ‚normalen’ Typs unterscheiden. …Wozu das, Genossen? Hinter all diesen krampfhaften theoretischen Bemühungen, die nur die Frage verwirren, …verbirgt sich in Wirklichkeit eine Gegenüberstellung des Faschismus als ‚neuer Typus’ des bürgerlichen Staates gegen den alten demokratischen Typus. …Die ganze Verschärfung des Klassenkampfes zeugt davon, dass der Unterschied der Methoden der Klassenherrschaft zwischen der so genannten bürgerlichen Demokratie und dem Faschismus sich immer mehr verwischen wird, bzw. in der Praxis bereits verwischt ist. …Die Sozialdemokratie verkündet, um die Massen bewusst zu betrügen, dass der Hauptfeind der Arbeiterklasse der Faschismus sei, um so die Frage des Kampfes gegen die Diktatur des Kapitals überhaupt von der Tagesordnung abzusetzen.” (ebenda S. 122). Entsprechend dieser Einstellung gab das XI. EKKI-Plenum die Losung heraus: “Kampf gegen die bürgerliche Diktatur in allen ihren Formen.” (Die K.I., Material PHS , Bd. 2, S. 226).
Das XI. Plenum brachte nicht nur eine Zurückschraubung der Ansätze zur Befreiung von der starren, sektiererischen Linie, sondern eine weitere Verstärkung des Sektierertums mit sich. (Gleichsetzung der Regierung Braun-Severin mit einer Regierung Hitler-Goebbels im Artikel E. Thälmann vom Dezember 1931).
Manuilski weiter auf dem XI. EKKI-Plenum:
“Je nachdem, auf welchen Flügel die Bourgeoisie sich im Kampfe gegen das Proletariat stützen wird, müssen wir auch feststellen, nach welcher Seite der Hauptschlag der Kommunisten geführt werden muss.” (S. 123) (Hier kommt besonders deutlich zum Ausdruck, dass nicht erkannt wurde, dass trotz aller Differenzen im Lager der Bourgeoisie die gesamte deutsche Monopolbourgeoisie in eine Richtung strebte – in die Richtung der Einbeziehung der Nazis in die Regierung -, weil nur das der faschistischen Diktatur in Deutschland eine relative Festigung geben konnte.). Manuilski führt weiter aus: “Die Brüning-Regierung ist jetzt der Hauptfeind auch noch deshalb, weil einem Machtantritt Hitlers jetzt erhöhte Wiederstände entgegenstehen…Gerade eine solche Fragestellung gestattet uns am besten die Entlarvung der Theorie des ‚Kleineren Übels’. Gerade weil die Kommunisten in Deutschland gegen die bürgerliche Diktatur, als ihren heute durch die Brüning-Regierung verkörperten Hauptfeind kämpfen, entlarvten sie das Manöver der Sozialdemokratie, die die Brüning-Regierung als das ‚Kleinere Übel’ im Vergleich zum Faschismus Hitlerscher Färbung hinstellt. Beruht doch die ganze Theorie des ‚kleineren Übels’ auf der Voraussetzung, dass der Faschismus Hitlerscher Färbung der Hauptfeind sei, und man kann den Arbeitern, ausgehend von dieser Voraussetzung ohne restlose Identifizierung der Brüning-Regierung mit einer etwaigen Hitler-Regierung, nicht beweisen, dass die Brüning-Regierung kein kleineres Übel ist. Wir aber identifizieren Brüning trotzdem nicht mit Hitler, und den Sozialfaschismus, der Brüning unterstützt, nicht mit dem Hitlerfaschismus.” (ebenda.)
Zergliedert man diese etwas komplizierte Beweisführung, so erhält man folgende logische Stufenleiter:
1) Wir müssen beweisen, dass die Theorie vom ‚kleineren Übel’ falsch ist;
2) Nehmen wir die These an, dass Hitler der Hauptfeind ist, könnten wir diesen Beweis nicht erbringen, weil dann tatsächlich jede andere Regierung gegenüber einer Regierung Hitler ein kleineres Übel wäre, es sei denn, wir behaupten, es gäbe keinerlei Unterschied zwischen einer Regierung Hitler und der Brüning-Regierung;
3) Das aber können wir nicht behaupten, wir können Brüning nicht mit Hitler identifizieren und den Faschismus nicht mit dem Sozialfaschismus;
4) Also können wir die These vom Hitlerfaschismus als Hauptfeind nicht annehmen, weil wir dann nicht beweisen können, dass die “Kleine-Übel-Theorie” falsch ist;
5) Diesen Beweis können wir nur erbringen, wenn wir sagen, dass die bürgerliche Diktatur in Gestalt der sie jeweils ausübenden Regierung der Hauptfeind ist. Daraus ergibt sich, dass Hitler nicht der Hauptfeind sein kann, da er nicht an der Regierung ist und voraussichtlich so bald auch nicht sein wird. Der Hauptfeind ist vielmehr Brüning, weil er an der Regierung ist;
6) Damit haben wir bewiesen, dass die Theorie des “kleineren Übels” falsch ist, denn wenn Brüning der Hauptfeind ist, dann kann er nicht das kleinere Übel sein, sondern dann ist er das größte Übel. Diese Argumentation war natürlich ganz und gar nicht geeignet, den sozialdemokratischen Arbeitern das Gefühl, die instinktive Erkenntnis wegzudiskutieren, dass ihnen und der ganzen Arbeiterklasse die größte Gefahr von Hitler drohte. Gegenüber einer solchen Argumentation musste ihnen die sozialdemokratische Theorie vom “kleineren Übel” entschieden einleuchtender erscheinen.
e) Ernst Thälmann in seinem Artikel im Dezember 1931:
“Die SPD ist sich darüber klar, dass die Bourgeoisie auf ihre Mithilfe bei der Ausübung der Diktatur der Bourgeoisie auch dann nicht verzichten wird, wenn sie in einem späteren Zeitpunkt die Nationalsozialisten bei der Durchführung der faschistischen Herrschaftsformen der kapitalistischen Klassenherrschaft innerhalb der Reichsregierung mitwirken lässt. So bereitet sie sich allmählich schon auf die Unterstützung auch einer Hitler-Brüning-Regierung an Stelle der heutigen Brüning-Groener-Regierung vor.” (“Die Internationale”, Heft 11/12 1931, S. 498/99).
f) Februar-Plenum des ZK der KPD:
“Der Prozess der Durchführung der faschistischen Diktatur durch die Brüning-Regierung, wie wir ihn vor einem halben Jahr auf dem Januar-Plenum 1931 analysiert haben, hat innerhalb der vergangenen zwölf Monate die heftigsten Formen angenommen… Niemand wird heute mehr daran zweifeln, dass wir es bei dem Kurse der Brüning-Groener-Regierung im Reich und ihrer Braun-Severing-Filiale in Preußen mit einem faschistischen Kurs zu tun haben, dass wir recht hatten, als wir … von einer ausreifenden, noch nicht ausgereiften faschistischen Diktatur sprachen.” (Ernst Thälmann, der revolutionäre Ausweg, S. 23).
g) XII. EKKI-Plenum, September 1932:
“Die Diktatur der Bourgeoisie ändert sich unentwegt in der Richtung einer weiteren Verschärfung der politischen Reaktion und der Faschisierung des Staates… Dabei verzichtet die Bourgeoisie jedoch keineswegs auf die Ausnutzung des Parlaments und die Dienste der sozialdemokratischen Parteien für den Betrug der Massen.
In Deutschland wurde durch die Regierung von Papen-Schleicher … eine der Formen der faschistischen Diktatur errichtet, der die Sozialdemokratie und das Zentrum den Weg gebahnt haben. Die weitere Entwicklung oder der Zerfall dieser Diktatur hängt vom revolutionären Kampf der Arbeiterklasse gegen den Faschismus in allen seinen Formen ab.” (Die K.I., Material Parteihochschule, S. 232/33).
h) 3. Parteikonferenz der KPD, Oktober 1932
Aus dem Referat Ernst Thälmanns:
“Diese Formulierung (Papen-Regierung eine der Formen der faschistischen Diktatur, K.G.) … zeigt…, dass es sich bei der heutigen Herrschaftsform der deutschen Bourgeoisie nicht um etwas Starres, Abgeschlossenes handelt, sondern dass in erster Linie die weitere Entwicklung der Herrschaftsformen der Bourgeoisie vom Klassenkampf abhängig sind.
