Kurt Gossweiler
REDE IN DER THÄLMANN-GEDENKSTÄTTE IN ZIEGENHALS
(6. Februar 2000)
Fast auf den Tag genau vor 47 Jahren, am 7. Februar 1953, zwanzig Jahre nach der denkwürdigen Zeuthener Tagung, wurde das Gedenkzimmer eingeweiht und fand eine feierliche Sitzung des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands zu Ehren Ernst Thälmanns statt.
Walter Ulbricht begann seine Festrede unter dem Geleitwort: “Wir erfüllen Ernst Thälmanns Vermächtnis” mit der Erinnerung daran, daß “Ernst Thälmann, der Führer der deutschen Arbei-terklasse, der Führer im Kampf um die nationale und soziale Befreiung des werktätigen deutschen Volkes” vor zwanzig Jahren “das letzte Mal auf einer Tagung des Zentralkomitees der Kommu-nistischen Partei Deutschlands gesprochen” hat.
Die Rede Walter Ulbrichts hat bei allen Teilnehmern und nach ihrer Veröffentlichung auch bei uns, die wir sie lasen, einen unauslöschlichen Eindruck hinterlassen, denn in dieser Rede verlas Walter Ulbricht Thälmanns damalige Rede. Sie wurde uns auf diese Weise zum ersten Male bekannt und versetzte uns wegen ihrer tief schürfenden und weit vorausschauenden Einschätzung des Hitler-regimes und der Feststellung Thälmanns, “dass der Sturz der Hitlerregierung und der Sieg der proletarischen Revolution nicht unbedingt ein und dasselbe sein muss” (1) in bewunderndes Er-staunen, nahm diese Feststellung doch die späteren Einsichten der Brüsseler Konferenz von 1935 bereits zu diesem frühen Zeitpunkt vorweg.
Thälmanns Fähigkeit zu tiefgründiger Analyse und weitsichtiger Voraussage ließ ihn frühzeitig warnen: Hitler – das ist der Krieg. Und als ihm seine siegestrunkenen Bewacher nach den ersten Erfolgen der faschistischen Truppen nach dem Überfall auf die Sowjetunion deren baldiges Ende prophezeiten, da sagte er ihnen voraus, was wirklich kommen würde: Stalin wird Hitler das Genick brechen!
Mit dieser feierlichen Sitzung am 7. Februar 1953 wurde ein Auftakt gegeben, der es später, in den siebziger Jahren, und erst recht, seitdem es die Wahrheit über Ernst Thälmann und seine Partei gegen Verleumdungen – nicht nur aus einer, sondern aus allen möglichen und unmöglichen Richtungen – zu verteidigen und weiter zu tragen gilt, zu einer guten Tradition werden ließ, daß sich Sozialisten in jedem Jahr im Februar in dieser Gedenkstätte treffen, um der historischen Tagung und Ernst Thälmanns zu gedenken und daraus Kraft für die Weiterführung des Kampfes in seinem Sinne zu schöpfen.
In diesem Jahr 2000 begehen wir unsere Kundgebung im letzten Jahr unseres Zwanzigsten und an der Schwelle des nächsten Jahrhunderts – Grund genug für einen Rückblick auf das zu Ende ge-hende und für den Versuch einer Vorausschau auf das kommende Jahrhundert mit den Augen und den Überzeugungen Ernst Thälmanns.
Der Hauptinhalt unseres auslaufenden Jahrhunderts ist der Klassenkampf zwischen der Arbeiter-klasse und der imperialistischen Bourgeoisie, der Kampf zwischen dem mit der siegreichen Ok-toberrevolution erstmals aus der Theorie zur lebendigen Wirklichkeit gewordenen Sozialismus und dem Imperialismus.
Die bürgerlichen Ideologen versuchen diese Tatsache in Vergessenheit geraten zu lassen, in dem sie die 70 Jahre Sozialismus auf einem Sechstel und die 40 Jahre Sozialismus auf einem Drittel unseres Erdballs zu weniger als einer Fußnote der Geschichte herunterreden und schreiben.
Warum? Aus Siegerübermut? Nein, ganz im Gegenteil: aus Furcht! Sie wollen jede Erinnerung an Siege der Arbeiterklasse und an die Niederlagen des Imperialismus auslöschen, wollen mit dem “Mythos der Unbesiegbarkeit” der herrschenden kapitalistischen Ordnung jeden Gedanken an die Möglichkeit, sie zu überwinden, als Hirngespinst erscheinen lassen.
Aber Tatsachen lassen sich nicht aus der Welt lügen. Das zwanzigste Jahrhundert ist und bleibt das Jahrhundert des Beginns des Zeitalters des Sozialismus. Die Arbeiterklasse hat mit der Vernichtung der Ausbeuterordnung in den sozialistischen Ländern, mit der Zerschlagung der Hauptkräfte des Faschismus durch die Sowjetunion und mit der tatkräftigen Hilfe für die kolonial versklavten Völker bei deren Kampf gegen das schmachvolle, unmenschliche imperialistische Kolonialsystem der Menschheit den Weg gebahnt, um – mit Marx und Engels zu sprechen – aus dem “Reich der Notwendigkeit” den Schritt ins “Reich der Freiheit” zu tun.