Wir haben eine ernste ideologische Aufklärungsarbeit geleistet, die sich gegen die sozialdemokratische Darstellung wandte, erst die Hitler-Regierung sei die faschistische Diktatur. Demgegenüber haben wir betont, dass man nicht einfach Hitler-Regierung und faschistische Diktatur gleichsetzen dürfe, dass vielmehr sehr wohl eine Regierung der faschistischen Diktatur ohne offizielle Einbeziehung der Nationalsozialisten denkbar sei. Die heutige Lage bestätigt diese Auffassung. Dabei ist es klar, dass auch die Papen-Schleicher-Regierung nicht die letzte und höchste Stufe des Faschismus darzustellen braucht, sondern eben nur eine der Formen der faschistischen Diktatur, wobei es von uns abhängt, ob es zu einer weiteren Festigung und Entfaltung der faschistischen Gewaltherrschaft oder zu ihrer Zersetzung kommt.” (Ernst Thälmann, Im Kampf gegen die faschistische Diktatur, S.14). “Jede Tendenz einer Abschwächung unseres prinzipiellen Kampfes gegen die SPD-Führer und einer liberalen Gegenüberstellung von Faschismus und Sozialfaschismus ist deshalb völlig unzulässig. Aber ebensowenig dürfen wir eine Gleichstellung dieser beiden Flügel des Faschismus zulassen. Eine einfache schematische Gleichsetzung von Hitler und Severing, von Papen-Regierung und Brüning-Regierung, von Sozialdemokratie und Nationalsozialismus ist falsch und erschwert den Kampf sowohl gegen die Nazis wie gegen die SPD.” (ebenda, S.17).
(Diese Korrektur von besonders krassen Überspitzungen, die vom XI. EKKI-Plenum ausgegangen waren und ihren Niederschlag in dem Artikel E. Thälmanns in der “Internationale” und im Februar-Plenum der KPD gefunden hatte, war auf dem XII. EKKI-Plenum eingeleitet worden, worauf sich E. Thälmann ausdrücklich beruft.).
27) Das Februar-Plenum 1932 des ZK der KPD über die Politik des größten Übels für die Arbeiterklasse:
“Die Politik, die die SPD betreibt, ist ja in Wirklichkeit … die Politik des größten Übels für die Arbeiterklasse… Die Sozialdemokratie führt jeweils soviel Anschläge im Dienste der Bourgeoisie gegen das Proletariat und die Werktätigen durch, wie nur vom Standpunkt des jeweiligen Reifegrades der Faschisierung durchgeführt werden können.
Wenn ihre konterrevolutionären Taten bisweilen in einem oder dem anderen Punkt hinter dem zurückbleiben, was an konterrevolutionären Forderungen von dem extremsten Flügel des Faschismus, von Hugenberg und Hitler aufgestellt wird, so geschieht das nicht deshalb, weil die SPD besser wäre als Hitler und Hugenberg, weil ihre Politik wirklich ein ‚kleineres Übel’ wäre, sondern nur deshalb, weil eben mehr an Ausplünderung und Unterdrückung der Arbeiter unter den gegebenen Verhältnissen nicht durchgesetzt werden kann.” (“Der revolutionäre Ausweg und die KPD”, S. 37).
28) Unterschätzung der faschistischen Gefahr, – Überschätzung der eigenen Kraft.
a) Auf dem März-Plenum des ZK der KPD 1930 führt E. Thälmann ein Zitat aus dem “Völkischen Beobachter” an, in dem die Nazis unverblümt ihren “dämonischen Willen zur Alleinherrschaft” verkünden. Aber dieses Zitat wird als Beweis für das “Hineinwachsen” der Nazis in den Staat, in die Republik angeführt, nicht als Beweis für die Gefahr, die der Arbeiterklasse von den Nazis droht. (E. Thälmann, Reden und Aufsätze, Bd. 2, S. 363).
b) Aus der Resolution des Polit-Büros des ZK der KPD v. 04.06.1930: “In noch stärkerem Maße als die faschistischen Kräfte der Bourgeoisie sich sammeln, wachsen die antifaschistischen Kräfte der proletarischen Revolution.” (Zur Geschichte der KPD, S. 266).
Das war die Einschätzung kurz vor den Reichstagswahlen, die den Nazis 6,3 Millionen gegenüber vorher 810 000 Stimmen brachten, während die Stimmen für die KPD von 3,2 Millionen auf 4,5 Millionen anwuchsen.
c) Januar-Plenum des ZK der KPD 1931: Auf diesem Plenum kam die Unterschätzung der faschistischen Gefahr und die Überschätzung der eigenen Kräfte z. B. in folgender Feststellung zum Ausdruck: “Die Bourgeoisie greift zur äußersten Herrschaftsform, sie benutzt den Faschismus als Sturmbock gegen die proletarische Revolution. Hier zeigt sich jener geschichtliche Vorgang, dass die Revolution mit ihrer höheren Entwicklung zugleich eine höhere Form der Konterrevolution produziert und wenn sie diese überwindet, zur höchsten Kraftentfaltung heranreifen kann. Jenen Prozess schildert in ähnlicher Form schon Karl Marx in den “Klassenkämpfen in Frankreich”…”. (E. Thälmann, Material PHS, S. 240).
d) Aus dem Artikel in der “Kommunistischen Internationale”, Heft 25/26 vom Juli 1931
Die Lage in Deutschland und die Aufgaben der KPD. In diesem Artikel werden die Fortschritte der KPD aufgezählt, die rasche Zunahme der Zahl ihrer Mitglieder und der Mitglieder der revolutionären Massenorganisationen, und dann wird gesagt: “Die werktätige Bauernschaft, die Beamten und die Schicht des städtischen Kleinbürgertums wenden sich der kommunistischen Partei zu. …Die kommunistische Partei fängt an, das Übergewicht zu bekommen in dem Kampfe, den sie seit den Septemberwahlen vorigen Jahres gegen die Faschisten um den Einfluss auf die kleinbürgerlichen Massen führt.” (S. 1149).
e) Aus dem Februar-Plenum des ZK der KPD 1932:
“Nichts wäre verhängnisvoller als eine opportunistische Überschätzung des Hitlerfaschismus…
Wir müssen in der nationalistischen Bewegung … im besonderen die Massenbasis Hugenbergs und der Deutschnationalen erblicken, so wie andererseits die Brüning-Regierung bei der Durchführung der Notverordnungsdiktatur-Politik die Sozialdemokratie als stärkste Massenbasis benutzt.” (A.a.O., S. 24). “Während so die Sozialdemokratie sich immer mehr dem Hitlerfaschismus nähert, betont dieser umgekehrt seine Legalität.” (ebenda, S. 26).
f) Aus der 3. Parteikonferenz der KPD, Oktober 1932:
“Gegenwärtig besteht eine andere Gefahr, die der Überschätzung des Faschismus, die Auffassung, als ob die faschistische Diktatur eine Konsolidierung der Klassenherrschaft der Bourgeoisie darstelle.” (A.a.O., S. 12). “Soviel ist jedenfalls klar: das deutsche Proletariat kann in die schweren und gewaltigen Klassenschlachten der nächsten Zukunft mit fester, kampfentschlossener Zuversicht, mit einer revolutionären Perspektive marschieren!” (ebenda S. 15). Feststellung: Stagnation und beginnender Rückgang bei der Nazipartei. Daraus ergibt sich “eine Lage, in der für die kommunistische Partei die größten Möglichkeiten, aber auch die größten Aufgaben heranreifen, diese von der SPD und von Hitler enttäuschten Massen aufzufangen, zu sammeln und in die revolutionäre Klassenarmee einzugliedern.” (S. 18) “Darum tritt die Propaganda für die Eroberung der politischen Macht in ein ganz neues Stadium…. Wir werden mit ganz anderen Voraussetzungen in die zweite Welle der Revolutionen und Kriege eintreten, als dies 1914 oder auch 1917/1918 der Fall war.” (S. 19)
g) Brüsseler Konferenz, Oktober 1935;
Siehe “Der neue Weg zum gemeinsamen Kampf” …Verlag Neuer Weg, 1947, S. 23; 26 ff. Aus dem Referat Wilhelm Piecks:
“Wir haben in den letzten zwei Jahren vor der Aufrichtung der Hitlerdiktatur in der Durchführung der politischen Linie ernste Verfehlungen begangen, teils in strategischer, teils in taktischer Hinsicht, die sich hauptsächlich auf die Einschätzung der Lage und der Klassenkräfte und auf die Bestimmung des Hauptstoßes unseres Kampfes beziehen…Wir hätten bei einer richtigen marxistischen Analyse der Lage und der Klassenkräfte die Veränderungen bemerken müssen, die in dieser Zeit vor sich gingen, in der die faschistische Gefahr immer stärker in den Vordergrund trat.
Dieser Vormarsch der Faschisten hätte uns ernst genug die faschistische Gefahr aufzeigen und uns veranlassen müssen, in unserer strategischen Orientierung eine Wendung in der Richtung des Hauptstoßes gegen die Faschisten vorzunehmen und alle Anstrengungen zu machen, die Einheitsfront mit den sozialdemokratischen Arbeitern zum Kampf gegen den Faschismus zu schaffen.”
29) Einschätzung der Regierungen Müller bis Papen
a) X. EKKI-Plenum über Herrmann-Müller-Regierung: “…sozialfaschistische Diktatur.” (E. Thälmann, Bd. 2, S 169).
b) XI. EKKI-Plenum (Material PHS, S. 216):
“In Deutschland handhabt die Bourgeoisie, die der Regierung Müller den Fußtritt versetzt hat, mit unmittelbarer Unterstützung der Sozialdemokratie immer energischer den Kurs der Durchführung der faschistischen Diktatur. Gleichzeitig unterstützt, organisiert und benützt die Trustbourgeoisie ihren Staat, unter Ausnutzung der Sozialdemokratie als des hauptsächlichen, den Kampf der Arbeiter sabotierenden und sprengenden Werkzeuges, die faschistische (nationalsozialistische) Bewegung der kleinbürgerlichen Massen, um ihre Unzufriedenheit auf Geleise umzuschalten, die zur Festigung des Kapitalismus führen.”
c) Februar-Plenum des ZK der KPD 1932:
Bei der Durchführung dieses faschistischen Kurses finden wir bis zum heutigen Tage in der Politik der deutschen Bourgeoisie das eigenartige System der wechselseitigen Ausnutzung der Sozialdemokratie und der Hitlerpartei, wobei das Schwergewicht nach wie vor bei der SPD als der sozialen Hauptstütze der Bourgeoisie liegt. (a.a.O., S. 23).
d) 3. Parteikonferenz der KPD, Oktober 1932:
Wir hatten in der Politik der deutschen Bourgeoisie eine wechselseitige Ausnutzung der Sozialdemokratie und der Nationalsozialisten, wobei das Schwergewicht unter der Brüning-Regierung bei der SPD lag, während jetzt unter der Papen-Schleicher-Regierung hinsichtlich der Form, wie die beiden Stützen ausgenützt werden eine gewisse Veränderung eingetreten ist. …Nach wie vor bleibt die Sozialdemokratie die soziale Hauptstütze der Bourgeoisie. Ja gerade gegenwärtig tritt die SPD zeitweilig seit dem 13. September viel offener als Tolerierungspartei des Kabinetts auf, als die Nationalsozialisten. (a.a.O., S.16).
30) SPD – “Soziale Hauptstütze”
a) XI. EKKI-Plenum:
Ein ganzer Abschnitt der Thesen des Plenums ist überschrieben: “Die Sozialdemokratie als die soziale Hauptstütze der Bourgeoisie”. (Abschnitt III). Er ist der Begründung der Theorie von der Hauptstütze gewidmet. Er beginnt mit der Feststellung: “Die Weltwirtschaftskrise hat mit aller Klarheit die Rolle der internationalen Sozialdemokratie als der sozialen Hauptstütze der Diktatur der Bourgeoisie offenbart.” (Material PHS, S. 219) Und er endet mit der Schlussfolgerung: “Daher ist die Entlarvung der Sozialdemokratie und der II. Internationale, die Befreiung der Arbeitermassen vom Einfluss der Sozialdemokratie, Isolierung und Überwindung der Sozialdemokratie die nächste und dringendste Aufgabe der kommunistischen Parteien, ohne deren Lösung ein erfolgreicher Kampf des Proletariats um seine Befreiung aus dem kapitalistischen Joch unmöglich ist.” (ebenda S. 222).
b) Februar-Plenum des ZK der KPD 1932:
“Auch wenn die Sozialdemokratie zu dem Fußtritt für die Herrmann-Müller-Regierung im Frühjahr 1930 jetzt noch einen zweiten Fußtritt für die Preußen-Regierung bekäme, würde das nicht bedeuten, dass sie aufhört, die soziale Hauptstütze der Bourgeoisie zu sein. Auch dann würde unsere Strategie keineswegs eine Umkehrung erfahren müssen, in der Richtung, dass der Hauptstoß sich plötzlich nicht mehr gegen die SPD richten müsse. Auch dann würde unsere Klassenlinie weiter von uns verlangen, dass wir den Hauptstoß weiter in der Arbeiterklasse gegen die Sozialdemokratie richten, weil sie den Hauptstützpunkt für die Politik des Klassenfeindes im Proletariat darstellt, ob sie nun innerhalb oder außerhalb der Regierungskoalition steht.” (a.a.O., S. 25)
c) 3. Parteikonferenz der KPD, Oktober 1932;
Aus der Resolution der 3. Parteikonferenz: “Alle diese Tatsachen bestätigen die Feststellung des 12. Plenums, dass die Sozialdemokratie uneingeschränkt ihre Rolle als Agentur der Bourgeoisie im Lager der Arbeiterklasse ausfüllt, dass sie nach wie vor die soziale Hauptstütze der Bourgeoisie darstellt.” (a.a.O., S. 44).
d) XIII. EKKI-Plenum, Dezember 1933:
“Die Sozialdemokratie spielt auch weiter die Rolle der sozialen Hauptstütze der Bourgeoisie, auch in den Ländern der offenen faschistischen Diktatur, indem sie gegen die revolutionäre Einheit des Proletariats wie auch gegen die Sowjetunion kämpft und der Bourgeoisie durch die Spaltung der Arbeiterklasse das Bestehen des Kapitalismus verlängern hilft.” (Material PHS, S. 268).
31) Hauptstoß gegen die SPD
a) X. EKKI-Plenum, Juli 1929:
“Durch die Abschwächung des Kampfes gegen die Sozialdemokratie, durch die Überschätzung ihrer Kräfte und die Geringschätzung der Rolle der kommunistischen Partei durchkreuzen diese Elemente den Kampf der Partei um die Eroberung der Mehrheit der Arbeiterklasse und hindern die auf dem Wege von der Sozialdemokratie zur kommunistischen Bewegung befindlichen Arbeiter daran, den letzten Schritt auf die Seite des Kommunismus zu machen.” (Material PHS, S. 185).
b) Januar-Plenum des ZK der KPD, 1931:
Hauptfeind ist der Faschismus, aber Hauptfeind für die proletarische Revolution im Lager der Arbeiterklasse ist die SPD. “Darum müssen wir in der Werbung und Gewinnung von Arbeitern aus dem gegnerischen Lager unsere Hauptstoßkraft gerade auf dieses Haupthindernis konzentrieren.” (Material der PHS über E. Thälmann, S. 250/51).
c) XII. EKKI-Plenum, September 1932:
“Nur wenn der Hauptschlag gegen die Sozialdemokratie – diese soziale Hauptstütze der Bourgeoisie, gerichtet wird, kann man den Hauptklassenfeind des Proletariats – die Bourgeoisie, mit Erfolg schlagen und zerschlagen.” (Material der PHS, S. 235).