Aber das 20. Jahrhundert ist auch das blutigste und grausamste Jahrhundert der bisherigen Menschheitsgeschichte; dazu hat es die imperialistische Bourgeoisie gemacht mit ihren zwei Weltkriegen, mit dem von ihr als Speerspitze gegen die sozialistische Sowjetunion gezüchteten Faschismus und mit dem skrupellosen, durch nichts zu rechtfertigenden Abwurf der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki.
Die krasse Gegensätzlichkeit des geschichtlichen Wirkens der beiden Hauptklassen tritt mit nicht geringerer Deutlichkeit in Erscheinung in Gestalt ihrer jeweiligen Führungspersönlichkeiten.
Auf Seiten des deutschen Imperialismus wären da zu nennen:
Kaiser Wilhelm II, der ankündigte, das deutsche Volk herrlichen Zeiten entgegenzuführen und es dann in den ersten Weltkrieg führte. Dieser erste imperialistische Weltkrieg kostete 10 Millionen Menschen das Leben, davon zwei Millionen in Deutschland.
Paul von Hindenburg, des Kaisers Generalfeldmarschall, dem der Weltkrieg nach eigener Aussage “wie eine Badekur” bekam; dessen Wiederwahl zum Reichspräsidenten die SPD-Führung 1932 mit der Begründung empfahl: “Wer Hindenburg wählt, schlägt Hitler!”; der schließlich am 30. Januar 1933 Ernst Thälmanns Warnung : “Wer Hindenburg wählt, wählt Hitler!” bestätigte, indem er Hitler zum Reichskanzler ernannte.
Adolf Hitler, Wunsch-Kanzler der deutschen Bank- und Industrie-Konzern-Herren, der Abs, Krupp-, Thyssen- und IG-Farben-Chefs; Hoffnungsträger der internationalen Monopolbourgeoisie als Kreuzzug-Führer gegen die Sowjetunion, Hauptverantwortlicher für die 50 Millionen Toten des Zweiten Weltkrieges und für den Völkermord an Juden, Sinti und Roma und an den Völkern im okkupierten Osteuropa, der zum Schluss auch dem deutschen Volk das Recht zum Weiterleben absprach und mit dem so genannten “Nero-Befehl” anordnete, Deutschland zur verbrannten Erde zu machen, und das mit den Worten begründete: “Wenn der Krieg verloren geht, wird auch das Volk verloren sein. Dieses Schicksal ist unabwendbar. Es ist nicht notwendig, auf die Grundlagen, die das Volk zu seinem primitivsten Weiterleben braucht, Rücksicht zu nehmen. Im Gegenteil, es ist besser, selbst diese Dinge zu zerstören… Denn das Volk hat sich dann als das schwächere erwiesen. Was nach dem Kampf übrig bleibt, sind ohnehin nur die Minderwertigen.” (2) Ich meine: Dieses ungeheuerliche Todesurteil Hitlers für das deutsche Volk ist viel zu wenig bekannt. Denn: welcher denkende Jugendliche, der von Hitler dieses weiß, wird noch leicht dazu verführt werden können, von der Wiederkehr eines neuen Hitler den Weg in eine bessere Zukunft zu erwarten?
Und noch eines: Jenen, die so gerne Stalin mit Hitler gleichstellen – und solche gibt es leider nicht nur unter den Antikommunisten – sollte in diesem Zusammenhang Stalins Wort in Erinnerung gerufen werden: Die Hitler kommen und gehen – das deutsche Volk aber bleibt!
Doch weiter in unserer Betrachtung der Führungsfiguren der deutschen Großbourgeoisie in diesem Jahrhundert:
Konrad Adenauer, der Mann, der 1923 aus Furcht vor der revolutionären deutschen Arbeiter-klasse das Rheinland von Deutschland losreißen und zu einem unter französischer Vormundschaft stehenden Separatstaat machen wollte; der nach dem Zweiten Weltkrieg als “Kanzler der Alliier-ten” – wie er treffend von Kurt Schumacher genannt wurde – mit dem Mitverfasser und Kom-mentator der faschistischen Nürnberger Rassengesetze, Hans Maria Globke, als seinem Staats-sekretär im Bundeskanzleramt, die Bundesrepublik zu einem Schutzgebiet für hohe Na-zi-Funktionäre, Nazi-Beamte und Nazi-Richter ausgestaltete und im Interesse der gleichen Bank- und Konzernherren, die Hitler an die Macht gebracht hatten, nun Deutschland spaltete, deren und seinem Leitspruch folgend: Lieber das halbe Deutschland ganz, als das ganze Deutschland halb! Adenauer hat schon lange vor Kohl mit Hilfe der heutzutage “System Kohl” genannten Praktiken regiert, wie man jetzt sogar aus den regierungstreuen Medien erfahren kann, was aber eigentlich gar keiner besonderen Bestätigung bedarf, denn diese Art Regierungskriminalität ist nun einmal in einem System unentbehrlich, in dem ohne das Schmiermittel Geld nichts, aber auch gar nichts funktioniert. Adenauer aber hatte das Glück, dass zu seiner Zeit wegen des “Kalten Krieges” gegen den sozialistischen Osten alle Interessengruppen weitgehend darin einig waren, das schöne Schau-Bild des demokratischen Rechtsstaates und der christlichen Wertegemeinschaft nicht durch Aufdeckung der Schweinereien der Konkurrenz zu beschädigen.
Helmut Kohl: Es hätte nicht viel gefehlt, und er wäre in die Geschichtsbücher der Bundesrepublik als der größte deutsche Staatsmann seit Bismarck eingegangen. Und nun dies!
Aber haben wir nicht allen Grund, ihm dankbar zu sein ? Hat er nicht schlagender und überzeu-gender als wir selbst es vermocht hätten, all die Lügen widerlegt vom angeblichen Rechtsstaat Bundesrepublik, in dem alle Bürger gleich und gleichermaßen dem Grundgesetz als dem obersten Gesetz unterworfen seien; von der “moralischen Wende”, die er eingeleitet habe, als er 1982 Helmut Schmidt als Kanzler ablöste; von der “christlichen Ethik und Moral”, von der er und seine Partei sich immer und in allem hätten leiten lassen?
Er hat mit einer Bedenkenlosigkeit und Brutalität, die seine früheren Anbeter und Gefolgsleute zur Verzweiflung treibt, zu erkennen gegeben, dass ihm die von seiner eigenen Regierung erlassenen Gesetze und sein Kanzler-Eid auf das Grundgesetz einen Dreck wert sind gegenüber seinem “Ehrenwort” auf Verschwiegenheit, das er seinen kapitalkräftigen Millionen-Spendern gegeben hat. Über allen Gesetzen steht das eine Gesetz: Unbedingter Gehorsam dem Kapital gegenüber!
Kohl hat damit wie selten ein Chef des “geschäftsführenden Ausschusses der Kapitalistenklasse” die tiefe Wahrheit der Kennzeichnung der bürgerlichen Gesellschaft durch Marx und Engels im Kommunistischen Manifest bestätigt, wird doch dort u.a. ausgeführt:
“Die Bourgeoisie, wo sie zur Herrschaft gekommen, hat alle feudalen, patriarchalischen, idyllischen Verhältnisse zerstört. … Sie hat die heiligen Schauer der frommen Schwärmerei, der ritterlichen Begeisterung, der spießbürgerlichen Wehmut in dem eiskalten Wasser egoistischer Berechnung ertränkt. Sie hat die persönliche Würde in den Tauschwert aufgelöst. … Sie hat kein anderes Band zwischen Mensch und Mensch übrig gelassen, als das nackte Interesse, als die gefühllose ‘bare Zahlung’.”
Gerhard Schröder: Dieser sozialdemokratische Bundeskanzler hat offenbar keine Scheu davor, alle finsteren Taten seiner Vorgänger, angefangen von der Zustimmung der SPD-Führung zum Ersten Weltkrieg und weiter mit dem Verrat an der deutschen Arbeiterklasse im November 1918, dem Bruch der Wahlversprechungen 1928 mit dem Beschluss zum Panzerkreuzerbau durch die Regierung Hermann Müller, dem Verbot der Demonstration am 1. Mai 1929, bis zur Zustimmung der 65 sozialdemokratischen Reichstagsabgeordneten zu Hitlers außenpolitischer Erklärung am 21. Mai 1933, in den Schatten zu stellen: er stimmte dem Überfall des deutschen Imperialismus im Rahmen der NATO auf Jugoslawien nicht nur zu, sondern führte ihn gemeinsam mit seinem ebenfalls sozialdemokratischen Kriegs-Minister Scharping selber mit durch! Der erste Kriegskanzler der Bundesrepublik Deutschland ist ein Sozialdemokrat, und das in einem völkerrechts- und verfassungswidrigen Krieg gegen ein UNO-Mitglied! Er bricht seine Wahlversprechungen, indem er die Kohl-Waigelsche Umverteilung von unten nach oben durch Steuergeschenke an die Unternehmer weiterführt, und auch dadurch, dass er ausgerechnet einen der rücksichtslosesten Interessenvertreter des deutschen Großkapitals, Otto Graf Lambsdorff, zum Vertreter der Bun-desregierung gegenüber den Forderungen der Zwangsarbeiter auf Entschädigung ernennt, mit dem Erfolg, dass der größere Teil dieser Entschädigung direkt oder indirekt auf die Steuerzahler ab-gewälzt wird. Er bricht den Koalitionsvertrag, indem er statt des vereinbarten Ausstiegs aus der Atomenergie deren Weiterführung bis zum Sankt Nimmerleinstag durchsetzt. Und unter seiner Kanzlerschaft wird zum ersten Male seit der Nazizeit die Januar-Demonstration zu Rosa Luxem-burg und Karl Liebknecht verboten.