32) Alleinige Führung, “Kommt zu uns!”
a) Auf dem 12. Parteitag verglich E. Thälmann die Einheitsfrontpolitik 1929 mit der während der Fürstenenteignungskampagne und kam zu dem Ergebnis, damals habe sich die Einheitsfrontpolitik auf einer niedrigeren Stufe befunden, “weil diese Kampagne gemeinsam mit der SPD durchgeführt wurde”. (E. Thälmann, Bd. 2, S. 101). Auf dem 12. Parteitag stellte E. Thälmann die Aufgabe, in den Betrieben ein revolutionäres Vertrauensmännersystem aufzubauen, das die Aufgaben haben sollte, “alle mit uns sympathisierenden Schichten des Proletariats, die parteilosen Arbeiter und auch die klassenbewussten Arbeiter, die zum Teil in der Sozialdemokratie sind, in unsere revolutionäre Front einzubeziehen.” (ebenda S. 123/124). In der Resolution des 12. Parteitages hieß es, dass die Partei darauf hinarbeiten müsse, den Bruch der sozialdemokratischen Arbeiter mit der SPD zu beschleunigen und sie für die KPD zu gewinnen. (ebenda S. 384)
b) Juli-Plenum 1930;
Aus dem Referat E. Thälmanns: “Wir müssen in den Massen das Bewusstsein dafür stärken und verbreitern, welche Rolle unsere Partei spielt als die einzige Kraft, die einen Ausweg aus dem Massenelend und der Sklaverei Young-Deutschlands zeigen kann, als die einzige antifaschistische Partei, als die einzige antikapitalistische Partei, als die einzige Partei, die die große Einheitsfront der Werktätigen gegen die Kapitaloffensive und ihre Lakaien schließen kann.” ( E. Thälmann, Bd. 2, S. 475).
c) 3. Parteikonferenz, 1932:
“So gilt es, die KPD vor den Massen zu erweisen als die Partei, die allein den revolutionären Ausweg aufzeigt und für die proletarische Diktatur und die sozialistische Zukunft der Arbeiterklasse kämpft, als auch allein die Tagesinteressen des Proletariats und der Werktätigen verficht.” (a.a.O., S. 20)
33) Zum Volksentscheid gegen die Preußen-Regierung
Wie es zum Wechsel in der Stellungnahme der KPD zum Volksentscheid kam – nämlich durch ein intrigantes Manöver von Heinz Neumann – ist dokumentarisch belegt geschildert in der Thälmann-Biographie “Ernst Thälmann, eine Biographie” die im Dietz-Verlag 1979 erschien, auf den S. 528 ff.
a) Januar-Plenum, 1931:
“Wir können selbstverständlich nicht mit den Faschisten zusammen ein gemeinsames Volksbegehren durchführen. Wir können ebensowenig dulden, dass bei der Arbeiterschaft Illusionen über die Preußenregierung als “kleineres Übel” bestehen, oder dass die Arbeiter auch nur einen Finger krumm machen, um die Braun-Severing-Regierung, diesen Hort der finsteren Reaktion, in Deutschland zu erhalten.
Wir lassen uns weder für eine Hilfestellung für die Braun-Severing-Regierung, noch für die Hugenberg-Hitler-Regierung drängen. Und wir können drittens am wenigsten eine Politik der Passivität betreiben. …Notwendig ist deshalb, dass wir eine klare offensive Frontstellung gegen den Faschismus und gegen die Koalitionspolitik beziehen. Eine Kampfesfrontstellung gegen die faschistische Reaktion und ihr Volksbegehren einerseits und gegen die Preußen-Regierung der Braun und Severing andererseits. Auf dieser Linie müssen wir die Initiative in unsere Hand nehmen und uns an die Spitze einer wuchtigen Volksbewegung stellen.” (Material der PHS, S. 274/75).
b) Artikel in der “Kommunistischen Internationale”, Heft 25/26 1931: “Die Lage in Deutschland und die Aufgabe der KPD”: Für Teilnahme der KPD am Volksentscheid mit der Begründung: “Ob nun der Volksentscheid die für die Auflösung des Landtages erforderlichen 13 Millionen Stimmen ergeben wird oder nicht, ist nicht entscheidend für die KPD. Entscheidend ist, dass dadurch die Möglichkeit gegeben ist, auf Grund der Erfahrung einer Massenkampagne das Kräfteverhältnis der Klassen klarer festzustellen, den deutschen Arbeitern, vor allem den sozialdemokratischen Arbeitern, die Einheitsfront des bürgerlichen Lagers von den Sozialfaschisten bis zu den Faschisten zu zeigen.” !!!
c) Leitartikel der “Kommunistischen Internationale” Heft 27/1931: “Der Volksentscheid in Preußen und die revolutionäre Mobilisierung der Massen.” In diesem Artikel wird der krampfhafte Versuch unternommen, den Volksentscheid als Erfolg der KPD hinzustellen, wobei mit Argumenten operiert wird, die wahrhaft erstaunlich sind. Daraus nur einige Proben: Ein Ergebnis der Beteiligung der KPD sollte angeblich sein, dass “die faschistische Flut fällt. Bedeutende Schichten der Kleinbauern und des städtischen Kleinbürgertums, die erkannt haben, dass die Faschisten die Agenten des Großkapitals sind, suchen das Bündnis mit den von der kommunistischen Partei geleiteten revolutionären Arbeitern.” Die Nazis wollten, so heißt es weiter, die mit der Preußen-Regierung Unzufriedenen “von der Sozialdemokratie abwandernden Massen” abfangen und “ihren Einfluss wiederherstellen.” Und dann: “Doch die kommunistische Partei ist erstarkt. Die Hoffnungen, dass sie abseits vom Volksentscheid stehen würde, haben sich nicht erfüllt. Die kommunistische Partei mischte sich ein, um die in Bewegung geratenen werktätigen Massen gegen den Kapitalismus, vor allem gegen die Hauptstütze des Kapitalismus in Deutschland, die Sozialdemokratie, zu richten. Nicht Einheitsfront mit den Faschisten, sondern erbitterter Kampf um die Aufklärung der von den Faschisten und Sozialdemokraten getäuschten werktätigen Massen. … Bei der Beratung über die Beteiligung am Volksentscheid musste die Frage auftauchen, wie diese Beteiligung auf die Lösung der Aufgabe rückwirken wird, die in der sozialdemokratischen Partei organisierten Arbeiter für den Kommunismus zu gewinnen. Die Opportunisten aller Schattierungen erklärten, sie wären deswegen gegen diese Beteiligung, weil sie die sozialdemokratischen Arbeiter … abstoßen müsste…Niemand war zu der Annahme verpflichtet, dass die breiten sozialdemokratischen Massen sofort die Richtigkeit der Taktik der kommunistischen Partei verstehen und ihrer Aufforderung, gegen Braun und Severing zu stimmen, folgen werden. Niemand kann aber bestreiten, dass die Teilnahme der Kommunisten an der Abstimmung gegen die Regierung Braun hunderttausende Arbeiter, Anhänger der Sozialdemokratie gezwungen hat, darüber nachzudenken, was Braun und Severing gegen die Interessen der Arbeiterklasse getan haben… wenn die Sozialdemokraten mit ihrem Geschrei über die Einheitsfront der Kommunisten und Faschisten jemand ins Bockshorn zu jagen gedenken, so ist das vergebliche Liebesmüh.”
d) Brüsseler Konferenz der KPD,
Referat W. Pieck (s. Der Neue Weg. S. 26/27) :
“Dieser Vormarsch der Faschisten hätte uns ernst genug die faschistische Gefahr aufzeigen und uns veranlassen müssen, in unserer strategischen Orientierung eine Wendung in der Richtung des Hauptstoßes gegen die Faschisten vorzunehmen und alle Anstrengungen zu machen, die Einheitsfront mit den sozialdemokratischen Arbeitern zum Kampf gegen den Faschismus zu schaffen.