Solcher Art sind die hervorragendsten, kennzeichnendsten Staatsmänner, denen die herrschende Klasse des kapitalistischen Deutschland in unserem 20. Jahrhundert die Führung ihrer Geschäfte anvertraut hat. Zu ihrer Kennzeichnung haben wir im Deutschen ein treffliches Sprichwort: “Wie der Herr, so’s Gescherr”.
Ihnen standen so hervorragende, von den fortschrittlichen Menschen der ganzen Welt hoch ge-achtete und geschätzte Persönlichkeiten als Führer ihrer Klasse gegenüber wie August Bebel, Rosa Luxemburg, Karl Liebknecht und Ernst Thälmann; wie Wilhelm Pieck, Otto Grotewohl und Walter Ulbricht als Begründer des ersten sozialistischen Staates auf deutschem Boden; wie auch Erich Honecker, der für seinen Kampf gegen den Faschismus von den Nazis und für seinen Kampf für den Sozialismus an der Spitze der Deutschen Demokratischen Republik von der Bonner Justiz ins Zuchthaus gesteckt wurde. Seine Schlusserklärung vor Gericht, in der er nicht als Angeklagter, sondern als Ankläger auftrat, ist ein bleibendes Zeugnis und Beispiel für das Verhalten eines Mitkämpfers der jungen Garde Ernst Thälmanns vor dem Gericht der herrschenden Klasse.
Jedoch: das 20. Jahrhundert war auch das Jahrhundert der größten und schlimmsten Niederlage der ganzen internationalen Arbeiterbewegung. Und das, obwohl wir 1975, nach dem begeisternden Sieg des zahlenmäßig kleinen vietnamesischen Volkes über den mächtigsten imperialistischen Staat, die Supermacht USA, nach dem Sieg der nationalen, auf den Sozialismus orientierten Be-freiungsbewegungen in Angola und Mocambique und der Errichtung eines nationaldemokratischen Regimes in Äthiopien schon die zuversichtliche Hoffnung hegen konnten, in den bis zum Ende des Jahrhunderts verbleibenden 25 Jahren an die Stelle der kapitalistischen Umkreisung des Sozialismus die sozialistische Umkreisung des Kapitalismus erreichen zu können.
Über die Ursachen dieser Niederlage werden sehr unterschiedliche Theorien verbreitet. Ganz und gar abwegig finde ich die Erklärungen derjenigen, die bei der Ursachensuche so tun, als sei nur dieses eine Land DDR untergegangen und die glauben, die Ursachen für deren Untergang ganz allein in Fehlern und Mängeln der Politik ihrer Führung und in angeblichen Strukturfehlern, wie vor allem in einem behaupteten Mangel an Demokratie finden zu können. Nun soll ja keineswegs bestritten werden, dass sich die DDR als sozialistischer Staat in einem ganz frühen Anfangsstadium befand und dementsprechend auch die sozialistische Demokratie noch schwach entwickelt war; dennoch war sie der nur formalen bürgerlichen Demokratie weit überlegen, wovon sich immer mehr Bürger der DDR nach den Erfahrungen mit dem Realkapitalismus überzeugen.
Jede ernsthafte Ursachenerklärung kann nicht daran vorbeigehen, dass nicht nur ein einzelnes sozialistisches Land, sondern die Sowjetunion und alle europäischen, eng mit ihr verbundenen und in ökonomischer, politischer und militärischer Hinsicht von ihr abhängigen sozialistischen Länder untergegangen sind. Und wer ernsthaft die Ursachen dafür erforschen will, der kann nicht an einer Tatsache vorbeisehen, die seit langem jedem, der nicht vor ihr absichtlich seine Augen verschließen wollte, klar sein musste, an der Tatsache nämlich, dass die Führung der Sowjetunion seit Jahren aktiv auf das Ziel der Auslöschung der sozialistischen Staaten auf der ganzen Welt hinarbeitete. Kein anderer als der Haupttäter dabei, Michael Gorbatschow, hat – geil auf Anerkennung von Seiten seiner westlichen Gönner – sich dessen in einem Vortrag in der Amerikanischen Universität in Ankara im Herbst vorigen Jahres mit folgenden Worten gerühmt:
“Mein Lebensziel war die Zerschlagung des Kommunismus, der eine unerträgliche Diktatur über das Volk ist. In dieser Haltung hat mich meine Ehefrau unterstützt und bestärkt, die diese Meinung schon früher als ich hatte. Am meisten konnte ich dafür in den höchsten Funktionen tun. Deswegen empfahl meine Frau Raissa mir, mich um immer höhere Funktionen zu bemühen. Als ich den Westen persönlich kennengelernt hatte, war meine Entscheidung unumkehrbar. Ich musste die gesamte Führung der KPdSU und der UdSSR entfernen. Ich musste auch die Führung in allen sozialistischen Staaten beseitigen. Mein Ideal war der Weg der sozialdemokratischen Parteien. … Ich fand für die selben Ziele Mitarbeiter. Es waren vor allem Jakowlew und Schewardnadse, die gewaltige Verdienste an der Niederwerfung des Kommunismus haben.” (3)
Nach einer solchen Erklärung müsste eigentlich auch dem Letzten klar sein: Selbst wenn wir in der DDR den musterhaftesten Sozialismus mit der ausgereiftesten sozialistischen Demokratie ver-wirklicht gehabt hätten, sie hätte – eingeklemmt zwischen einer Bundesrepublik im Westen und einer Sowjetunion im Osten, deren beider Führungen wild entschlossen waren, die DDR und überhaupt den Staat gewordenen Sozialismus in Europa zu liquidieren – keine Überlebenschancen gehabt.
Damit genug der Rückschau. Versuchen wir zum Abschluss eine kurze Vorschau ins nächste Jahrhundert. Was würde uns Ernst Thälmann wohl als Aufgabe stellen?
Nach der Niederlage der 48er Revolution vor anderthalb Jahrhundert hatte Friedrich Engels ge-schrieben: “Sind wir also einmal geschlagen, so haben wir nichts anderes zu tun, als wieder von vorn anzufangen.” ( 4) Heute, im Jahr 2000, müssen wir nicht wieder ganz von vorn anfangen – es ist dem Imperialismus und seinem freiwilligen Agenten Gorbatschow nicht gelungen, auch Kuba, Volkschina, Nordkorea und Vietnam wieder seiner Herrschaft zu unterwerfen.
Gorbatschow hat das in der bereits zitierten Rede in Ankara mit tiefem Bedauern festgestellt; er sagte dort nämlich auch: “Es besteht … eine große Belastung, die den Weg zu Frieden und Wohl-stand der Menschheit bremsen wird. Das ist der Kommunismus in China. Ich war in Peking zur Zeit der Studentenunruhen l989, als es schon den Anschein hatte, dass der Kommunismus in China zusammenbricht. Ich wollte zu den Demonstranten auf dem Platz des Himmlischen Friedens sprechen und ihnen sagen, dass sie durchhalten sollen, dass wir mit ihnen sympathisieren und dass es auch in China eine Perestroika geben muss. Die chinesische Führung wünschte das nicht. Das war ein unermesslicher Schaden.” Er hat recht: ein Schaden – für die Konterrevolution!
Also – wir müssen nicht wieder von vorn anfangen. Aber ganz im Sinne von Engels würde uns Ernst Thälmann zurufen: Ihr müsst im kommenden Jahrhundert weiter- und nach Möglichkeit zu Ende führen, was in diesem, unserem 20. Jahrhundert begonnen wurde und was das Beste darstellt, was dieses Jahrhundert der Menschheit gegeben hat – den Beginn der Befreiung von der Ausbeutung und Ausrottung des Menschen durch den Menschen.
Aber nicht wenige sind entmutigt und fragen: Wie soll das gehen, wo ist denn nach dieser Nie-derlage die Kraft, die das zu leisten vermöchte?
Ähnliche mut- und hoffnungslose Fragen stellten viele nach der bitteren Niederlage von 1933.
Es ist gut, sich daran zu erinnern, wie Bert Brecht damals auf solche Fragen geantwortet hat; wie für heute geschrieben sind viele seiner damals geschriebenen Gedichte, so auch dieses, das er “Lob der Dialektik” überschrieb:
Das Unrecht geht heute einher mit sicherem Schritt
Die Unterdrücker richten sich ein auf zehntausend Jahre
Die Gewalt versichert: So wie es ist, bleibt es.
Keine Stimme ertönt, außer der Stimme der Herrschenden
Und auf den Märkten sagt die Ausbeutung laut: Jetzt beginne ich erst.
Aber von den Unterdrückten sagen viele jetzt:
Was wir wollen, geht niemals.
Wer noch lebt, sage nicht: niemals!
Das Sichere ist nicht sicher
So wie es ist, bleibt es nicht
Wenn die Herrschenden gesprochen haben,
Werden die Beherrschten sprechen.
Denn die Besiegten von heute sind die Sieger von morgen.
Und aus Niemals wird: Heute noch!
Das “Tausendjährige Reich” währte 12 Jahre. Seit dem Triumph der Konterrevolution sind 10 Jahre vergangen – und wie schaut der Triumphator von damals, der schwarze Riese aus Oggersheim, heute aus?
Die früheren Antriebe, für eine Veränderung der Verhältnisse zu kämpfen, sind nicht nur geblieben – es ist ein neuer, noch zwingenderer, hinzugekommen.
Da ist erstens der alte Gegensatz zwischen Kapital und Arbeit. Das durch den Wegfall der sozia-listischen Länder im Osten Europas entfesselte Kapital führt seit Jahren einen brutalen Angriff auf die Existenzbedingungen der Arbeiter und Angestellten, aller Lohnabhängigen, aber auch der kleinen Selbständigen in Stadt und Land. Unter dem Schlagwort der “Standortsicherung” arbeiten die deutschen Großunternehmer darauf hin, das Lohnniveau in Deutschland Schritt für Schritt auf das Niveau der Niedriglohn-Länder im Europa der Konzerne herabzudrücken. Aber man macht das heute nicht mehr so plump und aufreizend, wie unter Brüning und Papen, die einfach von staats-wegen Lohnkürzungen verordneten. Nein, heute hat man Wege gefunden, die Arbeiter selbst dazu zu bringen, “freiwillig” auf einen Teil ihres Tariflohnes zu verzichten. Die so genannte “Rettung” des Holzmann-Baukonzerns ist ein Schulstück dafür.