Statt diesen führte die Partei mit ihrer Beteiligung an dem von den Faschisten eingeleiteten Volksentscheid gegen die Preußen-Regierung im August 1931 eine taktische Maßnahme durch, die die Durchführung dieser Aufgabe bedeutend erschweren musste. Es lassen sich selbstverständlich sehr viele Umstände anführen, die in der arbeiterfeindlichen Politik der Preußen-Regierung liegen und diese Stellungnahme der Partei erklären. Erinnert euch des Verbots der Maidemonstration 1929 in Berlin durch den sozialdemokratischen Polizeipräsidenten Zörgiebel, der Erschießung von 33 Arbeitern bei dieser Demonstration, des Verbots des Roten Frontkämpferbundes durch Severing in der gleichen Zeit, der Begünstigung der faschistischen Mordbanden, des Schutzes ihrer SA-Kasernen durch die Preußen-Regierung. …
Aber der strategische Fehler kam eben dadurch zustande, dass in der Partei infolge der besonders von Neumann betriebenen sektiererischen Politik eine Unterschätzung der faschistischen Gefahr bestand. Genosse Dimitroff hat bereits in seinem Bericht auf dem VII. Weltkongress auf diese Fehler hingewiesen und eine Äußerung von Neumann erwähnt, der erklärte: ‚Wenn das Dritte Reich Hitlers einmal kommen sollte, dann nur anderthalb Meter unter der Erde, über der Erde aber werden wir eine siegreiche Arbeitermacht haben.’
Der von der Partei gemachte Fehler der Beteiligung am Volksentscheid wirkte sich um so schlimmer aus, als wir nicht verstanden, den sozialdemokratischen Arbeitern unsere Stellungnahme verständlich zu machen, so dass diese nur die Tatsachen sahen, dass wir ebenso wie die Faschisten gegen die Preußen-Regierung stehen.”
34) Stellung zu Einheitsfrontabkommen mit der SPD
a) März-Plenum 1930:
“Eine Arbeitermehrheit mit der Sozialdemokratie oder Vertretern der Massenorganisationen, wenn sie nicht unter revolutionärem Einfluss stehen, ist für uns keine Arbeitermehrheit und kommt nicht in Frage.” (E. Thälmann, Bd. 2, S. 351)
b) Artikel Ernst Thälmann in der “Internationale”: Heft 11/12 von 1931. Ernst Thälmann spricht davon, dass die Sozialdemokratie der Bourgeoisie damit “drohe”, “Einheitsfront mit der Kommunistischen Partei zu machen”, im Hinblick auf eine Rede Breitscheids in Darmstadt. Er bringt die Befürchtung zum Ausdruck, die Partei könne sich solchen Manövern gegenüber als nicht genügend gerüstet erweisen, denn: …”wir haben die notwendige Verschärfung des prinzipellen Kampfes gegen die Sozialdemokratie nicht in vollem Umfang durchgeführt.”
Welche Gelegenheit, die sozialdemokratischen Führer beim Wort zu nehmen, wurde da verpaßt! Man stelle sich vor, Ollenhauer “drohe” Adenauer mit einer Einheitsfront mit KPD und SED! Wie wir da zupacken würden!!!
Im gleichen Artikel heißt es weiter: “Die Tatsache, dass z. B. in unserer revolutionären Gewerkschaftsarbeit Einheitsfrontangebote von oben an bezirkliche ADGB-Führungen gemacht werden konnten (Ruhrgebiet), beweist gleichfalls, dass unser prinzipieller Kampf gegen die Sozialdemokratie nicht entschieden genug geführt wurde, um solche Fehler unmöglich zu machen.
Ein ähnlicher Fall ist die unzulässige Bildung eines antifaschistischen Komitees durch Einheitsfront von oben mit ‚radikaldemokratischen’ Gruppen (die nur wenig Massenanhang besitzen) und ähnlichen schwankenden Gestalten, statt das Schwergewicht der Verstärkung der antifaschistischen Kampffront … in die Betriebe und auf die Massen nach unten zu verlegen.”
c) Februar-Plenum 1932:
“Die Einheitsfront kann nicht parlamentarisch durch Verhandlungen zustande kommen. Sie kann nicht durch Abkommen mit anderen Parteien oder Gruppen zustande kommen, sondern sie muss aus der Bewegung der Massen erwachsen und, von dieser Bewegung getragen, eine wirklich lebendige Kampffront darstellen. Gemeinsame Versammlungen der KPD mit der SPD . . . gibt es nicht, darf es nicht geben!”
Die Taktik der KPD habe nichts zu tun mit “opportunistischen Entgleisungen, wie gemeinsame Kundgebungen ohne Kampf gegen den Sozialfaschismus oder seine ‚linken’ Spielarten, …nichts zu tun mit der Bildung paritätischer Komitees, an Stelle der Schaffung von Einheitsfrontorganen der Massen von unten, auf der Grundlage unserer Kampflosungen.” (a.a.O., S. 61).
d) 3. Parteikonferenz, 1932:
Insofern ein Schritt vorwärts, als sie Bereitschaft zum Ausdruck bringt, “bei verstärkter Entfaltung unserer außenparlamentarischen Kampfaktionen . . . für dieses Volksbegehren (der SPD gegen die September-Notverordnung Papens, K.G.) einzutreten.” (a.a.O. S. 36).
e) “Rote Fahne” vom 6. Januar 1933: Bericht über die Leipziger Stadtverordnetenversammlung, in der endlich einmal die KPD einem SPD-Kandidaten ihre Stimme gab, damit nicht ein Nazi zum ersten Präsidenten der Stadtverordnetenversammlung gewählt wurde. Statt aber diese Tatsache als vorbildlich groß herauszustellen, wurde der Bericht mit einem Kommentar versehen, in dem es heißt, dass dies nur eine taktische Ausnahme sei und an der Haltung der KPD zur SPD nichts ändere. Und die sächsische und thüringische Bezirksleitung der KPD veröffentlichte eine Erklärung dazu, in der es heißt: “Jede Blockpolitik mit der SPD in den Gemeinden lehnt die KPD auf das Schärfste ab, sie wird jedes dahin zielende Manöver der SPD zerschlagen.” Die KPD werde die SPD unterstützen “wie der Strick den Gehängten.”
In der gleichen Nummer der RF war der Bericht über das Treffen Hitler-Papen im Bankhaus Schröder!
f) “Rote Fahne” vom 7. Januar 1933: Bericht über die Wahl des Chemnitzer Stadtverordneten-Vorstandes, unter der Überschrift: “SPD in der eigenen Falle gefangen, nur Kommunisten im Chemnitzer Stadtverordneten-Vorstand.” In dem Bericht wird erzählt, dass die SPD bei der Wahl des ersten Vorstehers ihre Stimme dem Kandidaten der KPD gab, damit kein Nazi durchkam. Bei der Wahl des zweiten Vorstehers hätten die Vertreter der SPD versucht, “unsere Fraktion zu einem Kuhhandel zu bewegen und der Partei der Wels, Hilferding, Leipart und Co., diesen Posten ‚freiwillig’ zu überlassen. Selbstverständlich lehnte unsere Fraktion jeden Kuhhandel ab…”
g) “Rote Fahne” vom 26. Januar 1933: Im “Vorwärts” hatte Stampfer der KPD “Nichtangriffspakt” angeboten. Die “Rote Fahne” lehnte dieses Angebot ab mit der Begründung, die KPD wolle keinen Nichtangriffspakt, sondern eine kämpfende Einheitsfront. “Wir sollen helfen, die Fäuste der Arbeiter zu binden, wir sollen euch amnestieren für eure Politik, die den Faschisten den Weg bereitet hat. Wir würden aufhören, die Führerin des Proletariats zu sein … Nichtangriffspakt mit Severing, Zörgiebel, Noske und Scheidemann? Niemals!”
35) Zur Revolutionären Gewerkschafts-Opposition (RGO)
a) Mitgliederzahlen 1930-1932
1930 136 000
1931 145 380
1932 256 170
Im Vergleich dazu: Mitgliederzahl der Freien Gewerkschaften:
1932 4.134 902
(Quelle: Siegfried Vietzke/Heinz Wohlgemuth, Deutschland und die deutsche Arbeiterbewegung in der Zeit der Weimarer Republik 1919-1933, Dietz-Verlag Berlin 1966, S. 325).
b) Wilhelm Pieck auf dem VII. Weltkongress der KI
“Die revolutionäre Gewerkschafts-Opposition (RGO) wurde von unseren Genossen immer mehr in eine Gewerkschaft verwandelt, wodurch unsere Arbeit in den Freien Gewerkschaften noch mehr beengt wurde. So richtig es war, dass wir die von der Gewerkschaftsbürokratie aus den Verbänden ausgeschlossenen Gewerkschaftskollegen zusammenfassten, um gemeinsam mit den oppositionellen Arbeitern in den Gewerkschaften für die Wiederaufnahme zu kämpfen, so falsch war es, aus diesen Organisationen der Ausgeschlossenen Rote Verbände zu machen. Wir haben uns damit die Schaffung der Einheitsfront mit den freigewerkschaftlich organisierten Arbeitern sehr erschwert.” (W. Pieck, Der neue Weg, S. 59).