Erst drohen Massenentlassungen durch den Konzernbankrott, dann spielt der Bundeskanzler den Retter in der Not und lässt sich dafür feiern von den übrig gebliebenen Arbeitern, für die der Ar-beitsplatz angeblich gerettet wurde, die aber diejenigen sind, die diese “Rettung” durch ihren Verzicht auf einen Teil ihres Lohnes selbst bezahlen. Dann aber wird diese Rettung in Frage gestellt, weil der “Arbeitgeber”-verband erklärt, er werde diese Rettungsaktion des Holzmann-Konzerns nur mittragen, wenn den anderen Konzernen die gleichen Bedingungen zugestanden werden, was heißt: nur, wenn alle anderen Baukonzerne die gleiche Lohnkosten-Entlastung erhalten wie der Holzmann-Konzern, wenn also damit für die ganze Branche eine drastische Lohnsenkung durchgesetzt wird!
Ist etwa zu erwarten, dass die Kapitaloffensive ewig weitergeführt werden kann, ohne Widerstand von wachsender Stärke hervorzurufen?
Da ist zweitens der Gegensatz zwischen dem zu Kriegen treibenden Imperialismus und den unter den Kriegen leidenden, den Frieden ersehnenden Volksmassen.
Früher sagten wir: Je stärker der Sozialismus, desto sicherer der Frieden! Die Bestätigung der Wahrheit dieser Losung liegt heute klar zutage: Kaum waren die sozialistischen Staaten in Europa verschwunden – kam der Krieg, 1991 schon, nach Europa zurück.
Die Kriegsgefahr ist seitdem von Jahr zu Jahr größer geworden. Die lokalen Kriege, wie in Kosovo und jetzt in Tschetschenien, sind als Stellvertreterkriege in einer neuen Runde der Neuaufteilung der Erde zwischen den imperialistischen Großmächten nur die Vorboten größerer Kriege; selbst ein neuer Weltkrieg mit Einsatz von Atomwaffen wird sogar von bürgerlichen Fachleuten nicht mehr für ausgeschlossen gehalten. Um die Verteidigung der Menschenrechte und um die Verhinderung des Völkermordes sei es im Kosovo gegangen, und dafür müsse man bereit sein, auch in Tschetschenien bewaffnet einzugreifen, lesen und hören wir täglich.
Wie denn – die USA und die Geschäftsführer der deutschen Rüstungsindustrie als Verteidiger der Menschenrechte? Wer kann das ernsthaft glauben ? Im Kosovo hat die “ethnische Säuberung” und der Völkermord erst richtig angefangen nach dem Sieg der NATO-Truppen! Unter ihrem Schutz verjagen und morden die Albaner die Serben! Die Albaner haben sich – wie jetzt die Tschetschenen in ihrem Kampf gegen die Russen – objektiv zu Hiwis, zu Hilfswilligen der USA missbrauchen lassen. Wohl wahr, dass das “demokratische Russland” Jelzins und Putins einen imperialistischen Krieg führt; aber auch wahr, dass die Tschetschenen keinen Krieg für ihre Unabhängigkeit führen, wie ihre militärischen Führer behaupten, sondern einen Stellvertreter-Krieg der USA und der anderen NATO-Mächte, vor allem auch des deutschen Imperialismus, zur Zerstückelung Russ-lands, um sich der Ölquellen und der anderen Reichtümer des früheren sowjetischen Ostens un-gehindert bemächtigen zu können!
Wer wirklich für die Freiheit und Unabhängigkeit der Völker, für die Achtung der Menschenrechte, für die Erhaltung und Wiederherstellung des Friedens kämpfen will, der muss – wie Rosa Luxemburg, Karl Liebknecht und Ernst Thälmann – gegen den Imperialismus kämpfen, der darf nicht auf dessen Menschenrechts-Demagogie hereinfallen. Kein Zweifel: im nächsten Jahrhundert muss und wird eine neue, mächtige, antiimperialistische Friedensbewegung entstehen!
Der dritte, nach dem zweiten Weltkrieg neu entstandene Antrieb zum Kampf für eine neue Ge-sellschaftsordnung ist die Tatsache, dass die Alternative heute nicht mehr nur lautet: Sozialismus oder Untergang in der Barbarei, sondern: Sozialismus oder Untergang der Menschheit, weil das Profitsystem rücksichtslos Luft, Wasser und die Erde vergiftet und die Lebensgrundlagen der Menschheit und aller Lebewesen zerstört, wenn man es noch einwirkend im nächsten Jahrhundert gewähren lässt.
In dem vorhin zitierten Gedicht Bert Brechts lautet eine Zeile: “Wer seine Lage erkannt hat,- wie soll der aufzuhalten sein?”
Das verweist uns auf unsere Aufgabe, alles in unseren Kräften stehende zu tun, damit die Er-kenntnis der wirklichen Lage zur Massenerkenntnis wird, zur Idee, die, wie Karl Marx einmal formulierte, “zur materiellen Gewalt wird, wenn sie die Massen ergreift.” Angesichts des faktischen Monopols der die bestehende kapitalistische Ordnung verteidigenden meinungsmachenden Medien ist das unerhört schwierig. Aber nie war in den letzten zehn Jahren die Situation dafür günstiger als jetzt, hat doch die Glaubwürdigkeit der Regierenden, – vor allem der Schwarzen von Gestern, aber auch der Rosarot- Grünen von heute -, einen Tiefpunkt erreicht. Die fortgesetzte Verteufelung der DDR als “Unrechtsstaat” aus ihrem Munde beginnt gegen sie selbst zurückzu-schlagen.
Was liegt da für eine Partei des Sozialismus näher, als in dieser Situation mit allem Nachdruck die moralisch-politische Überlegenheit der Deutschen Demokratischen Republik gegenüber der BRD immer wieder vor Augen zu führen und klar zu machen: Alles Gerede davon, dass es möglich sei, in dieser Bundesrepublik der Bank- und Konzernherren eine Ordnung sozialer Gerechtigkeit herzustellen, kommt einem Betrug am Wahlvolk gleich. Soziale Gerechtigkeit kann es erst wieder geben, wenn die Banken und die Großbetriebe Gemeineigentum, Eigentum des Volkes, sind. Leider ist diese Wahrheit aus dem Munde der Führer der zahlenmäßig stärksten linken Kraft in der Bundesrepublik, der PDS, nicht zu vernehmen, von einigen eher das Gegenteil.
Mit ungläubigem Kopfschütteln nahm ich zur Kenntnis, was Gregor Gysi in einem Interview, das er ausgerechnet dem “Tagesspiegel” gegeben hat und das dort am 26. Dezember vorigen Jahres veröffentlicht wurde, für erstaunliche Entdeckungen zum Lobe der Bundesrepublik verlautbart hat, zu einem Zeitpunkt, da eben diese Bundesrepublik durch die Enthüllungen der zum Himmel stinkenden regierungskriminellen Machenschaften ihres ersten Mannes als Staat der Rüstungsin-dustriellen, der Waffenschieber und der hochgestellten, vom Staat begünstigten Steuerhinterzieher bloßgestellt wurde. Ich musste dort nämlich lesen:
“Wir sollten uns von der Vorstellung trennen, dass unser System in Deutschland nur kapitalistisch ist. Hunderte von Elementen sind kapitalistisch gar nicht zu erklären. Nehmen Sie die Bypass-Operation eines 70-Jährigen. Rein marktwirtschaftlich ist sie nicht zu erklären, nicht einmal für den Arzt. Ich behaupte, in der Bundesrepublik gibt es einige sozialistische Elemente… Wenn es gelingt, den sozialistischen Gedanken des Artikel 14 des Grundgesetzes, wonach Eigentum verpflichtet, umzusetzen, werden auch soziale Interessen in den Vordergrund rücken. Im Vergleich zu dem, was ein Eigentümer von Produktionsmitteln vor 100 Jahren noch machen durfte, ist er heute auf 30 Prozent eingeschränkt, durch Umweltschutzvorschriften, Arbeitsschutzregelungen, Gesundheitsvorschriften. Wir müssen erreichen, dass der Besitzer an der Verwertung seines Ei-gentums persönlich interessiert bleibt, aber diese Verwertung zugleich der Allgemeinheit dient.” (5)
Es fällt schwer, diese Ausführungen nicht mit bitterbösem Sarkasmus zu kommentieren. Nach ihnen zu urteilen, bedarf es keiner allzu großen Mühe mehr, das sozialistische Ziel zu erreichen. Die lächerlichen 30 Prozent Unternehmerwillkür, die noch übrig geblieben sind, mit Hilfe der schon vorhandenen sozialistischen Elemente und der Umsetzung des sozialistischen Gedankens des Artikels 14 des Grundgesetzes auch noch wegzukriegen, kann ja nicht mehr so schwer sein. Nötig dazu bleibt nur noch, dass die Wähler die PDS bei den nächsten Wahlen so stark machen, dass sie koalitionsfähig wird und mit der SPD des Genossen der Bosse Schröder und mit den Grünen des vom Pazifisten zum kriegsbejahenden Außenminister gewandelten Joseph Fischer eine Regierung bilden kann, die dann auf humane und zivilisierte Weise Schritt für Schritt durch eine grundlegende Reform nach der anderen aus der ja schon teilweise sozialistischen Bundesrepublik eine voll und ganz sozialistische machen wird….