36) Betriebsrätewahlen, Januar 1933:
Der “Vorwärts” vom 18. 01. 1933 (Abendausgabe): “Von einer Absicht (Verschiebung der Betriebsratswahlen) ist dem Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbund nichts bekannt. Die Gewerkschaften wollen die Betriebsrätewahlen nicht nur unbedingt durchführen, sondern sie sind bereits in dieser Durchführung begriffen…Nach einer Rückfrage im Reichs-Arbeitsministerium ist dort von derartigen Absichten nichts bekannt. Die Betriebsrätewahlen finden statt. Alle Belegschaften haben die Pflicht, nur freigewerkschaftliche Betriebsräte zu wählen, damit die Gewähr für sachliches Arbeiten der Betriebsvertretungen auch weiterhin gegeben ist.”
37) Die Auswirkungen der linken Fehler:
Das Studium der Rechenschaftsberichte und Analysen der Lage auf den verschiedenen Kongressen, Tagungen der Partei und der Kommunistischen Internationale vermittelt ein sehr anschauliches Bild davon, wie der eingeschlagene sektiererische Kurs dazu führte, die Schere zwischen den objektiven Möglichkeiten und Notwendigkeiten auf der einen und der tatsächlichen Kampffähigkeit der Partei auf der anderen Seite immer mehr auseinanderklaffen zu lassen. Dieser Prozess verlief allerdings nicht kontinuierlich, und auch nicht völlig eindeutig. Sein Hauptmerkmal war ein immer größeres Zurückbleiben der revolutionären Kräfte hinter dem Wachstum der Kräfte des Faschismus. Aber von Zeit zu Zeit schien es, als begännen jetzt die revolutionären Kräfte aufzuholen, so im Jahre 1930 durch die Streiks in Mansfeld, Berliner Metallarbeiterstreik und den Ruhrkampf Anfang 1931, und im Herbst 1932 durch die Streikwelle gegen die Papensche September-Notverordnung mit dem Höhepunkt des BVG-Streiks. Diese Phasen des revolutionären Aufschwungs führten regelmäßig dazu, dass die Partei, die durch die vorangegangenen Misserfolge schon auf dem Wege einer realistischen Einschätzung der Lage sich befand, dazu verleitet wurde, die Lage und die revolutionäre Perspektive wieder zu optimistisch zu beurteilen.
Zum anderen war die Entwicklung insofern zwiespältig, als einen ständig schwindenden Einfluss, der Partei in den Betrieben ein Wachstum der Parteireihen und der für die Partei abgegebenen Wählerstimmen gegenüberstand, die auf Kosten der SPD gingen. Das hat ebenfalls eine Selbsttäuschung über die tatsächliche Kampfkraft der Partei begünstigt. In der Tat fiel die Partei in gewissem Maße der Täuschung zum Opfer, auf der der bürgerliche Parlamentarismus überhaupt aufgebaut ist, der Täuschung nämlich, als ob die Zahl der Wählerstimmen Ausdruck der realen Macht sei. Sie berücksichtigte nicht genügend den wichtigen Hinweis des II. Weltkongresses der Kommunistischen Internationale: “Der beste Maßstab der Stärke jeder kommunistischen Partei ist der wirkliche Einfluss, den sie auf die Massen der Arbeiterschaft in den Gewerkschaften ausübt.” (Leitsätze über die Gewerkschaftsbewegung)
Im folgendem eine Übersicht über die Auswirkungen der Politik der Partei, soweit sie aus den Reden auf den Tagungen usw. ersichtlich sind:
a) 12. Parteitag:
Der 12. Parteitag gab eine sehr optimistische Einschätzung der Aussichten der KPD. In seiner Resolution spricht er von einem Siegeszug des Kommunismus bei den Betriebsrätewahlen 1929 (Zur Geschichte der KPD, S. 259). Er muss aber bereits einen Mißerfolg bei den Wahlen vom 12. Mai 1929 in Sachsen konstatieren. (E. Thälmann, Bd. 2, S. 110)
b) X. EKKI-Plenum; Juli 1929:
E. Thälmann schätzt die Zahl der aus den Gewerkschaften Ausgeschlossenen auf 1700 Genossen und sympathisierende Arbeiter. (ebenda S. 202).
c) Oktober-Plenum des ZK der KPD, 1929:
Feststellung, Tempoverlust im Kampf gegen die Nazis. (E. Thälmann, Bd. 2, S. 261)
d) Erweitertes EKKI-Präsidium; Februar 1930:
Durch übertrieben optimistische Einschätzung gekennzeichnet: Überschätzung der Bedeutung des Übertritts zweier Sozialdemokraten zur KPD (Schwalbe und Reese) (ebenda S. 317)
Feststellung, der Vorsprung der Nazis sei wieder aufgeholt. (ebenda S. 319).
Aber auch Feststellung, dass 1929 keine Streikbewegung, (ebenda S. 319), aber Erwartung größerer Erfolge für 1930. (ebenda S. 323)
Bei Gemeindewahlen in Sachsen erneuter Misserfolg. (Wahlen am 17. Nov. 1929) (ebenda S. 326)
Aber Einschätzung, dass bei den Sozialdemokraten das Misstrauen zu ihrer Führung schon größer als das Vertrauen ist. (ebenda S. 330/31)
e) März-Plenum des ZK der KPD, 1930:
Bereits ein Monat später schon eine ganz andere, viel nüchternere und kritischere Einschätzung: Entgegen der Auffassung, die SPD müsse sich selbst entlarven, muss E. Thälmann jetzt feststellen, dass das Vorgehen Severings gegen Frick jetzt viele Arbeiter verwirrt hat, dass also die SPD durchaus noch über Mittel zum Manövrieren verfügt. (a.a.O., S. 364).
Ebenfalls muss Thälmann davon sprechen, dass es den reformistischen Gewerkschaftsführern gelungen ist, durch ihre Manöver Hunderttausende davon abzuhalten, zur KPD zu stoßen. (S. 370)
Er muss ferner verstärkte antigewerkschaftliche Stimmungen in der Partei signalisieren. (S. 368)
Er muss über Niederlagen bei den Betriebsrätewahlen sprechen (S. 378)
Feststellung, verstärkter innerparteilicher opportunistischer Widerstand gegen Politik der Partei, (S. 274), aber auch Warnung vor “linken” Fehlern (S. 379-91), Proklamierung des Zweifrontenkampfes gegen rechte Abweichung (Hauptgefahr) und linke Abweichungen. (S. 394).
Ernst Thälmann warnt vor der Gefahr, dass bei Verschärfung der Krise die Betriebe von “Kommunisten” gesäubert werden und die Partei eine Partei der Erwerbslosen werden kann. (S. 387)
Feststellung, trotz der Verrätereien der Sozialdemokratie kaum nennenswerte Übertritte zur KPD (S. 388)
Und die bedeutendste Feststellung: zwischen revolutionären und reformistischen Teilen der Arbeiterschaft – Mauer aufgerichtet! (S. 397)
f) Bezirksparteitag Berlin, 26. Mai 1930:
Von 5500 roten Betriebsräten – 4000 aus den Gewerkschaften ausgeschlossen! (a.a.O., S. 432).
g) Gesteigerte faschistische Gefahr. (Zur Geschichte der KPD, S. 264).
h) Juli-Plenum, 1930:
Entwicklung der Arbeiteroffensive geht zu langsam (E. Thälmann, Bd. 2, S. 467).
Lehren der Sachsenwahl: SPD nahm stark ab, aber KPD nur sehr viel weniger zu, dagegen riesiger Aufschwung der Nazis, zu denen auch ein Teil der ehemaligen SPD-Wähler. (S. 467 ff). (Aber Schlussfolgerung: Verstärkung des sektiererischen Kurses.).