Wer schon so weit in dieser Bundesrepublik angekommen ist, der kann und will natürlich auch auf ein Verbot der allen wirklichen Sozialisten unverzichtbaren LLL- Demonstration nicht mit einem Protest antworten, weil es ja nach Aussage des Herrn Werthebach doch nur zum Schutze der Demonstranten vor Gefahr für Leib und Leben erlassen wurde; der muss vielmehr dafür sorgen, dass dieses Polizeiverbot auch von allen Genossen respektiert wird. Und es ist dann nur folge-richtig, dass in seinen Augen auch all diejenigen, die sich nicht mit einem “stillen Gedenken” zufrieden geben, sondern durch eine Demonstration ihre Übereinstimmung mit dem kämpferischen Geist von Karl und Rosa zum Ausdruck bringen, “Krawalldemonstranten” sind, auch wenn es sich dabei um ein – im Großen so schmerzlich vermisstes- beispielgebendes Bündnis von Genossen der PDS, der DKP, der KPD, Kollegen der Gewerkschaften und Mitgliedern der Sozialistischen Ju-gend und der autonomen Antifa handelt.
Als Historiker möchte ich Gregor Gysi darauf aufmerksam machen, dass seine Vorstellungen von der allmählichen Umwandlung der kapitalistischen in eine sozialistische Ordnung fast achtzig Jahre vor ihm schon von Rudolf Hilferding mit seiner Theorie des “Organisierten Kapitalismus” und dessen “friedlichem Hineinwachsen in den Sozialismus” vorgedacht worden sind. Wenige Jahre später besorgte dann das dank der sozialdemokratischen Politik des “Kleineren Übels” ungeschoren gebliebene Monopolkapital das “Hineinwachsen in den National-Sozialismus”. Woher nehmen eigentlich Gysi und andere ihre Zuversicht, dass die gegenüber 1932 noch um vieles erfahrenere und über einen noch viel mächtigeren und perfekteren Machtapparat verfügende deutsche Monopolbourgeoisie heute bereit sein würde, sich von einer Parlamentsmehrheit oder einer Regierung mit PDS-Ministern die Verfügungsgewalt über ihr Kapital wegnehmen zu lassen?
Sprechen dagegen nicht die nun tatsächlich vorhandenen, von Gysi aber leider nicht erwähnten faschistischen Elemente dieser Bundesrepublik, wie sie sich immer wieder offenbaren? Zum Beispiel im notorischen Wohlwollen vieler Gerichte für die Neonazis, wie zuletzt bei der Zulassung des Nazi-Zuges durchs Brandenburger Tor, oder in den Knüppel- und Fußtritt-Attacken der Polizei, selbst auf am Boden liegende Frauen, gegen antifaschistische Demonstranten, wie zuletzt am 9. Januar, oder durch die Überführung des widerrechtlich verurteilten letzten Staatsratsvorsit-zenden der DDR, Egon Krenz, aus dem offenen Vollzug in Hakenfelde in die Einzelhaft in Plöt-zensee und seine Zwangsvorführung zu einem psychiatrischen Gutachter! (Wenn die By-pass-Operation an einem 70-Jährigen schon als “sozialistisches Element” angesehen wird, dann wird niemand sagen können, es sei übertrieben, die genannten Beispiele als faschistische Elemente zu bezeichnen).
Muss man nicht, statt den gegenwärtigen Kapitalismus schönzureden, vielmehr Alarm schlagen und warnen? Die Gefahr ist durchaus real, dass die wirklichen Herren dieser Republik bei einer Ausweitung der jetzigen Krise einzelner Parteien zu einer Staatskrise oder irgendwann gar zu einer Systemkrise wieder zum Mittel der Demontage der bürgerlichen Demokratie zugunsten einer neuen Form der offenen Diktatur greifen, wenn sie daran nicht durch einen einheitlichen kraftvollen Massenwiderstand gehindert werden.
Beherzigen wir das und handeln wir nach dem, was Ernst Thälmann aus dem Gefängnis am 23. Dezember 1940 einem Genossen schrieb:
“Ohne Bewegung der Massen kann es keine Erfolge geben. Je stärker und aktiver diese Bewegung, desto größer werden die Erfolge sein… Revolutionäre dürfen keinesfalls sentimental eingestellt sein; sie müssen der bitteren und harten Wahrheit offen und kühn ins Auge schauen. Mit Sentimentalitäten könnt Ihr zwar dann und wann politische Gefühle befriedigen und auch vorübergehend ausgeschmückte Wunschbilder in Szene setzen, aber nicht die Massen für unsere Ideen gewinnen… Dazu ist schon mit dem festen Glauben an die revolutionäre Sache, unerschrockener Mut und kämpferischer Geist notwendig.”
Laßt uns in diesem Geist den Weg ins neue Jahrhundert antreten !
Anmerkungen:
(1) Walter Ulbricht, Wir erfüllen Ernst Thälmanns Vermächtnis, Berlin (Dietz) 1953, S.5.
(2) Dietrich Eichholtz, Geschichte der deutschen Kriegswirtschaft 1933-1945, Bd. III, 1943-1945, Berlin 1996, S.662.
(3) In: Unsere Zeit, (ZU) Wochenzeitung der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP), v.8. September 2000.
(4) Fr. Engels, Revolution und Konterrevolution in Deutschland, in: Marx-Engels Werke, Bd. 8, S.5.
(5) Entnommen aus: Mitteilungen der Kommunistischen Plattform der PDS, Heft 1/2000, S. 22 f