Neben Erfolgen bei den Betriebsratswahlen – große Misserfolge. (S. 470).
Positionen in den wichtigsten Betrieben viel zu schwach. (S. 472).
i) V. RGI-Kongress, September 1930:
Feststellung, dass die RGO viele Positionen in den reformistischen Gewerkschaften verloren habe. (Referat Losowski: “Weltkrise, Wirtschaftskampf, Aufgaben der revolutionären Gewerkschaftsbewegung. – Broschüre, S. 57).
j) Januar-Plenum 1931:
Im Zusammenhang mit den Streikkämpfen wieder übertrieben optimistische Einschätzung: Nachlassen des Masseneinflusses des Reformismus. (E. Thälmann, Material der PHS, S. 238)
Aber: Vertrauensmännerkörper in den Betrieben ist noch nicht da; (ebenda S. 249, 277), die roten Verbände sind noch nicht stark genug (S. 249, 265).
Erwerbslose – eine entscheidende Sturmtruppe für die proletarische Revolution. (S. 261).
k) XI. EKKI-Plenum
Manuilski bezeichnet den Beschluss des V. RGI-Kongresses zur Schaffung einer selbständigen revolutionären Gewerkschaftsbewegung als von wahrhaft historischer Bedeutung. (Manuilski, a.a.O., S. 54). Von der KPD sagt er, sie habe in der Eroberung der Mehrheit der Arbeiterklasse einen ernsthaften Schritt gemacht (ebenda, S.55) und sie sei die vorläufig einzige Partei, die es in einem Lande mit starker Sozialdemokratie verstanden habe, die selbständige Führung in Klassenkämpfen zu übernehmen und die Position der Sozialdemokratie gründlich zu erschüttern. (ebenda, S. 87) Ihre allgemeine Linie müsste in vollem Umfang gebilligt werden. (S.61).
l) Heft 21/22 der “Kommunistischen Internationale”,
Artikel ‚Über die Lage in Deutschland’ (07. 06. 1931): “Zum Unterschied von Polen ist es in Deutschland noch nirgends gelungen, den Angriff der Unternehmer zum Stehen zu bringen, …es ist auf keiner Front gelungen, größere und entscheidende Wirtschaftskämpfe zu entfachen.”
“…das organisatorische Gefüge der SPD ist in seinen Grundfesten noch nicht erschüttert.”
RGI musste an RGO offenen Brief gegen Vernachlässigung der Arbeit in den reformistischen Gewerkschaften schicken.
m) Leitartikel in Heft 25/26 vom 7. Juli 1931 der “Kommunistischen Internationale”,
KPD fange an, Übergewicht über die Nazis zu bekommen. Starkes Zurückbleiben in den Streikkämpfen. “Die Erwerbslosen (können) allein keine Revolution machen. Ohne die Bewegung der Proletarier in den Betrieben wird es keine proletarische Revolution geben.” Schwäche der KPD und Stärke der SPD in den Betrieben Hauptgefahr für die Revolution. Streiks finden nicht statt, weil die Basis der Sozialdemokraten in den Massen noch nicht zertrümmert wurde und die Stellung der Kommunisten in den reformistischen Gewerkschaften schwächer geworden ist. Schlussfolgerung: Alle Kräfte in den Kampf gegen die SPD!
n) Artikel E. Thälmanns in der “Internationale”, Heft 11/12 November/Dezember 1931.
Aus der Tatsache, dass sich die Eroberung der Mehrheit der Arbeiterklasse als schwieriger und langwieriger erweist, kommt E. Thälmann jetzt zu einer Theorie: erst Mehrheit der Arbeiterklasse erobern, dann Verbündete gewinnen. Auch daraus wird dann die Schlussfolgerung gezogen: also Hauptstoß gegen die SPD! “Für jeden Marxisten-Leninisten muss es selbstverständlich sein, dass das erste Erfordernis der kommunistischen Politik der Kampf um die Gewinnung der eigenen Klasse, des Proletariats, sein muss. Nur wenn wir die proletarische Mehrheit für den Kommunismus gewinnen, können wir die weitere Aufgabe der Heranziehung der Verbündeten des Proletariats aus den Mittelschichten an die antikapitalistische Kampffront verwirklichen und damit die Voraussetzungen für die Volksrevolution im Sinne von Marx und Lenin schaffen… Welche Folgerung ergibt sich aber daraus? Die unbedingte Konsequenz, dass wir … den Hauptstoß gegen die Partei richten müssen, die heute noch die entscheidende Massenbasis im Proletariat für die Diktatur der Bourgeoisie besitzt. Das ist nicht die Hitlerpartei, sondern die Sozialdemokratie.” (S. 491).
o) Februar-Plenum 1932:
Feststellung: Erfolge der Massenarbeit der Partei stehen in Mißverhältnis zu den günstigen objektiven Bedingungen; Zurückbleiben des subjektiven Faktors. (a.a.O., S. 27). Nicht in genügendem Maße Streikkämpfe, gehemmt durch Massenarbeitslosigkeit, verschärfte Unternehmeroffensive und immer noch starken MassenEinfluss des Reformismus. (S. 51). Vollkommen ungenügend vor allem in Großbetrieben verankert. (S. 55). Gegen Vernachlässigung der Arbeit in den reformistischen und christlichen Verbänden; gegen Losungen: Zerstören des ADGB, gegen schematische Losungen der Beitragssperre, gegen falsche Gründung von lebensunfähigen künstlich geschaffenen kleinen Verbänden. ( S. 56). Noch kein revolutionärer Vertrauensmännerkörper in den Betrieben geschaffen. (S. 56). RGO ist noch kein genügender Massenfaktor (S. 56). Entwicklung der RGO und der roten Verbände unbefriedigend. (S. 56). Arbeit unter den Erwerbslosen – größte Schwäche. (S. 57). Auch Komintern legt sich manchmal die Frage vor, wieso bei einer richtigen Generallinie, bei richtigen Beschlüssen und der großen Autorität der Partei es trotzdem in der Durchführung mangelt und hapert. (S. 85) Genossen im Ausland stehen vor der Frage, wie es kommt, dass die deutsche Partei so wenig Streiks auslöst und führt. (S. 86)
p) XII. EKKI-Plenum, September 1932:
Nicht gelungen, die Mehrheit der Arbeiterklasse zum Kampf gegen die unausgesetzten Angriffe des Kapitals zu mobilisieren. (Material PHS, S. 245) In Deutschland haben es die roten Gewerkschaften (Metallarbeiter, Bergarbeiter) nicht verstanden, den Kampf gegen die Kapitaloffensive zu organisieren und erstarrten in ihrer weiteren Entwicklung. (S. 251). Kommunisten häufig durch Mauer von den sozialdemokratischen Arbeitern getrennt. (S. 235)
q) 3. Parteikonferenz der KPD, Oktober 1932:
Partei gelang es nicht, wirklich geschlossenen Massenwiderstand gegen Notverordnung zu organisieren. (a.a.O., S. 20) Besonderes Versagen am 20. Juli 1932. In letzter Zeit in zwei Fragen großer Durchbruch und entscheidender Fortschritt: Antifaschistische Aktion und begonnene Streikwelle. (S. 21) Seit langer Zeit ist zum ersten Mal die Arbeiterklasse wieder ihrer Kraft bewusst geworden. (S. 24) RGO und rote Verbände müssen zu wirklichen Massenorganisationen werden. (S. 24). Anteil der Betriebsarbeiter in der Partei geht in ernster Weise zurück. (S. 25). Abrechnung mit der Neumann-Gruppe. (S. 25 ff). Starkes Zurückbleiben hinter den objektiven Möglichkeiten, aber beginnender ernster Umschwung. (S. 34). Erwartung, dass “bei richtiger Politik … Millionen von bisher von der Sozialdemokratie beeinflusster Arbeiter an die Peripherie unserer Bewegung bzw. in unsere Front” hineingebracht werden. (S. 38).
r) Brüsseler Konferenz (W. Pieck, Der neue Weg, S. 14) :
“Die RGO mit ihren 160 000 Mitgliedern und die roten Verbände mit ihren 95 000 Mitgliedern sind niemals über die Zahl der Parteimitglieder hinausgekommen.”
38) Politik der KPD – Modell für die anderen kommunistischen Parteien.
Manuilski auf dem erweiterten EKKI- Präsidium 1930:
“Die Rolle der revolutionären Gewerkschaftsbewegung wächst jetzt mehr als je zuvor. Daher die Wichtigkeit der Erfahrung, die uns gegenwärtig die KPD in Bezug auf die organisatorische Formierung der revolutionären Gewerkschaftsopposition gibt. Alle Sektionen der Komintern in Ländern mit ungespaltener Gewerkschaftsbewegung müssen diese Erfahrung mit größter Aufmerksamkeit verfolgen, studieren, sie für ihre konkreten Verhältnisse anwenden.” (a.a.O., S. 48).
XI. EKKI-Plenum (aus der Resolution, Material PHS, S. 224):
“Die Kommunistische Partei Deutschlands hat einen bedeutenden Schritt in der Richtung der Eroberung der Mehrheit der Arbeiterklasse zu verzeichnen und ihre Erfahrung gewinnt große internationale Bedeutung.”
39) Die internationale Bedeutung des Sieges der Revolution in Deutschland
Leitartikel der “Kommunistischen Internationale”, Heft 25/26 v. 7. Juli 1931 “Deutschland ist die Hauptstraße der proletarischen Revolution in Europa.”
Ernst Thälmann auf der 3. Parteikonferenz der KPD: “Unsere gesamte Partei muss sich immer bewusst sein: Der Übergang Deutschlands zur Revolution, der Sieg des Proletariats über den blutigen Faschismus in Deutschland kann entscheidend sein für das Übergewicht der Revolution über die Konterrevolution und den Faschismus auf dem ganzen Erdball.
Die Entscheidung in Deutschland bedeutet unvermeidlich auch die Entscheidung für andere Länder Europas.” (a.a.O., S. 32).
Anhang:
I. Parteitage der KPD von 1918/19 – 1939
Gründungsparteitag : 30. Dezember 1918 – 1. Januar 1919, Berlin
2. (illeg.) Parteitag : 20.-23. Oktober 1919, in Heidelberg und Mannheim
3. (illeg.) Parteitag : 25.-26. Februar 1920, in Karlsruhe und Purlach
4. (illeg.) Parteitag : 14.-15. April 1920, in Berlin
5. Parteitag : 1. – 3. November 1920, in Berlin
6. Parteitag : 4. – 7. Dezember 1920, in Berlin, Vereinigung mit den Linken der USPD. Umbenennung in “Vereinigte Kommunistische Partei” (VKPD) 7. Parteitag : 22. – 26. August 1921, in Jena
8. Parteitag : 28. Januar – 1. Februar 1923, in Leipzig
9. (illeg.) Parteitag : 7. – 10. April 1924, in Offenbach und Frankfurt/M.
10. Parteitag : 12. – 17. Juli 1925, in Berlin
11. Parteitag : 2. – 7. März 1927, in Essen
12. Parteitag : 8. – 15. Juni 1929, in Berlin-Wedding
ZK-Plenen
Oktober 1929 : 24. – 25. Oktober 1929
März 1930 : 20. März 1930
Juli 1930 : 16. – 17. Juli 1930
Mai 1931 : 14. – 15. Mai 1931
Februar 1932 : 20. – 23. Februar 1932
Illegale Tagung des ZK der KPD in Ziegenhals bei Berlin 7. Februar 1933:
Verhaftung Ernst Thälmanns am 3. März 1933
Brüsseler Konferenz : 3. – 15. Oktober 1935, bei Moskau (13. Parteitag)
Berner Konferenz : 30. Januar – 1. Februar 1939, in Draveil bei Paris (14. Parteitag)
Parteikonferenzen:
1. Parteikonferenz : 31. Oktober bis 1. November 1925 in Berlin
2. Parteikonferenz : 3. – 4. November 1928 in Berlin
3. Reichsparteikonferenz der KPD in Berlin, 15. – 18. Oktober 1932
II. Weltkongresse der Kommunistischen Internationale
GründungsKongress : März 1919
II. Weltkongress : Juli – August 1920
III. Weltkongress : Juni-Juli 1921
IV. Weltkongress : November – Dezember 1922
V. Weltkongress : Juni – Juli 1924
VI. Weltkongress : Juli – September 1928
VII. Weltkongress : Juli – August 1935
Erweitertes Plenum des EKKI-Präsidiums: Februar 1930
XI. Plenum des EKKI : März – April 1931
XII.Plenum des EKKI : August – September 1932
XIII.Plenum des EKKI: November – Dezember 1933.
Literaturverzeichnis
Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung in 8 Bänden, Bd. 3 und 4, Berlin 1966, Autorenkollektiv unter Vorsitz von Walter Ulbricht.
Zur Geschichte der KPD. Eine Auswahl von Materialien und Dokumenten, Berlin.
Die Kommunistische Internationale. (Auswahl von Dokumenten der Kommunistischen Internationale von der Gründung bis zum VI. Weltkongress 1919-1927), Berlin November 1955, Herausgegeben von der Parteihochschule “Karl Marx” beim ZK der SED.
Die Kommunistische Internationale. (Auswahl von Dokumenten und Reden vom VI. Weltkongress bis zur Auflösung der Kommunistischen Internationale, 1928-1943), Berlin Januar 1956, herausgegeben von der Parteihochschule “Karl Marx” beim ZK der SED.
D. S. Manuilski, Die kommunistischen Parteien und die Krise des Kapitalismus. Bericht vor dem XI. Plenum des EKKI (26. März – 11. April 1931), Hamburg / Berlin 1931.
D. Manuilski, Die Weltwirtschaftskrise und der revolutionäre Aufstieg. Referat auf dem erweiterten Plenum des Präsidiums des EKKI, Februar 1930, Hamburg / Berlin 1930.
Wilhelm Pieck, Zur Geschichte der Kommunistischen Partei Deutschlands. 30 Jahre Kampf. Vortrag von 1939, Berlin 1949.
Wilhelm Pieck, Der neue Weg zum gemeinsamen Kampf für den Sturz der Hitlerdiktatur. Berlin 1947. (Referat und Schlusswort auf der Brüsseler Konferenz, Oktober 1935).
Wilhelm Pieck / Georgi Dimitroff / Palmiro Togliatti: Die Offensive des Faschismus und die Aufgaben der Kommunisten im Kampf für die Volksfront gegen Krieg und Faschismus. Referate auf dem VII. Weltkongress der Kommunistischen Internationale (1935), Berlin 1957.
Protokoll des V. Weltkongresses der Kommunistischen Internationale.
Protokoll des VI. Weltkongresses der Kommunistischen Internationale.
Die RGI im Angriff. Broschüre zum V. RGI-Kongress im September 1930.
Ernst Thälmann. Reden und Aufsätze zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Bd. I u. II, Berlin 1955 und 1956.
Ernst Thälmann. Auszüge aus Reden (1925-1931). Als Manuskript gedruckt, herausgegeben von der Parteihochschule “Karl Marx” beim ZK der SED. o.J..
Ernst Thälmann. Eine Biographie von einem Autorenkollektiv unter Leitung von Günter Hortzsdhansky, Berlin 1979.
Ernst Thälmann. Der revolutionäre Ausweg und die KPD. Februar-Plenum des ZK der KPD 1932.
Ernst Thälmann. Im Kampf gegen die faschistische Diktatur. Rede und Schlusswort auf der 3. Reichsparteikonferenz der KPD. (Broschüre)
Siegfried Vietzke, Heinz Wohlgemuth. Deutschland und die deutsche Arbeiterbewegung in der Zeit der Weimarer Republik 1919-1933, Berlin 1966.
Die Unvollständigkeit mancher Angaben ergibt sich daraus, dass ich einen großen Teil der angegebenen Literatur vor fast fünfzig Jahren im damaligen Institut für Marxismus-Leninismus durchgearbeitet habe und mir nicht von jedem Buch oder jeder Broschüre alle Angaben notiert habe, und jetzt, zum Zeitpunkt der Drucklegung, nur das greifbar ist, was ich selbst besitze/KG